Anhydrit

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Dieser Artikel befasst sich mit den Calciumsulfaten, zu den chemischen Verbindungen, die durch Wasserentziehung entstehen, siehe Anhydride
Anhydrit
Anhydrite-261625.jpg
Anhydrit aus Naica, Municipio de Saucillo, Chihuahua , Mexiko (Größe: 16.8 x 15.4 x 10.8 cm)
Andere Namen
  • Anhydritspat
Chemische Formel

CaSO4

Mineralklasse Sulfate (und Verwandte)
7.AD.30 (8. Auflage: VI/A.08) nach Strunz
28.03.02.01 nach Dana
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin dipyramidal 2/m 2/m 2/m[1]
Farbe farblos, weiß, seltener rötlich, violett, bläulich, braun, grau, rosa
Strichfarbe weiß
Mohshärte 3 bis 3,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,98 ; berechnet: 2,95[2]
Glanz Glasglanz, Perlmuttglanz, Fettglanz
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Bruch splitterig bis uneben
Spaltbarkeit gut
Habitus körnige, massige Aggregate; seltener prismatische Kristalle
Kristalloptik
Brechungsindex nα = 1,567 bis 1,574 ; nβ = 1,574 bis 1,579 ; nγ = 1,609 bis 1,618[3]
Doppelbrechung
(optischer Charakter)
δ = 0,042 bis 0,044[3] ; zweiachsig positiv
Optischer Achsenwinkel 2V = gemessen: 36° bis 45°, berechnet: 44°[3]
Weitere Eigenschaften
Schmelzpunkt 1450 °C
Chemisches Verhalten schwer wasserlöslich (2 g/l bei 25 °C)

Anhydrit, auch als Anhydritspat, Gekrösstein und Karstenit oder unter seiner chemischen Bezeichnung Calciumsulfat bekannt, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (und Verwandte)“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca[SO4] und entwickelt meist grobkörnige, massige Aggregate, aber auch würfelige und prismatische Kristalle bis etwa 20 cm Größe[4].

Reiner Anhydrit ist durchsichtig und farblos oder durch Gitterbaufehler bzw. vielkristalline Ausbildung weiß. Durch Fremdbeimengungen kann er aber auch von bläulicher, rötlicher, violetter oder brauner Farbe sein. Die Strichfarbe ist allerdings immer weiß. Sichtbare Kristallflächen zeigen einen glasartigen Glanz, lamellare oder körnige Aggregate dagegen eher Perlmutt- bis Fettglanz.

Mit einer Mohshärte von 3 bis 3,5 gehört Anhydrit noch zu den weichen Mineralen, die sich mit einer Kupfermünze ritzen lassen. Seine Dichte von rund 3 g/cm3 entspricht der von Zement.

Besondere Eigenschaften

Anhydritkristalle im Muttergestein mit klar erkennbaren Spaltflächen

Anhydrit-Kristalle lassen sich an drei im rechten Winkel zueinander stehenden Flächen gut spalten und lassen sich dadurch von dem ansonsten äußerlich sehr ähnlichen Gips unterscheiden, in den das Anhydrit durch Wassereinlagerung übergeht.

Steht Anhydrit unter permanenter Feuchtigkeitseinwirkung, so nimmt er Wasser auf, wodurch sein Volumen um 50 % zunimmt. Anhydrit verwandelt sich zu Gips, quillt dabei auf und kann sprengende Kräfte entwickeln. Dieser Prozess wird Salzsprengung genannt.

Im Bergbau können aufquellende Anhydritschichten die Stollen verengen und die anliegenden Gesteinsschichten sprengen, analog gilt dies für den Tunnelbau, wie z. Bsp. beim Engelbergtunnel[5], Weinsberger Tunnel oder Adlertunnel (CH)[6]. Im Einzelfall kann dies auch zur Hebung des Erdbodens führen, wie es beispielsweise in Staufen im Breisgau der Fall ist.[7]

Anhydrit in Reinform ist daher als Baustoff nicht geeignet.

Etymologie und Geschichte

Erstmals beschrieben wurde Anhydrit 1804 von Abraham Gottlob Werner (1749-1817), der das Mineral nach dem Griechischen Wort ἄνυδρος anhydros für „wasserlos“ benannte.

