Antiarrhythmikum

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Antiarrhythmikum ist ein Oberbegriff für Arzneistoffe, die zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden. Traditionell werden Antiarrhythmika nach ihren elektrophysiologischen Wirkungsmechanismen in vier Klassen (I bis IV nach Vaughan Williams[1]) eingeteilt. Der Nutzen dieser Klassifikation ist vielfach in Frage gestellt worden, weil einige Antiarrhythmika Eigenschaften mehrerer Klassen aufweisen. Beispielsweise blockiert Sotalol neben Kaliumkanälen auch Betarezeptoren. Amiodaron und Dronedaron haben Wirkeigenschaften aller Klassen. Daneben gibt es Antiarrhythmika, die sich in keine der Klassen einordnen lassen. Bemerkenswert ist, dass jedes Antiarrhythmikum auch ein proarrhythmisches Potential hat, d.h. Herzrhythmusstörungen auslösen kann. Insbesondere die Kombination mehrerer Antiarrhythmika kann somit problematisch sein.

Einteilung der Antiarrhythmika

Die gebräuchliche Klassifizierung wurde von E.M. Vaughan Williams vorgeschlagen [2].

Klasse I - Natriumkanalblocker

Die Klasse I Antiarrhythmika binden an einen spannungsabhängigen Na-Kanal, welcher für die Depolarisation des Aktionspotentials verantwortlich ist. Je nach Affinität und Dissoziationsgeschwindigkeit zum Kanal findet eine weitere Unterteilung in drei Subklassen statt. Nachdem in der 1991 veröffentlichten CAST-Studie eine erhöhte Sterblichkeit im Vergleich zu Placebo nachgewiesen wurde[3], werden Klasse I Antiarrhythmika mit Ausnahme von Ajmalin, Flecainid und Propafenon heute so gut wie nicht mehr verwendet.

Klasse IA

Bewirken eine Verlängerung des Aktionspotentials.
Wirkstoffe: Chinidin, Procainamid, Disopyramid, Ajmalin und Ajmalicin.

Klasse IB

Bewirken eine Verkürzung des Aktionspotentials.
Wirkstoffe: Lidocain, Mexiletin, Phenytoin und Tocainid.

Klasse IC

Ohne Wirkung auf die Dauer des Aktionspotentials.
Wirkstoffe: Flecainid, Propafenon, Aprindin, Moricizin und Prajmalin[4].

Klasse II - Betablocker

Betablocker senken über die Blockade der β1-Adrenozeptoren am Herzmuskel die Sinusfrequenz (negativ chronotrop), verlangsamen die AV-Überleitung (negativ dromotrop) und vermindern die myokardiale Erregbarkeit (negativ bathmotrop).
Wirkstoffe: Metoprolol, Bisoprolol, Nebivolol u.v.a.m.

Klasse III - Kaliumkanalblocker

Durch die Blockade von Kaliumkanälen wird die Repolarisation verlangsamt und damit das Aktionspotential verlängert.
Wirkstoffe: Amiodaron, Bretylium, Dofetilid, Dronedaron, Ibutilid, Sotalol

Klasse IV - Calciumkanalblocker

Calciumkanalblocker vom Phenylalkylamintyp bzw. Benzothiazepintyp senken über Blockade von Kalzium-Kanälen vom L-Typ die Herzfrequenz und verzögern die AV-Überleitung .
Wirkstoffe: Verapamil, Diltiazem, Gallopamil und Flunarizin.

Weitere Antiarrhythmika

Adenosin

Adenosin führt nach Bindung am A1-Adenosinrezeptoren über die Aktivierung eines Gi-modulierten Kaliumkanals zur kurzfristigen, wenige Sekunden anhaltenden Blockade der AV-Überleitung. Das Medikament wird zur Diagnostik und Akuttherapie von Herzrhythmusstörungen angewendet, an deren Verursachung der AV-Knoten beteiligt ist.

Digitalisglykoside

Digitalisglykoside führen über die Hemmung der myokardialen Natrium-Kalium-ATPase zu einer positiv inotropen auch zu einer negativ dromotropen Wirkung und verringern damit die Herzfrequenz. Verwendet wird es zum Bremsen von schnell übergeleitetem Vorhofflimmern.
Wirkstoffe: Digoxin, Digitoxin

Parasympatholytika

Parasympatholytika verhindern durch die Blockade muskarinerger M2- und M4-Rezeptoren die Öffnung von K+-Kanälen t (positiv chronotrope und dromotrope Wirkung).
Wirkstoffe: Atropin, Ipratropiumbromid

Sympathomimetika

Sympathomimetika wirken durch die Aktivierung myokardialer Beta1-Adrenozeptoren positiv chronotrop, dromotrop und bathmotrop.
Wirkstoffe: Adrenalin, Noradrenalin, Orciprenalin u.v.a.m.

If-Kanal-Blocker

Als einziger Vertreter dieser Gruppe senkt Ivabradin die Herzfrequenz isoliert am Sinusknoten über die spezifische Hemmung des If-Kanals.

Literatur

  •  Harrison, Dietel (Hrsg.): Harrisons innere Medizin. 17 Auflage. ABW, Berlin 2008, ISBN 3936072825 (Harrison's principles of internal medicine (Deutsche Ausgabe)).

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Antiarrhythmikum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Vaughan Williams EM. "Classification of anti-arrhythmic drugs." In: Symposium on Cardiac Arrhythmias, Sandfte E, Flensted-Jensen E, Olesen KH eds. Sweden, AB ASTRA, Södertälje, 1970;449-472.
  2. Kapitel 1.4 Klassifikation nach Vaughan Williams
  3. Echt DS, Liebson PR, Mitchell LB, et al.: Mortality and morbidity in patients receiving encainide, flecainide, or placebo. The Cardiac Arrhythmia Suppression Trial. In: N. Engl. J. Med.. 324, Nr. 12, März 1991, S. 781–8. PMID 1900101.
  4. K. Aktories, U. Förstermann, F. B. Hofmann, K. Starke: Repetitorium Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 2. Auflage, S 163
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