Liebigit

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Liebigit
Liebigite-171839.jpg
Liebigit aus der Schwartzwalder Mine, Colorado, USA
Andere Namen
  • Flutherit
  • Hebergit
  • Kalkurancarbonat
  • Uranothallit
Chemische Formel

Ca2[UO2|(CO3)3] • (8+3)H2O [1]

Mineralklasse Carbonate und Nitrate (8. Auflage: Carbonate und Borate)
5.ED.20 (8. Auflage: V/F.02) nach Strunz
15.03.02.01 nach Dana
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin orthorhombisch-pyramidal; mm2[2]
Farbe gelb, gelbgrün, grün
Strichfarbe hellgrün
Mohshärte 2,5 bis 3[3]
Dichte (g/cm3) 2,41[3]
Glanz Glasglanz
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Bruch uneben
Spaltbarkeit deutlich {100}
Habitus blättrige, körnige Aggregate; krustige Überzüge; tafelig, kurzprismatische Kristalle
Kristalloptik
Brechungsindex nα = 1,497 ; nβ = 1,502 ; nγ = 1,539[4]
Doppelbrechung
(optischer Charakter)
δ = 0,042[4] ; zweiachsig positiv
Optischer Achsenwinkel 2V = 37° bis 42°[4]
Pleochroismus Sichtbar: x = farblos ; y und z = hell gelblichgrün
Weitere Eigenschaften
Radioaktivität stark radioaktiv
Besondere Kennzeichen Fluoreszenz

Liebigit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“ (ehemals „Carbonate, Nitrate und Borate“). Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca2[UO2|(CO3)3] • (8+3)H2O[1] und entwickelt meist blättrige oder körnige Mineral-Aggregate und krustige Überzüge, selten aber auch tafelige bis kurzprismatische Kristalle von bis zu 5 mm Größe und gelbgrüner Farbe. Die Kristalle sind durchsichtig bis durchscheinend und zeigen auf den Kristallflächen einen glasartigen Glanz.

Besondere Eigenschaften

Das Mineral ist durch seinen Urangehalt stark radioaktiv und weist eine spezifische Aktivität von etwa 58,5 kBq/g[2] auf (zum Vergleich: natürliches Kalium 31 Bq/g).

Unter kurz- und langwelligem UV-Licht zeigt Liebigit eine blaugrüne Fluoreszenz, ähnlich der von neonfarbenen Textmarkern.

Etymologie und Geschichte

Erstmals gefunden wurde Liebigit 1848 bei Edirne (früher: Adrianopel) in der Türkei und beschrieben durch John Laurence Smith (1818-1883)[5], der das Mineral zu Ehren des deutschen Chemikers Justus von Liebig nach diesem benannte.[6]

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber immer noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Liebigit zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Uranylcarbonate“, wo er zusammen mit Andersonit, Bayleyit, Čejkait, Fontanit, Grimselit, Metazellerit, Swartzit und Zellerit die unbenannte Gruppe V/F.02 bildete.

Seit der vollständigen Überarbeitung der Strunz'schen Mineralsystematik in der 9. Auflage (2001) ist die Mineralklasse der Carbonate (und Verwandte) neu aufgeteilt und die Borate bilden eine eigene Klasse. Der Liebigit ist entsprechend in der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“ und dort in der nach wie vor existenten Abteilung der „Uranylcarbonate“ zu finden. Diese ist allerdings inzwischen präziser unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis Urandioxid (UO2) zum Carbonat-Komplex (CO3), der beim Liebigit 1 : 4 beträgt. Liebigit bildet in dieser Unterabteilung als einziges Mitglied die unbenannte Grußße 5.ED.20.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Liebigit wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“. Dort steht der Liebigit allerdings in der Abteilung der „Wasserhaltigen Carbonate“ und der Unterabteilung der „Wasserhaltigen Carbonatemit der allgemeinen Zusammensetzung A+mB2+n(XO3)p • x(H2O), dem Verhältnis (m+n) : p = 1 : 1 und mit U, Th, Zr, Y“, wo er als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 15.03.02 bildet.

