Stibnit

Stibnit

Stibnit
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Teilweise buntfarbig angelaufene, langprismatische Stibnitkristalle mit typischer Längsstreifung aus der Ichinokawa-Mine, Japan
Gesamtgröße der Stufe: 37 × 9 × 7,5 cm
Andere Namen
  • Spießglas bzw. Grauspießglas (-erz, nach Werner 1789)[1]
  • Spießglanz bzw. Grauspießglanz (-erz, nach Hausmann 1813)[1]
  • Antimonglanz (nach von Leonhard 1821) bzw. „Prismatoidischer Antimonglanz“ (nach Mohs 1820)[1]
  • Stibine (nach Beudant 1832)[1]
  • Antimonit (nach Haidinger 1845)[1]
  • Antimonsulfid bzw. Schwefelantimon
Chemische Formel

Sb2S3

Mineralklasse Sulfide, Sulfosalze – Metall:Schwefel (Selen,Tellur) < 1:1
2.DB.05 (8. Auflage: II/D.08) nach Strunz
02.11.02.01 nach Dana
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin orthorhombisch-dipyramidal 2/m 2/m 2/m
Farbe stahl- bis bleigrau, buntfarbig anlaufend
Strichfarbe bleigrau
Mohshärte 2 bis 2,5
Dichte (g/cm3) 4,6 bis 4,7
Glanz Metallglanz, matt
Transparenz undurchsichtig
Bruch muschelig, biegsam
Spaltbarkeit sehr vollkommen nach {010}
Habitus prismatisch, nadelig, radialstrahlig, körnig
Kristalloptik
Pleochroismus starker Reflexionspleochroismus[2]
Weitere Eigenschaften
Schmelzpunkt ca. 548[2] bis 550 °C[3]
Ähnliche Minerale Enargit, Manganit, Zinkenit

Stibnit, veraltet unter anderem auch als Antimonit, Antimonglanz oder Grauspießglanz bzw. Grauspießglas bekannt, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“. Er kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Sb2S3. Chemisch gesehen ist Stibnit damit ein Antimon(III)-sulfid (auch Antimontrisulfid oder kurz Antimonsulfid), wenn man Antimon als Metall ansieht.

Stibnit ist undurchsichtig und entwickelt meist kurze bis lange, prismatische, nadelige oder radialstrahlige Kristalle, aber auch massige Aggregate von bleigrauer Farbe und Strichfarbe. Die Stibnitkristalle sind typischerweise in Längsrichtung gestreift, zeigen im frischen Zustand einen ausgeprägten Metallglanz und können Längen bis über einem Meter erreichen.

Besondere Eigenschaften

Valentinit (gelb) auf Stibnitnadeln aus Dafeng, Shanglin, Präfektur Nanning, China (Sichtfeld: 7 mm)

An der Luft verblasst der Glanz des Stibnits mit der Zeit und läuft buntfarbig an. Mit der Zeit kann das Mineral auch zu gelbem Antimonocker (Valentinit) bzw. Antimonblüte, einem erdigen Gemenge aus Antimonoxiden (meist Stibiconit oder Cervantit), verwittern.[2][4]

Die Mohshärte beträgt je nach Reinheit 2 bis 2,5 (VHN100 = 71 bis 86 kg/mm²[5]) und die Dichte zwischen 4,6 bis 4,7 g/cm³.

Stibnit wird gelegentlich mit Galenit verwechselt, unterscheidet sich von diesem jedoch dadurch, dass Stibnit bereits in der Streichholzflamme schmilzt (Schmelzpunkt: ca. 548 bis 550 °C). Er verbrennt mit grünblauer Flamme.[3]

In Salzsäure und heißen, wässrigen Natriumsulfidlösung ist Stibnit löslich und in Salpetersäure zersetzt er sich unter Abscheidung von Sb2S5.[3]

Etymologie und Geschichte

Das Mineral ist bereits seit der Antike bekannt und wurde als schwarzer Schminkpuder zum Färben von Augenlidern und Augenbrauen verwendet. Dunkel gefärbte Augenränder gelten in der arabischen Kultur als Schönheitsideal und zugleich als magisches Abwehrmittel. In der Antike Griechenlands wurde es zudem zur Herstellung von Bronze eingesetzt.

