Erdkruste

Erdkruste

Schalenaufbau des Erdinneren
Tiefenangaben

Die Erdkruste oder Erdrinde ist die äußerste, feste Schale der Erde. Die Kruste ist im Durchschnitt 35 Kilometer mächtig und im inneren Aufbau der Erde die dünnste Schale. Sie wird nach ihrer chemischen Zusammensetzung in die heute existierende ozeanische und kontinentale Kruste eingeteilt.

Durch einige wenige winzige Zirkonminerale kann man bereits die Existenz einer Kruste vor etwa 4,4 Mrd. Jahren nachweisen.[1] Die Zusammensetzung dieser Kruste ist strittig: Sowohl die Möglichkeit einer mafischen als auch einer bereits felsischen Kruste wird erwogen.[2] Beides setzt bereits die Existenz eines Erdmantels voraus. Für die Existenz einer schon vor dem Schalenaufbau vorhandenen Kruste gibt es keinerlei Hinweise. Daraus kann man schließen, dass es entweder keine feste Kruste gab, oder eine bereits vorhandene anorthositische (KREEP-ähnliche) oder komatiitische (ultramafische) Kruste innerhalb erdgeschichtlich kurzer Zeit wieder vollständig mit dem Erdmantel vermischt wurde, weshalb auch immer wieder im unteren Erdmantel Reservoire postuliert werden, welche die Reste derartiger Krusten enthalten sollen.[3] Auch die Ausmaße dieses zu diesem frühen Zeitpunkt der Erdgeschichte bereits verfestigten Krustenabschnitts sind stark umstritten.[4]

Die Erdkruste hat in der Regel eine geringere Dichte als der Erdmantel (die mittlere Schale), daher liegt sie diesem auf. Die Kruste bildet zusammen mit dem äußersten Bereich des oberen Erdmantels (dem lithosphärischen Mantel) die Lithosphäre.

Kontinentale und ozeanische Erdkruste

Vereinfachte Darstellung des Übergangs von ozeanischer zu kontinentaler Kruste an einem passiven Kontinentalrand
Karte der Dicke der Erdkruste

Man unterscheidet zwei Typen von Krustenmaterial:

  1. die kontinentale Erdkruste (siehe auch Hauptartikel) – früher meist SiAl genannt, da sie (neben Sauerstoff) hauptsächlich aus Silizium und Aluminium besteht,
  2. die ozeanische Erdkruste (siehe auch Hauptartikel) – auch SiMa genannt, da sie neben Sauerstoff und Silizium einen hohen Magnesiumanteil aufweist.

Die zwei Arten der Erdkruste unterscheiden sich in ihrer Entstehung, ihrer Zusammensetzung, ihrer Dichte und ihrer Dicke. Die bisher über andere Planeten und ihre Monde gewonnenen Daten deuten darauf hin, dass die Erde in unserem Sonnensystem der einzige Himmelskörper ist, der zwei unterschiedliche Krustenarten besitzt.

Ozeanische Erdkruste entsteht an den Grenzen von auseinanderdriftenden Lithosphärenplatten am Ozeanboden, wo aus dem Erdmantel laufend basisches Magma austritt, erstarrt und ein weltumspannendes System bildet, den mittelozeanischen Rücken (MOR). Dieses „junge“ Krustengestein besteht hauptsächlich aus dem Basalt ähnelndem Gabbro und hat eine relativ hohe Dichte (um 3 g/cm³), was mit einer geringen Dicke der ozeanischen Erdkruste von fünf bis sieben Kilometern einhergeht. Nur vereinzelt ist sie über zehn Kilometer dick.

Der Prozess der Ozeanbodenspreizung wird nach heutigem Wissen durch Konvektionsströme im Erdmantel angetrieben. Die jeweils benachbarten Lithosphärenplatten streben dabei typischerweise mit Geschwindigkeiten von einigen Millimetern bis Zentimetern im Jahr auseinander (Spreizungsrate).

Kontinentales Krustengestein ist hingegen leichter (Dichte um 2,7 g/cm³) die chemische Zusammensetzung ähnelt im Mittel einem Granit („sauer“, Anteil der Kieselsäure SiO2 über 66 Prozent) und seinem metamorphen Zwillingsgestein Gneis. Es ist das Endprodukt eines Prozesses, der die weniger dichten Mineralien im Laufe der Erdgeschichte zur Erdoberfläche aufsteigen ließ. Isostasie und Vulkanismus haben dabei die Hauptrolle gespielt, aber auch Metamorphose und chemisch-physikalische Prozesse der Verwitterung, die zur Ablagerung von Lockergesteinen (Sedimenten) führen.

Die kontinentale Erdkruste hat eine Dicke von 30 bis 60 km, wobei sie unter Gebirgsländern (insbesondere unter langen Gebirgsketten) viel weiter hinab reicht als im Durchschnitt. Dieser liegt bei knapp 40 km, lokale Extrema aber zwischen 25 km (Flachküsten) und 70 km (Himalaja). Wegen ihrer geringen Dichte (Mittelwert 2,67 g/cm³) „schwimmen“ die Kontinente höher im Erdmantel als die dichtere ozeanische Kruste, tauchen aber gleichzeitig (analog einem Eisberg) tiefer hinab. Da sich Gesteine bei geologisch langsamen Bewegungen plastisch verhalten, hat sich im Laufe der Jahrmillionen ein weitgehendes Gleichgewicht eingestellt.