Bildung und Fundorte

Liebigit aus dem Bjertnes Pegmatit am Binnensee Krøderen in Norwegen (Sichtfeld 6 x 4 cm)

Liebigit bildet sich als Sekundärmineral gewöhnlich durch Verwitterung von Uraninit in Anwesenheit von alkalischen Carbonatlösungen. Begleitminerale sind neben dem Uraninit weitere Uranminerale wie unter anderem Autunit, Bayleyit, Carnotit, Schröckingerit, Tyuyamunit, Uranophan, Uranophan-Beta, aber auch Gips und Calcit.

Als seltene Minealbildung konnte Liebigit bisher (Stand: 2011) nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei rund 80 Fundorte als bekannt gelten.[7] Seine Typlokalität Edirne (Adrianopel) ist der bisher einzige Fundort in der Türkei.

In Deutschland trat Liebigit bisher unter anderem im Kirchheimer Stollen nahe der Uranlagerstätte Müllenbach bei Baden-Baden in Baden-Württemberg; am Steinbruch Fuchs an der Hartkoppe bei Sailauf (Hösbach), im Quarz-Steinbruch bei Altrandsberg in der Gemeinde Miltach und in den Schächten „Höhenstein“ und „Wäldel“ der Uranlagerstätte Mähring in Bayern; bei Eisleben in Sachsen-Anhalt; an mehreren Orten bei Schneeberg und Johanngeorgenstadt in Sachsen sowie bei Beerwalde/Löbichau und Schmirchau nahe der Uranlagerstätte Ronneburg in Thüringen auf.

In Österreich konnte das Mineral unter anderem im Aushubmaterial zum Speicher Kölnbrein der Maltakraftwerke in Kärnten sowie des Tauerntunnels im Anlauftal, des Kurcasinos bei Bad Gastein und des Stollens Bockhart bei Siglitz im Gasteinertal in Salzburg gefunden werden.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, China, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Demokratische Republik Kongo, Norwegen, Schweden, Tschechien, Türkei, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).

Kristallstruktur

Liebigit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Bba2 mit den Gitterparametern a = 16,70 Å; b = 17,56 Å; c = 13,70 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Sicherheitshinweise

Als Uranmineral sendet Liebigit ionisierende Strahlung (vor allem α-Strahlung; 238U als Hauptbestandteil) aus. Die beim Hantieren mit dem Mineral aufgenommene Strahlungsmenge hängt stark von der Größe der Mineralprobe sowie von Abstand und Schutz ab. Sie erreicht schon bei kleineren Proben (wenige Zentimeter Durchmesser), die in der Hand gehalten werden, innerhalb von Minuten die Größenordnung, die maximal pro Jahr aufgenommen werden sollte. Beim Umgang ist daher auf ausreichenden Strahlenschutz zu achten. Um eine Inkorporation (Aufnahme in den Körper) zu verhindern, empfiehlt sich gründliches Händewaschen nach dem Umgang mit bloßen Händen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2  Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 321.
  2. 2,0 2,1 Webmineral - Liebigite (englisch)
  3. 3,0 3,1 Handbook of Mineralogy - Liebigite (englisch, PDF 66,9 kB)
  4. 4,0 4,1 4,2 Mindat - Liebigite (englisch)
  5. William H. Brock: The Chemical Gatekeeper. Cambridge University Press 1997 bei Google-Buchsuche
  6. J. Laurence Smith: Zwei neue Mineralien. - Medjidit (schwefelsaures Uranoxyd-Kalk) - Liebigit (kohlensaures Uranoxyd-Kalk)
  7. Mindat - Anzahl der Fundorte für Liebigit

Literatur

  • Heinz Meixner, K. Walenta: Liebigit, ein für Österreich neues Urankarbonatmineral von der Kölnbreinsperre, Maltaltal, Kärnten. Der Karinthin, 81, l5l-153 (1979).
  • Howard T. Evens, jn., Clifford Frondel: Studies of Uranium Minerals (II) - Liebigite and Uranothallite, in: American Mineralogist (Archivband 35, März-April 1950; PDF 239,3 kB)
  • K. Mereiter: The crystal structure of Liebigite, Ca2UO2(CO3)3·∼11H2O, in: Tschermaks mineralogische und petrographische Mitteilungen, Band 30 (1982), Kapitel 4, S. 277-288 doi:10.1007/BF01087173
  •  Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 584.

Weblinks

 Commons: Liebigite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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