Im arabischen Sprachraum ist al-kuhl (arabisch ‏الكحل‎, das Färbende) das Wort für den traditionellen arabischen Antimon-Schminkpuder. Francis Bacon führte 1626 in seiner "Sylva sylvarum; or a naturall historie" diesen aus einem Mineral erstellten Puder unter dem Begriff Alcohole auf.[6]

Der Name Antimonit wird ungefähr seit 1834 als chemischer Name für die Salze der Antimonsäure verwendet und Wilhelm Haidinger leitete 1845 daraus den Mineralnamen Antimonit ab.[6]

Der Mineralname Stibnit leitet sich von den griechischen Worten stimmi oder stibi sowie dem lateinischen Wort stibium ab, die diesen schwarzen, mineralischen Puder bezeichnen. Ausgehend von dem lateinischen stibium führte François Sulpice Beudant 1832 den Namen Stibine[7] ein, der von James Dwight Dana 1854 zu Stibnite geändert wurde.[6]

Im deutschen Sprachgebrauch werden die Mineralnamen Stibnit, Antimonit bzw. Antimonglanz etwa gleichwertig verwendet.[1]

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Stibnit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Schwefel, Selen, Tellur < 1 : 1“, wo er zusammen mit Antimonselit, Bismuthinit, Guanajuatit, Metastibnit, Ottemannit und Pääkkönenit eine eigene Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Stibnit ebenfalls in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ ein, allerdings erweitert um die ebenfalls verwandten Selenide, Telluride, Arsenide, Antimonide, Bismutide, Sulfarsenite, Sulfantimonite und Sulfbismuthite. Die Abteilungen dieser Klasse sind teilweise neu definiert und weiter unterteilt nach dem genauen Verhältnis zwischen Metall und Schwefel und/oder dem dominierenden Metallion der Verbindung. Das Mineral ist entsprechend seiner Zusammensetzung in der Abteilung der „Metallsulfide mit M : S =3 : 4 und 2 : 3“ und dort in der Unterabteilung „M : S = 2 : 3“ zu finden ist, wo es ebenfalls zusammen mit Antimonselit, Bismuthinit, Guanajuatit, Metastibnit und Pääkkönenit die unbenannte Gruppe 2.DB.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Stibnit in die Klasse der „Sulfide (und Verwandte)“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er namensgebendes Mineral der „Stibnitgruppe (Orthorhombisch: Pbnm)“ mit der System-Nr. 02.11.02 und den weiteren Mitgliedern Antimonselit, Bismuthinit und Guanajuatit innerhalb der Unterabteilung „Sulfide - einschließlich Seleniden und Telluriden - mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 2 : 3“.

Modifikationen und Varietäten

Die Verbindung Sb2S3 ist dimorph, das heißt in der Natur tritt sie neben dem orthorhombisch kristallisierenden Stibnit noch als amorpher Metastibnit auf.

Bildung und Fundorte

40,5 × 2,4 × 1,3 cm großer Stibnitkristall aus Qinglong, Provinz Guizhou, China
7 mm großes, kugelförmiges Stibnit-Aggregat auf Siderit aus der Grube Hilfe Gottes bei Bad Grund (Harz)

Stibnit bildet sich in Hydrothermalen Erzadern in einem weiten Temperaturbereich etwa zwischen 300 bis 1000 °C. Dort tritt er in Paragenese mit vielen weiteren Sulfidmineralen wie unter anderem Arsenopyrit, Auripigment, Cinnabarit, Galenit, Markasit, Pyrit, Realgar, aber auch mit Ankerit, Calcit, Baryt, Cervantit, Fluorit, Stibiconit und Quarz (meist in Form von Chalcedon) auf.

Weltweit konnte Stibnit bisher (Stand: 2012) an über 2800 Fundorten nachgewiesen werden.[5]

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Mineralfunde sind vor allem die Antimon-Lagerstätte bei Xikuangshan in der chinesischen Provinz Hunan, in der über einen Meter lange Kristalle gefunden wurden sowie die „Ichinokawa Mine“ auf Shikoku in Japan, aus der bis zu 60 cm lange Kristalle zutage traten. Auch die „White Caps Mine“ bei Manhattan (Nye County) in Nevada liefert große Kristalle von bis zu 20 cm Länge und bei Kadamdzhai in Kirgisistan wurden Kristalldrusen mit einem Durchmesser bis etwa 15 cm gefunden, in denen Stibnit oft mit Fluorit, Baryt und Calcit vergesellschaftet ist.

In Deutschland fand sich das Mineral in Antimonit-Quarz-Gängen (zum Teil auch mit Gold) unter anderem bei Brandholz/Goldkronach in Bayern und Schleiz in Thüringen, in Blei-Silber-Erzgängen wie beispielsweise bei Bräunsdorf nahe Freiberg in Sachsen und Wolfsberg im Harz in Sachsen-Anhalt.[2] Daneben sind aber auch viele weitere Fundorte im Schwarzwald (Baden-Württemberg), im Sauerland und Siegerland (Nordrhein-Westfalen), der Eifel (Rheinland-Pfalz) und dem Erzgebirge (Sachsen) bekannt.

