Glutaminsäure

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Strukturformel
L-Glutaminsäure - L-Glutamic acid.svg  D-Glutamic acid.svg
L-Glutaminsäure (links) bzw. D-Glutaminsäure (rechts)
Allgemeines
Name Glutaminsäure
Andere Namen
Summenformel C5H9NO4
CAS-Nummer
  • 56-86-0 (L-Enantiomer)
  • 6893-26-1 (D-Enantiomer)
PubChem 33032
ATC-Code
DrugBank NUTR00027
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[1]

Eigenschaften
Molare Masse 147,13 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,54 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

160 °C[1]

Siedepunkt

Zersetzung bei 205 °C[1]

pKs-Wert
  • pKCOOH:2,16[2]
  • pKγ-COOH: 4,32[2]
  • pKNH2: 9,96[2]
Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
LD50

12961 mg·kg−1 (Maus, oral)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Glutaminsäure, abgekürzt Glu oder E, (auch α-Aminoglutarsäure, 2-Aminoglutarsäure) ist eine proteinogene, für den Menschen nicht essentielle α-Aminosäure und kann in Form von zwei Spiegelbildisomeren (Enantiomere) vorliegen. Im Dreibuchstabencode wird sie als Glu und im Einbuchstabencode als E bezeichnet. Sie ist ein wichtiger Baustein der Proteine. Ihre Salze und Ester werden Glutamate genannt. In Biologie und Medizin wird die Glutaminsäure meist Glutamat genannt, da die Verbindung im Körper dissoziiert vorliegt. Des Weiteren ist Glutamat einer der wichtigsten erregenden Neurotransmitter im zentralen Nervensystem (ZNS). Als Lebensmittelzusatzstoff werden L-Glutaminsäure (E 620) sowie einige ihrer Salze (siehe Glutamate) als Geschmacksverstärker[5] eingesetzt, besonders in der asiatischen Küche und bei Convenience-Produkten.

Stereochemie

In der Natur liegt im Wesentlichen nur die L-(+)-Glutaminsäure [Synonym: (S)-Glutaminsäure] vor. Auf die D-(−)-Glutaminsäure [Synonym: (R)-Glutaminsäure] und das Racemat aus beiden Enantiomeren wird in diesem Artikel nicht näher eingegangen.

Vorkommen

L-Glutaminsäure kommt in den meisten Proteinen in unterschiedlichen Anteilen vor und ist in jedem eiweißhaltigen Nahrungsmittel vorhanden. Die folgenden Beispiele beziehen sich jeweils auf 100 g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil von Glutaminsäure am Gesamtprotein angegeben.[6] Besonders reich an freiem L-Glutamat sind Käse und Fleischprodukte.

Lebensmittel Gesamtprotein Glutaminsäure Anteil
Rindfleisch, roh 21,26 g 3191 mg 15,0 %
Hähnchenbrustfilet, roh 23,09 g 3458 mg 15,0 %
Lachs, roh 20,42 g 2830 mg 13,9 %
Hühnerei 12,58 g 1676 mg 13,3 %
Kuhmilch, 3,7 % Fett 0 3,28 g 0 687 mg 20,9 %
Walnüsse 15,23 g 2816 mg 18,5 %
Weizen-Vollkornmehl 13,21 g 4328 mg 32,8 %
Mais-Vollkornmehl 0 6,93 g 1300 mg 18,8 %
Reis, ungeschält 0 7,94 g 1618 mg 20,4 %
Erbsen, getrocknet 24,55 g 4196 mg 17,1 %
Tomatenpüree 0 1,65 g 0 658 mg 39,9 %

Eigenschaften

Der isoelektrische Punkt der Glutaminsäure beträgt 3,24.[7] Die Dicarbonsäure löst sich nur wenig in Wasser (~ 11 g/l bei 25 °C) und Ethanol;[1] die Lösung reagiert stark sauer (pKCOOH 2,16, pKγ-COOH 4,32[2]).

Herstellung

L-Glutaminsäure wird kommerziell ausschließlich nach der Fermentationsmethode (Sojasauce, Flüssigwürze) hergestellt. Es begann damit, dass systematisch nach Wildtyp-Organismen geforscht wurde, bei denen sich L-Glutaminsäure unter Verwendung günstiger Nährmedien (Edukte) und Kulturbedingungen (Temperatur, Konzentration von Spurenelementen etc.) anreichern ließen. Durch Verwendung von Mutanten wurde die Fermentationsmethode optimiert.[8]

Derivate

Beim Erhitzen einer Mischung aus gleichen Gewichtsteilen Glutaminsäure und Wasser in einem Autoklaven erhält man unter Wasserabspaltung bei Reaktionstemperaturen von 135–143 °C Pyroglutaminsäure, ein cyclisches Amid (Lactam).

Physiologische Bedeutung

L-Glutaminsäure unter physiologischen Bedingungen

Im menschlichen Körper kommt, wie bei allen Aminosäuren, nur das L-Isomer des Glutamates vor. Als proteinogene α-Aminosäure ist L-Glutaminsäure Baustein von Proteinen. Abgesehen davon spielt sie eine wesentliche Rolle im Zellstoffwechsel, da sie über den Citratzyklus in Verbindung zum Kohlenhydratstoffwechsel steht. Sie ist zudem an der Bildung von anderen Aminosäuren beteiligt.

