Pyrrol

Erweiterte Suche

Strukturformel
Strukturformel von Pyrrol
Allgemeines
Name Pyrrol
Andere Namen
  • Azol
  • Imidol
Summenformel C4H5N
CAS-Nummer 109-97-7
PubChem 8027
Kurzbeschreibung

farblose, brennend schmeckende Flüssigkeit mit chloroformähnlichem Geruch[1]

Eigenschaften
Molare Masse 67,09 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

0,97 g·cm−3 (20 °C) [2]

Schmelzpunkt

−24 °C [2]

Siedepunkt

131 °C [2]

Dampfdruck

8,7 hPa (20 °C) [2]

Löslichkeit
  • mäßig in Wasser (60 g·l−1 bei 20 °C)[2]
  • gut in vielen organischen Lösungsmitteln[1]
Brechungsindex

1,5082[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [3]
02 – Leicht-/Hochentzündlich 05 – Ätzend 06 – Giftig oder sehr giftig

Gefahr

H- und P-Sätze H: 226-332-301-318
P: 210-​280-​309+310-​305+351+338 [2]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [4] aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [3]
Giftig
Giftig
(T)
R- und S-Sätze R: 10-20-25-41
S: 26-37/39-45
LD50

137 mg·kg−1 (Ratte, oral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Pyrrol (systematischer Name nach IUPAC: Azol) ist eine organische Verbindung aus der Gruppe der Heteroaromaten und Stammsystem der Pyrrole. Aus Pyrrolringen sind beispielsweise die Porphyrine, darunter Porphin, Häm und Chlorophyll, das Vitamin B12 und die Gallenfarbstoffe (Bilirubin, Urobilin) aufgebaut. Der Ursprung des Namens kommt aus dem Griechischen (pyrros = feuerrot).

Geschichte und Eigenschaften

Pyrrol wurde 1834 von F. F. Runge im Steinkohlenteer aufgefunden und isoliert. Später fand man es auch im Knochenteer und im Knochenöl.

In reinem Zustand ist Pyrrol eine farblose Flüssigkeit von chloroformähnlichem Geruch, die sich an der Luft mit der Zeit braun verfärbt und verharzt. Pyrroldämpfe färben einen mit Salzsäure befeuchteten Fichtenspan rot. Dies ist eine qualitative Nachweisreaktion für Pyrrol und war der historische Grund für die Benennung.

Verschiedene mögliche Strukturformel-Schreibweisen.

Pyrrol (genauer: 1H-Pyrrol) ist im Vergleich zu den übrigen Aminen nur sehr schwach basisch (pKb 13,6), weil das freie Elektronenpaar an der Ausbildung des aromatischen π-Elektronensextetts beteiligt ist und folglich bei Protonierung am Stickstoffatom die Aromatizität aufgehoben wird.

Dagegen kann die NH-Gruppe ohne Verlust der Aromatizität deprotoniert werden. Der pKs-Wert liegt bei etwa 25 und entspricht damit der Acidität von Acetylen. Beispielsweise reagiert Pyrrol mit metallischem Kalium unter Wasserstoffentwicklung zu Pyrrolkalium (Kaliumpyrrolid):

Deprotonierung von Pyrrol zum Pyrrolkalium

Herstellung

Industriell wird Pyrrol aus Furan und Ammoniak synthetisiert:

Synthese von Pyrrol aus Furan und Ammoniak

Weiterhin kann es aus Butin-1,4-diol durch Erhitzen mit Ammoniak unter Druck gewonnen werden:

Synthese von Pyrrol aus Butin-1,4-diol und Ammoniak

Substituierte Pyrrole gewinnt man über die Knorrsche Pyrrolsynthese oder über die Paal-Knorr-Synthese aus substituierten 1,4-Diketonen, die z. B. durch oxidative Dimerisierung von β-Ketoestern mit Iod erzeugt werden.

Derivate

  • Tetrapyrrol
  • Polypyrrol
  • Jodol (Tetrajodpyrrol) C4J4NH entsteht bei Behandlung von Pyrrol, einer im Tieröl vorkommenden Base, mit Jodkalium, bildet ein amorphes, graubraunes, geruchloses Pulver, ist löslich in warmem Alkohol, Äther und fetten Ölen, nicht in Wasser und zersetzt sich am Licht und bei einer Temperatur von 140°. Es wurde als Ersatz des Jodoforms in der Wundbehandlung empfohlen, wobei namentlich seine Geruchlosigkeit in Betracht kommt.[5] 1885 erstmals von Kalle oHG in Wiesbaden-Biebrich kommerziell hergestellt.[6]

Literatur

  • V. v. Richter: Organische Chemie. Verlag Friedrich Cohen, Bonn 1913, Bd. II, S. 722 (Entdeckung)
  • Beyer/Walter: Lehrbuch der organischen Chemie. 19. Auflage. Hirzel Verlag, Stuttgart 1981, S. 668 ff. (Nachweisreaktion, Synthesen, Reaktionen)
  • Eicher/Hauptmann: Heterocyclic Chemistry. 2. Auflage. WILEY-VCH GmbH, Weinheim 2003, S. 86-98 (Struktur, physikalische Eigenschaften, spektroskopische Eigenschaften; chemische Eigenschaften, Synthesen; wichtige Derivate, Naturstoffe, Medikamente; Nutzen als Reagenz, Baustein, Auxiliar in der org. Synthese)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Ullrich Jahn, in: Roempp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Eintrag zu CAS-Nr. 109-97-7 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 22. Juli 2008 (JavaScript erforderlich)
  3. 3,0 3,1 Eintrag aus der CLP-Verordnung zu CAS-Nr. 109-97-7 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  4. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  5. Substanzbeschreibung JodolHerstellung
  6. Kalle Betriebsbeschreibung von 1952, Seite 8.

