Kaliumchlorid

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Kristallstruktur
Struktur von Kaliumchlorid
__ K+     __ Cl
Kristallsystem

kubisch

Raumgruppe

$ Fm{\bar {3}}m $

Koordinationszahlen

K[6], Cl[6]

Allgemeines
Name Kaliumchlorid
Andere Namen
  • Sylvin (Mineral)
  • Chlorkalium (hist.)
  • Digestivsalz (hist.)
  • Kalium chloratum (latinisiert)
  • E 508
Verhältnisformel KCl
CAS-Nummer 7447-40-7
PubChem 4873
ATC-Code
Kurzbeschreibung

farb- und geruchsloser Feststoff[1]

Eigenschaften
Molare Masse 74,55 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,98 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

773 °C[2]

Siedepunkt

1413 °C[1]

Dampfdruck

10 Pa (700 °C)[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
LD50

2600 mg/kg (Ratte, oral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Kaliumchlorid (Sylvin), KCl, das Kaliumsalz der Salzsäure, bildet farblose, salzig-bitter schmeckende, wasserlösliche Kristalle mit einem Schmelzpunkt von 773 °C[2] und einer Dichte von 1,98 g/cm3. Es löst sich bei 20 °C zu 347 g·l−1 in Wasser.[1]

Vorkommen

Werk in der Wüste Lop Nor zur Herstellung von jährlich 1,2 Millionen Tonnen Kaliumcarbonat-Dünger aus sylvinitischem Kalisalz (Satellitenbild von 2009)

Weltweit gibt es zahlreiche kaliumchloridhaltige Salzvorkommen. Von herausragender Bedeutung sind die Vorkommen in Kanada, in der GUS und Deutschland. Bis 2014 wird das über 240 Millionen Tonnen große Vorkommen in der Wüste Lop Nor im Seebecken von Lop Nor in China mit der weltgrößten Produktionsstätte für 3 Millionen Tonnen Dünger erschlossen.[4]

Weit verbreitete kaliumchloridhaltige Minerale und Gesteine sind Sylvin (Sylvit) – KCl, Carnallit – KCl · MgCl2 · 6 H2O, Kainit – KCl · MgSO4 · 3 H2O und Sylvinit – KCl · NaCl.

Gewinnung

Das Verfahren des Auskristallisierens des schwerer löslichen Kaliumchlorids beim Eindampfen von konzentrierten Carnallit-Lösungen (KMgCl3 · 6 H2O) hat technisch die größte Bedeutung.[5] Auch durch Flotation von kaliumchloridhaltigen Salzgemengen, zum Beispiel im Kalibergbau gewonnener Rohsalze, kann Kaliumchlorid gewonnen werden.[6] Eine weitere Möglichkeit besteht im Heißlöseverfahren, welches ein selektives Herauslösen des KCl aus Salzgemengen auf Grund unterschiedlicher Temperaturabhängigkeiten der Löslichkeiten von Salzen erlaubt. Im ESTA-Verfahren gelingt die Gewinnung durch elektrostatische Trennung aus Salzgemengen. Durch Neutralisiation von Salzsäure und Kalilauge gemäß der Gleichung

$ \mathrm {HCl+KOH\rightarrow H_{2}O+KCl} $

gelingt die Darstellung.

Verwendung

Kaliumchlorid wird in der Lebensmitteltechnik als Festigungsmittel und Geschmacksverstärker eingesetzt. Es ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff der Nummer E 508 ohne eine Höchstmengenbeschränkung (quantum satis) für alle für Zusatzstoffe zugelassenen Lebensmittel zugelassen.[7]

Kaliumchlorid wird großtechnisch zur Herstellung von Kalidünger genutzt.[8] Des Weiteren ist Kaliumchlorid der Rohstoff für die Herstellung fast aller technisch genutzten Kaliumverbindungen wie beispielsweise Kaliumcarbonat, Kaliumhydroxid) und auch der Legierung NaK.

Die Metallindustrie nutzt Kaliumchlorid als Härtesalz, die Emailleindustrie nutzt es als Schwebemittel.[9] In der Erdölindustrie dient es zur Stimulation von Lagerstätten. Als Streusalz ist es wegen der tieferen Schmelztemperatur einer Kaliumchlorid-Wasser-Mischung auch bei Temperaturen unter −10 °C wirtschaftlich einsetzbar.[9]

Kaliumchlorid ist ein Bestandteil künstlich hergestellter isotonischer Lösungen, einer Lösung mit gleichem osmotischem Druck wie das menschliche Blut (vergleiche Ringerlösung). Es ist auch Bestandteil in schmerzhemmenden Zahncremes bei schmerzempfindlichen Zähnen. Im Labor wird es zu Elektrolyt- und Aufbewahrungslösung für pH-Messelektroden und Redox-Elektroden (annähernd gesättigt mit 3 mol/l KCl-Lösung) genutzt.[9] Durch die gleiche Ionenbeweglichkeit von Kalium- und Chloridionen ist diese Lösung potentialneutral. Es dient auch als Kalibrierstandard für Betastrahlung. Kalium enthält zu 0,0118 % das Isotop 40K, dieses liefert 16350 Bq pro Kilogramm KCl, davon sind 89,28 % Betastrahlung und 10,72 % Gammastrahlung mit 1,46083 MeV.