Ein bekannter Fundort in Österreich ist unter anderem das Antimon-Bergwerk bei Stadtschlaining im Burgenland mit Kristallfunden von mehreren Zentimetern Größe. Daneben finden sich Stibnite in wechselnden Mengen und bisweilen lagerstättenbildend in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg, der Steiermark und Tirol.

Größere Lagerstätten befanden bzw. befinden sich auch in der Auvergne in Zentralfrankreich, Algerien, Bolivien, bei Lesniča an der Drina in Bosnien, Italien, im nördlichen Transvaal in Südafrika sowie in Tschechien und der Slowakei (ehemals Tschechoslowakei, ČSSR). In den chinesischen Lagerstätten der Provinzen Guangxi (Kwangsi), Guizhou (Kweichow) und Hunan tritt Antimonit meist in Quarz-Gängen zusammen mit Cinnabarit und Pyrit sowie in Verdrängungslagerstätten mit Galenit auf.[2][3]

Stibnitfunde aus der Schweiz kennt man unter anderem aus den Kantonen Graubünden, Tessin und Wallis.[8]

Weitere Fundorte liegen unter anderem in der Antarktis, in Argentinien, Australien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Bulgarien, Chile, Costa Rica, Ecuador, Fidschi, Finnland, Frankreich, Georgien, Ghana, Griechenland, Guatemala, Indien, Indonesien, Iran, Irland, Isle of Man, Kambodscha, Kanada, auf der Kanalinsel Jersey, Kasachstan, Kirgisistan, Kosovo, Kolumbien, Kuba, Laos, Luxemburg, Madagaskar, Malaysia, Marokko, Mazedonien, Mexiko, der Mongolei, Namibia, Neukaledonien, Neuseeland, Niger, Norwegen, Pakistan, Papua-Neuguinea, Peru, den Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Saudi-Arabien, Schweden, Serbien, Simbabwe, Slowenien, Spanien, Südkorea, Tadschikistan, Tansania, Taiwan, Thailand, Türkei, der Ukraine, Ungarn, Usbekistan, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[8]

Kristallstruktur

Kristallstruktur von Stibnit

Stibnit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pbnm mit den Gitterparametern a = 11,23 Å; b = 11,31 Å und c = 3,84 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[9]

Die Moleküle des Antimonsulfids bilden Doppelketten in Richtung der c-Achse, daher auch die typische Längsstreifung der Kristalle und die sehr vollkommene Spaltbarkeit parallel dieser Richtung.

Verwendung

Wirtschaftliche Bedeutung hat das Mineral durch seinen hohen Antimon-Gehalt von bis zu 71,7 %.[10] Dieses sehr seltene Metall, das lediglich 0,00002 % der Erdkruste ausmacht und als Legierungselement in gehärtetem Getriebestahl, als Zumischung in Batterieblei und in der Halbleiterindustrie Verwendung findet, wird hauptsächlich aus Stibnit gewonnen. Hauptexporteur war im Jahre 2003 die Volksrepublik China.

Siehe auch

Literatur

  • John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols: Stibnite, in: Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 108 kB)
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1979, ISBN 3-342-00288-3, S. 337-338.
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 232-235.
  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. vollständige überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer Verlag, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 37, 266.
  • L.J. Spencer: Some Mineral Names. In: American Mineralogist. 22, 1937, S. 682–685 (PDF 271 kB).
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 39 (Dörfler Natur).

Weblinks

Commons: Stibnite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Vorlage:Commonscat/WikiData/Difference

  • Mineralienatlas:
    • Stibnit (Antimonit)
    • Mineralportrait Stibnit
    • Mineral Rekorde

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 232, 323.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1979, ISBN 3-342-00288-3, S. 338.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 232-235.
  4. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  5. 5,0 5,1 MinDat - Stibnite (englisch)
  6. 6,0 6,1 6,2 L.J. Spencer: Some Mineral Names. In: American Mineralogist. 22, 1937, S. 682–685 (PDF 271 kB).
  7. F.S. Beudant: Traité élémentaire de minéralogie. Verdière, Paris 1832.
  8. 8,0 8,1 Mindat – Localities for Stibnite
  9. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9 Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 95.
  10. Stibnite – Webmineral (englisch)

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