Die cosmos-indirekt.de:News der letzten Tage

29.05.2023
Elektrodynamik | Festkörperphysik | Quantenoptik
Informationen schneller fließen lassen – mit Licht statt Strom
Entweder 1 oder 0: Entweder es fließt Strom oder eben nicht, in der Elektronik wird bisher alles über das Binärsystem gesteuert.
25.05.2023
Kometen und Asteroiden | Biophysik
Meteoritisches Eisen: Starthilfe bei der Entstehung des Lebens auf der Erde?
Forscher haben ein neues Szenario für die Entstehung der ersten Bausteine des Lebens auf der Erde vor rund 4 Milliarden Jahren vorgeschlagen.
24.05.2023
Festkörperphysik | Astrophysik
Das Verhalten von Sternmaterie unter extremem Druck
Einem internationalen Team von Forscher*innen ist es in Laborexperimenten gelungen, Materie unter solch extremen Bedingungen zu untersuchen, wie sie sonst nur im Inneren von Sternen oder Riesenplaneten vorkommt.
23.05.2023
Quantenphysik | Quantencomputer
Turbo für das Quanteninternet
Vor einem Vierteljahrhundert machten Innsbrucker Physiker den ersten Vorschlag, wie Quanteninformation mit Hilfe von Quantenrepeatern über große Distanzen übertragen werden kann, und legten damit den Grundstein für den Aufbau eines weltweiten Quanteninformationsnetzes.
18.05.2023
Teilchenphysik | Quantencomputer
Quantenschaltkreise mit Licht verbinden
Die Anzahl von Qubits in supraleitenden Quantencomputern ist in den letzten Jahren rasch gestiegen, ein weiteres Wachstum ist aber durch die notwendige extrem kalte Betriebstemperatur begrenzt.
17.05.2023
Relativitätstheorie | Quantenphysik
Gekrümmte Raumzeit im Quanten-Simulator
Mit neuen Techniken kann man Fragen beantworten, die bisher experimentell nicht zugänglich waren – darunter auch Fragen nach dem Zusammenhang von Quanten und Relativitätstheorie.
16.05.2023
Sonnensysteme | Planeten | Geophysik
Die Kruste des Mars ist richtig dick
Dank eines starken Bebens auf dem Mars konnten Forschende der ETH Zürich die globale Dicke der Kruste des Planeten bestimmen.
11.05.2023
Sterne | Teleskope
Einblicke in riesige, verborgene Kinderstuben von Sternen
Mit dem Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA) der ESO haben Astronomen einen riesigen Infrarot-Atlas von fünf nahe gelegenen Sternentstehungsgebieten geschaffen.
10.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik | Quantencomputer
Verschränkte Quantenschaltkreise
ETH-Forschenden gelang der Nachweis, dass weit entfernte, quantenmechanische Objekte viel stärker miteinander korreliert sein können als dies bei klassischen Systemen möglich ist.
10.05.2023
Exoplaneten | Geophysik
Widerspenstiger Exoplanet lüftet seinen Schleier (ein bisschen)
Einem internationalen Forschungsteam, an dem das Max-Planck-Institut für Astronomie beteiligt ist, ist es nach fast 15 Jahren vergeblicher Anstrengungen gelungen, einige Eigenschaften der Atmosphäre des Exoplaneten GJ 1214 b zu ermitteln.
10.05.2023
Atomphysik
Forschende beschreiben flüssigen Quasikristall mit zwölf Ecken
Einen ungewöhnlichen Quasikristall hat ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), der Universität Sheffield und der Jiaotong-Universität Xi'an gefunden.
08.05.2023
Quantenphysik
Künstliche Intelligenz lernt Quantenteilchen zu kontrollieren
In der Quantenforschung braucht man maßgeschneiderte elektromagnetische Felder, um Teilchen präzise zu kontrollieren - An der TU Wien zeigte man: maschinelles Lernen lässt sich dafür hervorragend nutzen.
06.05.2023
Teilchenphysik | Kernphysik
Elektronen-Rekollision in Echtzeit auf einen Schlag verfolgt
Eine neue Methode erlaubt, die Bewegung eines Elektrons in einem starken Infrarot-Laserfeld in Echtzeit zu verfolgen, und wurde am MPI-PKS in Kooperation zur Bestätigung theoretischer Quantendynamik angewandt.
05.05.2023
Satelliten und Sonden | Quantenoptik
GALACTIC: Alexandrit-Laserkristalle aus Europa für Anwendungen im Weltraum
Alexandrit-Laserkristalle eignen sich gut für den Einsatz in Satelliten zur Erdbeobachtung.
04.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik
Nanophysik: Wo die Löcher im Flickenteppich herkommen
Patchwork mit Anwendungspotenzial: Setzt man extrem dünne Halbleiternanoschichten aus Flächen zusammen, die aus unterschiedlichen Materialien bestehen, so finden sich darin Quasiteilchen mit vielversprechenden Eigenschaften für eine technische Nutzung.
03.05.2023
Sterne | Teleskope
Astronomen finden weit entfernte Gaswolken mit Resten der ersten Sterne
Durch den Einsatz des Very Large Telescope (VLT) der ESO haben Forscher zum ersten Mal die Fingerabdrücke gefunden, die die Explosion der ersten Sterne im Universum hinterlassen hat.