Zusammensetzung der Erdkruste

Datei:Intralithosphär.Deform.png
Übergangsbereich zwischen kontinentaler Sial- und ozeanischer Sima-Erdkruste. Letztere schiebt sich unter die Sial-Kruste (siehe Conrad-Diskontinuität)
Zusammensetzung der
Erdkruste[5] [Gew.-%]
Sauerstoff 46,6 %
Silicium 27,7 %
Aluminium 8,1 %
Eisen 4,7 %
Calcium 3,6 %
Natrium 2,8 %
Kalium 2,6 %
Magnesium 2,1 %
Titan 0,4 %
Wasserstoff 0,1 %
alle anderen < 0,1 %













Vermutlich setzt sich die simatische, ozeanische Krustenschicht (oder petrographisch verwandtes Material) teilweise unter der kontinentalen Sial-Kruste fort und bildet ihr unteres Drittel (siehe Bild und Kertz S. 209 ff.). Aus der Analyse von Erdbebenwellen konnte Andrija Mohorovičić 1909 den Geschwindigkeitssprung und damit indirekt den Anstieg der Dichte zum Erdmantel hin nachweisen, der 0,5 g/cm³ oder fast 20 % beträgt. Diese sogenannte Mohorovičić-Diskontinuität (kurz Moho) verläuft in wechselnder Tiefe unter den Kontinenten (nach Ledersteger im Mittel 33 km tief, nach moderner Seismik 38 km). Um 1920 entdeckte Victor Conrad einen zweiten Dichtesprung, die nach ihm benannte Conrad-Diskontinuität in etwa 20 km Tiefe. Sie entspricht der (nicht ganz durchgängigen) Trennschicht zwischen Sial- und Sima-Krustengesteinen. Üblicherweise wird heute zwischen Oberkruste und Unterkruste unterschieden.

Fast alle chemischen Elemente – nämlich 93 der aktuell (2012) 118 Elemente des Periodensystems – findet man in der Erdkruste mitsamt Ozeanen und Atmosphäre. Dabei macht der Sauerstoff mit 46,6 Gewichtsprozent den größten Teil aus, gefolgt von Silicium mit 27,7 % und Aluminium mit 8,1 %. Weitere wichtige Bestandteile sind Eisen (4,7 %), Calcium (3,6 %), Natrium (2,8 %), Kalium (2,6 %) und Magnesium (2,1 %). Die restlichen 85 Elemente liegen jeweils unter einem Prozent, die meisten sind nur in Spuren vorhanden.[5]

Erforschung

Während die Erdoberfläche schon seit alters her erforscht, kartiert und ihre Landformen gedeutet werden, wird die Geologie der darunter gelegenen Schichten der Erdkruste erst seit dem 18. Jahrhundert erforscht.

Dass nach unten zu die Temperatur steigt, ist seit Jahrtausenden durch Bergwerke bekannt und durch Vulkanismus augenscheinlich. Auch Erdbeben ließen frühzeitig manche Schlüsse zu. Daher hat man schon in früher Antike vermutet, dass tiefere Schichten der Erde glutflüssig sind. Schon die griechischen Naturphilosophen machten sich Gedanken über die genaue Struktur und Entstehung der Erde. Die detaillierte Erforschung des Erdinnern begann vor etwa 200 Jahren. Isaac Newton berechnete die Erdabplattung mit einem einfachen physikalischen Modell. Um 1900 entwickelten sich schließlich die modernen Messmethoden der Gravimetrie, der Seismik und der Geomagnetik. Die tiefste Bohrung zur Erforschung der Erdkruste ist die Kola-Bohrung; sie erreichte auf der russischen Halbinsel Kola die Rekordtiefe von 12.262 Metern.[6] In Deutschland erreichte die kontinentale Tiefbohrung (KTB) eine Tiefe von 9101 Metern. Die Bohrung wurde in dieser Tiefe abgebrochen, weil die Temperaturen höher als erwartet waren (Geothermische Tiefenstufe).

Siehe auch

  • Geologie, Angewandte Geophysik
  • Geodynamik, Geomorphologie
  • geothermische Tiefenstufe
  • Erdschwerefeld, Erzlagerstätten, Erdhülle
  • Entstehung der Erde

Literatur

  • Laszlo Egyed: Physik der festen Erde. 370 S., Akadémiai Kiadó, Budapest 1969.
  • Karl Ledersteger: Astronomische und Physikalische Geodäsie. 871 S., J.E.K. Band V, Verlag J.B. Metzler, Stuttgart 1969.
  • Walter Kertz: Einführung in die Geophysik. Teil I. Hochschul-TB, 240 S., Spektrum Akademischer Verlag 1970/1992.
  • F. Press, R. Siever: Understanding Earth. W.H. Freeman, New York 2000.
  • Kent C. Condie: Origin of the Earth's Crust. In: Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology (Global and Planetary Change Section), 75: 57-81 1989, doi:10.1016/0031-0182(89)90184-3

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Erdkruste – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Wilde, S.A., Valley, J.W., Peck, W.H., Graham, C.M., 2001. Evidence from detrital zircons for the existence of continental crust and oceans on the Earth 4.4 Gyr ago. Nature 409, 175–178.
  2. geo.arizona (PDF)
  3. sciencemag.org
  4. R. Taylor, S. McLennan: Planetary Crusts. Their Composition, Origin and Evolution. Cambridge, 2009. ISBN 978-0-521-84186-3
  5. 5,0 5,1 F. Press & R. Siever, Allgemeine Geologie, S. 36, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1995
  6. de.nwrussia.ru: Supertiefe Kola-Bohrung. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original, abgerufen am 24. April 2010. (Seite nicht mehr abrufbar; Suche im Webarchiv) [1] [2] [[Vorlage:Toter LinkVorlage:ExtractDomain]]

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