Als Typlokalitäten gelten das Salzbergwerk bei Hall in Tirol in Österreich und das Kaliwerk bei Leopoldshall in Deutschland.

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Anhydrit zur Mineralklasse der „Sulfate, Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate, Wolframate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Sulfate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Aphthitalit, Glauberit, Kalistrontit und Palmierit eine eigenständige Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Anhydrit in die Klasse der „Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ und dort in die Abteilung der „Sulfate (Selenate, etc.) ohne weitere Anionen, ohne H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 7.AD.30 bildet.

Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Anhydrit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Sulfate“. Hier ist er einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 28.03.02 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserfreien Säuren und Sulfate (A2+)XO4“ zu finden.

Modifikationen und Varietäten

  • Angelit ist die Handelsbezeichnung für einen durchscheinenden, grau-blau-violetten Anhydrit-Kristall.[8]
  • Als Vulpinit wird körniges Anhydrit-Aggregat bezeichnet.

Bildung und Fundorte

Weißer, kugelförmiger Anhydrit als Inklusion in Halit aus Polen

Anhydrit ist ein Sediment-Mineral und bildet sich oft als Verdunstungsprodukt von Meerwasser, wobei die Temperatur über 35 °C betragen muss. Bei niedrigeren Temperaturen bildet sich Gips. Es kann sich, weil es schwer wasserlöslich ist, direkt aus überhitztem Meerwasser ablagern oder aber zusammen mit Gips und Halit bei Verdampfung desselbigen entstehen. Weitere Begleitminerale sind unter anderem Calcit, Coelestin, Dolomit, Magnesit, Polyhalit, Sylvin und Schwefel.

Anhydrit nimmt bei kurzfristiger Feuchtigkeitseinwirkung kein Wasser auf. Steht er aber unter permanenter Feuchtigkeitseinwirkung, so verwandelt er sich langsam zu Gips. Dabei kommt es zu einer Volumenszunahme, die mitunter sprengend wirken kann. So können im Bergbau Anhydritschichten durch Grubenwasser "anwachsen", die Stollen verengen (Zwergenlöcher, Quellungshöhlen) oder Hebungen verursachen. Das ist beispielsweise auch im Straßen- und Tunnelbau zu beachten (vgl. zu den dabei entstehenden Schwierigkeiten z. B. Weinsberger Tunnel).

Weltweit konnte Anhydrit bisher (Stand: 2011) an rund 1100 Fundorten nachgewiesen werden.[3] Erwähnenswert aufgrund von außergewöhnlichen Kristallfunden ist unter anderem Naica in Chihuahua (Mexiko), in der Drusen mit bis zu 20 cm langen Anhydritkristallen gefunden wurden sowie Wieliczka in Polen, wo bis zu 2 cm große Kristalle zutage traten.[4]

In Deutschland trat Anhydrit unter anderem im Schwarzwald, bei Heilbronn, Müllheim und der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg; im Frankenland und Oberbayern; vielen Orten in Hessen und Niedersachsen; bei Aachen, Rheinberg und im Sauerland in Nordrhein-Westfalen; in der rheinland-pfälzischen Eifel; bei Saarbrücken und Saarlouis im Saarland; im Harz von Niedersachsen bis Thüringen; im Erzgebirge und bei Zwickau in Sachsen; bei Bad Segeberg in Schleswig-Holstein sowie bei Gera, im Kyffhäuser und im Thüringer Wald auf.

In Österreich fand sich das Mineral unter anderem bei Pöttsching im Burgenland, in den Gailtaler Alpen und den Karnischen Alpen in Kärnten, am Semmering in Niederösterreich, an mehreren Orten von Salzburg und der Steiermark, in Nordtirol sowie in Oberösterreich.

In der Schweiz wurde Anhydrit an mehreren Orten im Kanton Wallis, bei Felsenau/Leuggern und Schafisheim im Kanton Aargau, Leissigen im Kanton Bern, in den Graubündner Tälern Val Cristallina und Val Milà, bei Airolo und Lavorgo im Tessin, in den Salz- und Schwefelbergwerken nahe Bex und Sublin im Kanton Waadt sowie an mehreren Stellen während des Baus des Gotthardtunnels.

