Phentolamin

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Strukturformel
Strukturformel von Phentolamin
Allgemeines
Freiname Phentolamin
Andere Namen
  • 3-[N-(2-Imidazolin-2-ylmethyl) -4-methylanilino]phenol IUPAC
  • Phentolaminum Latein
Summenformel C17H19N3O
CAS-Nummer
  • 50-60-2
  • 73-05-2 (Phentolaminmonohydrochlorid)
PubChem 5775
ATC-Code
DrugBank APRD00615
Kurzbeschreibung

weißes, kristallines, schwach hygroskopisches Pulver (Phentolaminmesilat)[1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Alphablocker

Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 281,35 g·mol−1
Schmelzpunkt

174–175 °C[2]

pKs-Wert

7,7[3]

Löslichkeit

leicht löslich in Wasser und Ethanol 96 %, praktisch unlöslich in Dichlormethan (Phentolaminmesilat)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]

Hydrochlorid

07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: keine P-Sätze [4]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [5][4]

Xn
Gesundheits-
schädlich
Phentolaminmonohydrochlorid
R- und S-Sätze R: 22
S: 22-24/25
LD50

1000 mg·kg−1 (Maus p.o.)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Phentolamin (engl.: phentolamine) ist ein Arzneistoff, der die Wirkung bestimmter körpereigener Botenstoffe (Hormone, Neurotransmitter) aufhebt.

Pharmakologisch handelt es sich einen Stoff aus der Gruppe der nichtselektiven Alphablocker. Als kompetitive Antagonisten an α1- und an α2-Adrenozeptoren heben Alphablocker die Wirkung von Katecholaminen, wie zum Beispiel Adrenalin und Noradrenalin, auf.

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Phäochromozytom

Der Arzneistoff wird zur Therapie von Blutdruckkrisen beim Phäochromozytom – einem Tumor, der Katecholamine (Noradrenalin, Adrenalin und Metanephrine) produziert – zum Beispiel während der präoperativen Vorbereitung und des chirurgischen Eingriffes angewendet.[6].

Phentolamin-Hemmtest

Der Phentolamin-Hemmtest, auch Phentolamin-Suppressionstest genannt, ist ein diagnostischer Funktionstest, um eine autonome Katecholaminproduktion, wie sie beispielsweise beim Phäochromozytom auftritt, festzustellen. Er wird bei unklaren Befunden durchgeführt. Suppression bedeutet, dass die Ausschüttung von Hormonen gehemmt beziehungsweise unterdrückt wird. Beim Regitin-Test – wie er auch genannt wird – wird den Betroffenen Phentolamin verabreicht und anhand des systolischen Blutdruckabfalls nach der intravenösen Injektion von Phentolamin der Phäochromozytom-Nachweis erbracht.

Anwendung als Antidot

Bei Intoxikationen durch indirekte Sympathomimetika, wie Cocain, Amphetamin und amphetaminartigen Substanzen ist eine Blockade der alpha-Rezeptoren indiziert, wenn die Sedation des Patienten allein nicht ausreicht. Mittel der Wahl zur Behandlung von Tachykardie und arteriellen Hypertonie ist das Antidot Phentolamin. Eine alleinige Betablockade kann durch die ungehinderte Wirkung an den Alpharezeptoren zu schweren hypertensiven Komplikationen führen.[7]

Erektile Dysfunktion

Phentolamin ist in Kombination mit Papaverin oder mit Aviptadil angezeigt zur Behandlung der erektilen Dysfunktion.

Zahnmedizin

Die in der Zahnmedizin gebräuchlichen Lokalanästhetika werden gewöhnlich mit Epinephrin als Vasokonstringens kombiniert, um die Blutgefäße einzuengen und zu verhindern, dass das Anästhetikum nicht zu schnell aus dem Mund abfließt. Als Nebenwirkung der zahnärztlichen Lokalanästhesie können noch Stunden nach der Behandlung Parästhesien (Fehlempfindung) der Lippe, der Zunge oder beider Organe (Verlust des Empfindungsvermögens, Brennen, Kribbeln) bis zur allgemeinen Empfindungslosigkeit oder Gefühlstaubheit (Sensibilitätsstörungen) auftreten.

Phentolaminmesilat bewirkt durch die Erweiterung der Blutgefäße und damit einhergehenden erhöhten Blutfließgeschwindigkeit (Aufhebung der Epinephrin-Wirkung), dass das Anästhetikum abfließen kann. In klinischen Versuchen reduzierte das Medikament die Zeit um die Empfindung der Lippen wieder zu erlangen auf 75 bis 85 Minuten, also mehr als die Hälfte.[8][9] Novalar Pharmaceuticals, eine kleine Arzneimittelfirma aus San Diego, erhielt im Mai 2008 die Zulassung von der Food and Drug Administration für diese zahnmedizinische Indikation (Handelsname OraVerse).

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)

Phentolamin darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem Arzneistoff. Eine absolute Kontraindikation besteht bei Hypotonie, einem Myokardinfarkt (Herzinfarkt), auch in der Anamnese, Koronarinsuffizienz, Angina Pectoris oder anderen Hinweise auf eine Koronarerkrankung, bei Gastritis und einem peptischen Ulcus.

Siehe auch

  • Clonidin-Hemmtest

Literatur

  •  Ernst Mutschler u. a.: Mutschler - Arzneimittelwirkungen Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. 9. Auflage. Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8047-1952-1.

Handelsnamen

Monopräparate

Regitin (CH), OraVerse (USA)

Kombinationspräparate
  • mit Papaverin: Androskat (A, NL)
  • mit Aviptadil: Invicorp (DK)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1  Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): EUROPÄISCHE PHARMAKOPÖE 5. AUSGABE. 5.0–5.8, 2006.
  2. 2,0 2,1  Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online - Version 3.2. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2008.
  3. Sean Sweetman (Hrsg.): Martindale: The Complete Drug Reference, 35th Edition: Book and CD-ROM Package. Pharmaceutical Press, ISBN 0-85369-704-3.
  4. 4,0 4,1 4,2 Datenblatt Phentolamine hydrochloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 19. April 2011.
  5. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  6. Dossier über Phäochromozytom
  7. Antidote bei Vergiftungen des Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrums 2008.
  8. E. V. Hersh u. a.: Reversal of soft-tissue local anesthesia with phentolamine mesylate in adolescents and adults. In: J Am Dent Assoc. 2008 Aug;139(8), S. 1080–1093, PMID 18682623.
  9. M. Tavares u. a.: Reversal of soft-tissue local anesthesia with phentolamine mesylate in pediatric patients. In: J Am Dent Assoc. 2008 Aug;139(8), S. 1095–1104, PMID 18682624.

Weblinks

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