L-Glutaminsäure bindet das beim Protein- und Aminosäureabbau freiwerdende Zellgift Ammoniak unter Bildung von Glutamin durch folgende Reaktion:

α-Ketoglutarat → Glutaminsäure → Glutamin

L-Glutamat ist der wichtigste erregende Neurotransmitter im zentralen Nervensystem der Wirbeltiere. Es wird synaptisch freigesetzt und bindet an spezifische Glutamat-Rezeptoren. Im Zentralnervensystem wird L-Glutaminsäure durch das Enzym L-Glutaminsäuredecarboxylase zu γ-Aminobuttersäure (GABA), einem weiteren Neurotransmitter, decarboxyliert. L-Glutaminsäure ist die einzige Aminosäure, die im Gehirn oxidiert, transaminiert, aminiert und decarboxyliert wird.

L-Glutamat wird nachgesagt, dass es dem Muskelaufbau diene und positiv auf das Immunsystem einwirke. Aus diesem Grund wird es von Bodybuildern geschätzt und ergänzend zur Nahrung eingenommen.

Bedeutung im Citratzyklus

Schlüsselrolle von Glutamat (Glu) bei der Aminierung/Desaminierung (1) und in Transaminierungsreaktionen (2). Die Wechselbeziehungen zu Glutamin (Gln) werden peripher in Kurzform dargestellt (3).

L-Glutamat entsteht im Citratzyklus aus α-Ketoglutarat (αKG) und einem Ammoniumion durch die Reaktion des Enzyms Glutamatdehydrogenase (GDH) (1). Ein weiteres Ammoniumion kann über die Reaktion der Glutamin-Synthetase (GlnS) abgefangen werden, wobei Glutamin entsteht (3). Beide Reaktionen dienen der spontanen Entgiftung aller Gewebe und sind im Hirn von besonderer Bedeutung.

Für die endgültige Entgiftung müssen Ammoniumionen dem Harnstoffzyklus zugeführt werden. Dies erfolgt sowohl durch Übertragung (Transaminierung) auf Oxalacetat (OA) (2), als auch über die Glutamat-Dehydrogenase-Reaktion (1). Glutamin kann mit α-Ketoglutarat in Pflanzen zu zwei Molekülen L-Glutaminsäure umgesetzt (3) und damit der GDH-Reaktion zugeführt werden. Diese Reaktion wird durch Glutamat-Synthase (GluS) katalysiert.

Bei der Aminosäuresynthese ist L-Glutaminsäure der NH2-Donor in einer Transaminierungsreaktion. Diese überführt α-Ketosäuren in die homologen α-Aminosäuren. Beispiele sind Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) (2) und Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT). Coenzym ist Pyridoxalphosphat. Für nahezu alle anderen Aminogruppen, die im Stoffwechsel benötigt werden, ist Glutamin der Donor.

Glutaminsäure (Glutamat) im Blutbefund (Aminosäurenkonzentrationen)

Die Referenzbereiche (Normalwerte) für Glutaminsäure im Blutbefund sind in µmol/ml bei Säuglingen 20-107, bei Kindern 18-65 und bei Erwachsenen 28-92.[9] Als Therapie bei sehr hohen Glutaminsäurewerten (Glutamat) im Blutbefund, wie sie z.B. bei China-Restaurant-Syndrom oder bei Exkzemen und/oder Histamin-Intoleranz vorkommen können, empfiehlt Prof. Reinhart Jarisch [10] eine Vitamin B6 Gabe in der Größenordnung von 0.5mg/kg Körpergewicht je Tag . Dies fördert auch die körpereigene Synthese von Diaminooxidase (DAO) und bekämpft so ursächlich die Auswirkungen der Histamin-Intoleranz.

Salze

Hauptartikel: Glutamate

Die verschiedenen Salze der Glutaminsäure sind als Lebensmittelzusatzstoffe bekannt. Es kommen verschiedene Salze der Glutaminsäure mit der Bezeichnung Geschmacksverstärker E 621 bis E 625 zum Einsatz.[5]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Eintrag zu Glutaminsäure in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 9. Januar 2008 (JavaScript erforderlich).
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Hans-Dieter Jakubke und Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine, Verlag Chemie, Weinheim, 1982, ISBN 3-527-25892-2, S. 40.
  3. Wolfgang Maison in: Römpp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  4. 638. Glutamic acid and its salts (WHO Food Additives Series 22)].
  5. 5,0 5,1 ZZulV: Anlage 4 (zu § 5 Abs. 1 und § 7) Begrenzt zugelassene Zusatzstoffe.
  6. Nährstoffdatenbank des US-Landwirtschaftsministeriums, 21. Auflage.
  7. P. M. Hardy: The Protein Amino Acids in G. C. Barrett (Herausgeber): Chemistry and Biochemistry of the Amino Acids, Chapman and Hall, 1985, ISBN 0-412-23410-6, S. 9.
  8. Izumi, Y. et al. (1979): Herstellung und Verwendung von Aminosäuren. In: Angewandte Chemie 90(3); 187–194; doi:10.1002/ange.19780900307.
  9. Helmut Greiling, A. M. Gressner: Lehrbuch der klinischen Chemie und Pathobiochemie, Schattauer Verlagsgesellschaft, 1987, ISBN 3-79-450949-8, 1197 Seiten,
  10. Reinhart Jarisch: Histaminintoleranz Histamin und Seekrankheit, 2. Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart New York, 2004, ISBN 3-13-105382-8, Seite 151
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