Vinylchlorid

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Strukturformel
Struktur von Vinylchlorid
Allgemeines
Name Vinylchlorid
Andere Namen
  • Chlorethen
  • Chlorethylen (veraltet)
  • Monochlorethen ("überbestimmt")
  • Monochlorethylen (veraltet)
  • R1140, Frigen 1140 (Kühlmittelindustrie)
Summenformel C2H3Cl
CAS-Nummer 75-01-4
PubChem 6338
Kurzbeschreibung

farb- und geruchsloses Gas[1]

Eigenschaften
Molare Masse 62,5 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig

Dichte

2,86 kg·m−3 (0 °C und 1,013 bar)[1]

Schmelzpunkt

−153,7 °C[1]

Siedepunkt

−13,4 °C[1]

Dampfdruck

0,33 MPa (20 °C)[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [3]
02 – Leicht-/Hochentzündlich 08 – Gesundheitsgefährdend

Gefahr

H- und P-Sätze H: 220-350
P: 201-​308+313-​410+403 [4]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [5] aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [3]
Giftig Hochentzündlich
Giftig Hoch-
entzündlich
(T) (F+)
R- und S-Sätze R: 45-12
S: 53-45
LD50

500 mg·kg−1 (Ratte, peroral)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Vinylchlorid (Chlorethen, auch Monochlorethen oder – eigentlich veraltet – Monochlorethylen), abgekürzt VC, ist ein farbloses, brennbares, narkotisierendes Gas mit in hoher Konzentration leicht süßlichem Geruch.[1] Es ist die Grundsubstanz zur Herstellung von Polyvinylchlorid (PVC). Vinylchlorid wurde von Henri Victor Regnault entdeckt.

Synthese

Bei der Herstellung von Vinylchlorid wird in einem ersten Schritt aus Ethen und Chlor durch so genannte „Direktchlorierung“ 1,2-Dichlorethan erzeugt. In einem nachgeschalteten Schritt wird dieses unter Abspaltung von Chlorwasserstoff zu Vinylchlorid umgesetzt.[6] Eine weitere Möglichkeit ist die Addition von Chlorwasserstoff an Ethin.[7]

Weit verbreitet ist auch die Darstellung mittels Oxychlorierung von Ethen mit Hydrogenchlorid und Sauerstoff.

Eigenschaften

Vinylchlorid ist leicht entflammbar (Zündtemperatur 435 °C). Bei einem Volumenanteil von 3,8 bis 31 Prozent in Luft ist es explosiv. Vinylchlorid kondensiert bei −13,9 °C und erstarrt bei −154 °C.

Vinylchlorid polymerisiert bei Einwirkung von Licht, Luft und Wärme zu Polyvinylchlorid. Beim Verbrennen von Vinylchlorid entstehen Chlorwasserstoff und Spuren von Phosgen. Vinylchlorid löst sich fast unbegrenzt in organischen Lösungsmitteln, aber nur wenig in Wasser.

Verwendung

Der Hauptverwendungszweck von Vinylchlorid ist die Herstellung von Polyvinylchlorid (2004 rund 38 Millionen Tonnen).[8] Dies geschieht mittels radikalischer Polymerisation. Früher wurde Vinylchlorid auch unter diversen Namen als Kühlmittel verwendet.[9]

Umwelt

In ihren Air Quality Guidelines for Europe[10] geht die WHO davon aus, dass die in westeuropäischen Ländern generell vorhandene, durchschnittliche Luftkonzentration zwischen 0,1 und 0,5 μg/m3 liegt. In der Nachbarschaft von Vinylchlorid- und Polyvinylchlorid-Anlagen können die 24-Stunden-Konzentrationen 100 μg/m3 überschreiten. In Entfernungen von über einem Kilometer zur Anlage liegen sie üblicherweise unter 10 μg/m3. VC zersetzt sich an der Luft und hat eine Halbwertszeit von 20 Stunden. Die WHO geht davon aus, dass bei einer lebenslangen Exposition mit 1 μg/m3 das Krebsrisiko bei 1 zu 1 Million liegt.

Sicherheitshinweise

Vinylchlorid wurde lange Zeit lediglich als betäubend und augenreizend eingestuft. Die toxischen Eigenschaften für den Menschen wurden erstmals in der 60er Jahren erkannt. Erst Anfang der 1970er Jahre wurde das klinische Bild der Vinylchlorid-Krankheit erkannt. Leber, Speiseröhre, und Milz sowie die Durchblutung der Hand, die Handknochen und die Haut sind hiervon betroffen.

Exposition mit Vinylchlorid ist ätiopathologisch als Ursache der idiopathischen Akroosteolyse (Black-Nail-Syndrom) und des Raynaud-Syndroms beschrieben worden.

Des Weiteren wurde es als krebserzeugend eingestuft und kann beispielsweise Hämangioendothelsarkome der Leber verursachen.[11]

Die Grenzwerte für die maximale Vinylchlorid-Konzentration am Arbeitsplatz wurden laufend herabgesetzt: 1966 betrug der MAK-Wert 500 ppm, 1971 100 ppm und 1974 50 ppm. Wegen der inzwischen erwiesenen Karzinogenität kann heute kein MAK-Grenzwert festgelegt werden.

Bei der Handhabung sind als Schutzmaßnahmen Atemschutz und Vollschutz notwendig. Die Lagerung erfolgt in Druckdosen und -zylindern.

Abbau

Thiodiglykolsäure kann als Metabolit von Vinylchlorid im Urin nachgewiesen werden.

Weitere Angaben

Der Luftgrenzwert nach TRGS 900 beträgt bei bestehenden Anlagen zur VC- und PVC-Herstellung 8 mg · m−3 bzw. 3 ml · m−3 (TRK) und bei allen übrigen Anlagen 5 mg · m−3 bzw. 2 ml · m−3 (TRK). Vinylchlorid ist als krebserzeugend der Kategorie K1 (Stoffe, die beim Menschen bekanntermaßen krebserzeugend wirken) eingestuft.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Eintrag zu Vinylchlorid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 14. Dezember 2007 (JavaScript erforderlich).
  2.  Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online - Version 3.5. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2009.
  3. 3,0 3,1 Eintrag aus der CLP-Verordnung zu CAS-Nr. 75-01-4 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  4. 4,0 4,1 Datenblatt Vinyl chloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 25. April 2011.
  5. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  6. Joachim Buddrus: Grundlagen der Organischen Chemie, Walter de Gruyter Verlag, Berlin, 4. Auflage, 2011, S. 252, ISBN 978-3-11-024894-4.
  7. Bertram Philipp, Peter Stevens: Grundzüge der Industriellen Chemie, VCH Verlagsgesellschaft mbH, 1987, S. 241–242, ISBN 3-527-25991-0.
  8. Vortrag mit Produktionzahlen verschiedener Kunststoffe
  9. Liste der Alternativnamen von Vinylchlorid
  10. Air Quality Guidelines for Europe, 2nd Ed, 2000
  11. Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung, Bek. des BMA v. 29. März 1987, BABI. 6/1985.

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