Weitere Fundorte sind Afghanistan, Ägypten, Algerien, Argentinien, Armenien, Australien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chile, China, Dänemark, Ecuador, Frankreich, Griechenland, Guatemala, Indonesien, Iran, Irland, Island, Israel, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Katar, Kolumbien, Demokratische Republik Kongo, Kuba, Litauen, Madagaskar, Malta, Marokko, Mexiko, Mongolei, Namibia, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Pakistan, Panama, Papua-Neuguinea, Peru, Philippinen, Rumänien, Russland, Saudi-Arabien, Schweden, Serbien, Simbabwe, Slowakei, Slowenien, Spanien, Südafrika, Taiwan, Thailand, Tschechien, Tunesien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Usbekistan, das Vereinigte Königreich (Großbritannien), die Vereinigten Staaten von Amerika (USA).

Auch in Gesteinsproben des Mittelatlantischen Rückens, des Zentralindischen Rückens, der Bismarcksee, des Chinesischen Meeres und des Ostpazifischen Rückens sowie außerhalb der Erde auf dem Mond (Mare Crisium) konnte Anhydrit gefunden werden.[9]

Anhydrit kann zudem durch Brennen von Gips entstehen. Bei Temperaturen um 100 °C verbleibt im Gipsstein etwas Kristallwasser, wodurch Halbhydrat entsteht; bei höheren Temperaturen wird das gesamte Kristallwasser entzogen und es entsteht Anhydrit.


Kristallstruktur

Anhydrit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Amma (Raumgruppen-Nr. 63) mit den Gitterparametern a = 6,99 Å; b = 7,00 Å und c = 6,24 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[10]

Verwendung

Anhydrit wird in Pulverform zu Klebstoff für Fliesen verarbeitet, allerdings muss ein "Anreger", meist Kaliumsulfat (K2SO4), oder auch Kalk (CaO), beigesetzt werden. Der Anreger, dessen Anteil 3-15 % beträgt, beschleunigt die Wassereinlagerung, wodurch sich Anhydrit zu Gips umwandelt. Die Umwandlung von Anhydrit zu Gips erfolgt aber nur zu etwa 65 %, wobei der Gips für die schnelle Trocknung sorgt und das Anhydrit als Gerüst für die hohe Festigkeit. Derartige Anhydritbinder sind lufthärtende, nicht hydraulische Bindemittel aus natürlichem oder synthetischem Anhydrit. Sie sind in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften mit Gips vergleichbar. Calciumsulfatbinder wird zum Beispiel im Wohnungsbau zur Herstellung von Calciumsulfatestrich oder Calciumsulfat-Fließestrich verwendet.

Pulverisiertes Anhydrit ist Bestandteil von Zement und wird auch bei der Produktion von Schwefelsäure und Porenbeton eingesetzt.

Die lila-blau gefärbte Varietät Angelit wird als Schmuckstein verwendet.

Siehe auch

Literatur

  •  Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 596, 597.

Einzelnachweise

  1. Webmineral - Anhydrite (englisch)
  2. Handbook of Mineralogy - Anhydrite (englisch, PDF 67,7 kB)
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 MinDat - Anhydrite (englisch)
  4. 4,0 4,1  Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 137 (Anhydritspat).
  5. Stuttgarter Nachrichten: Millionensanierung als Gruß an Stuttgart 21 vom 21. August 2010
  6. badische-zeitung.de, Lokales, Lörrach & Dreiland, 14. Oktober 2010, Regine Ounas-Kräusel: Im Inneren des Berges wird gearbeitet (17. Oktober 2010)
  7. badische-zeitung.de, Lokales, Breisgau, 15. Oktober 2010, hcw: Keine Entwarnung in der Fauststadt - Risse in Staufen: Pumpen, reparieren und hoffen (17. Oktober 2010)
  8. EPI Institut für Edelsteinprüfung - Namensuche (Eingabe Angelit nötig)
  9. Mindat - Localities for Anhydrite
  10.  Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 369.

Weblinks

 Commons: Anhydrit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Wiktionary Wiktionary: Anhydrit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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