Toxikologie

Die Injektion von hohen Dosen Kaliumchlorid kann zum Herzstillstand durch Hyperkaliämie führen. Dies wird beim Einschläfern von Tieren, bei der Hinrichtung durch die Giftspritze und zur Verhinderung von Lebendgeburten bei späten Schwangerschaftsabbrüchen[10] ausgenutzt. Verwendet wird es ebenfalls für kardioplegische Lösungen (Blutkardioplegie nach Calafiore) zum Einleiten des Herzstillstands bei Operationen mit Herz-Lungen-Maschinen.

Nachweis

Der klassische Nachweis des Cl-Ions gelingt durch Fällung mit Ag+, Pb2+ oder Hg22+ als Silberchlorid AgCl, Blei(II)-chlorid PbCl2 sowie als Quecksilber(I)-chlorid Hg2Cl2. Der Nachweis des K+-Ions ist über die violette Flammenfärbung beziehungsweise Fällung als Kaliumperchlorat (KClO4) möglich. Mit Natriumtetraphenylborat kann ebenfalls ein schwerlösliches Kaliumsalz gefällt werden.

Spektroskopisch gelingt der Nachweis der Elemente zum Beispiel mittels Atomabsorptionsspektroskopie. Als Gift im menschlichen Körper gehört Kaliumchlorid zu den am schwersten nachzuweisenden Giften, die derzeit bekannt sind.

Pathologie und Forensik

In der Forensik kann eine Vergiftung mit Kaliumchlorid nur schwer nachgewiesen werden. Der natürliche Spiegel steigt nach dem Tod durch Zellzerfall und damit Übertritt des intrazellulären Kaliums in alle anderen Kompartimente, schnell an. Gelingt der Nachweis einer Vergiftung muss ein iatrogener Behandlungsfehler durch

  • Überdosierung einer oralen Kaliumgabe oder Einnahme von Kalium-steigernden Medikamenten (Spironolacton, ACE-Hemmer etc.) im Rahmen einer Niereninsuffizienz,
  • Überdosierung im Rahmen einer intravenösen Gabe,
  • versehentliche Fehlinfusion

von der bewussten Verabreichung abgegrenzt werden.[11]

Weblinks

 Commons: Kaliumchlorid – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Eintrag zu Kaliumchlorid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 25. August 2007 (JavaScript erforderlich).
  2. 2,0 2,1 The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, 14. Auflage (Merck & Co., Inc.), Whitehouse Station, NJ, USA, 2006; ISBN 978-0-911910-00-1.
  3. Thieme Chemistry (Hrsg.): Eintrag zu Kaliumchlorid im Römpp Online. Version 3.29. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012, abgerufen am 13. März 2012.
  4. World's largest potash fertilizer project operational in China
  5. Die Geschichte der Chemischen Fabrik Kalk GmbH
  6. Flotationsverfahren
  7. VERORDNUNG (EU) Nr. 1130/2011 DER KOMMISSION vom 11. November 2011 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelzusatzstoffe im Hinblick auf eine Liste der Europäischen Union der für die Verwendung in Lebensmittelzusatzstoffen, Lebensmittelenzymen, Lebensmittelaromen und Nährstoffen zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe, S. 189
  8. S.-P. Ballstaedt , P. Reinhard , M. Rentschler , E. Rottländer , A.A. Bodenstedt , D. Briesen , A. Bruckhaus , J. Büschenfeld , A. Hauptmann , D.A. Hiller: Veränderung von Böden durch anthropogene Einflüsse: Ein interdisziplinäres Studienbuch, Verlag Springer Berlin Heidelberg, 1997, ISBN 3-540-61556-3
  9. 9,0 9,1 9,2 Arnold Frederik Holleman, Egon Wiberg: Lehrbuch der anorganischen Chemie/Holleman-Wiberg. 102., verb. und stark erw. Auflage. Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin u. a. 2007, ISBN 3-11-017770-6.
  10. Types of Abortion Procedures, Americanpregnancy.org
  11. B. Mahfoud, et al.: Forensische Bewertung klinischer Todesfälle unter dem Verdacht iatrogener Hyperkaliämie. In: Rechtsmedizin. 13, Nr. 1, 2003, S. 18-22. doi: 10.1007/s00194-002-0183-1. Abgerufen am 6. Mai 2012.

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