Cyanoacrylate

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Anionische Polymerisation von Methylcyanacrylat

Unter Cyanoacrylat, Cyanacrylat oder Alkylcyanacrylat versteht man polymerisierbare, bei Raumtemperatur flüssige chemische Verbindungen (Monomere), die häufig als Klebstoffe verwendet werden.

Chemisch gesehen handelt es sich um Ester der Cyanacrylsäure mit unterschiedlich langen Alkyl-Ketten. Als Beispiele lassen sich 2-Cyanoacrylsäuremethylester, n-Butylcyanacrylat und 2-Octyl-Cyanoacrylat nennen. Letztere werden heute in medizinischen Klebern eingesetzt. In flüssiger Form besteht Cyanoacrylat aus Monomeren wie Methyl-2-Cyanoacrylat (C5H5NO2; molare Masse: 111,1 g/mol, Siedepunkt: 79 °C) oder Ethyl-2-Cyanoacrylat (C6H7NO2); mol. Masse: 125,2 g/mol, Siedepunkt: 75 °C). Die spezielle Eigenschaft dieses Acryl-Harzes ist seine Fähigkeit zur anionischen Polymerisation, wobei ein Poly(alkylcyanacrylat) entsteht. Diese wird bereits durch geringe Konzentrationen an Hydroxid-Ionen gestartet (Reaktion siehe Abb.), so dass bereits die Hydroxidkonzentration durch Autoprotolyse (10–7 mol/L) unbehandelten Wassers genügt und ebenso die übliche Luftfeuchtigkeit. Daher müssen die Monomere unter Luftausschluss oder mit feuchtigkeitsabsorbierendem Natriumsilikat zusammen gelagert werden.

Ein Cyanoacrylat-Polymer ist eine lange Kette, die sehr gut an Oberflächen haftet und wasserfest ist. Die Polymerisationsreaktion ist (abhängig von der in der Umgebung vorhandenen Feuchte) bereits nach wenigen Minuten weitgehend abgeschlossen, volle Festigkeit erreicht der Stoff dann nach etwa 2 Stunden. Für spezielle Zwecke wurden Beschleuniger entwickelt, die auf Kosten der Endfestigkeit die Reaktion auf wenige Sekunden verkürzen. Durch organische Lösungsmittel wie Aceton oder 2-Butanon kann der Klebstoff problemlos gelöst werden. Bei tiefen Temperaturen treten durch unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten und der Sprödheit des glasartigen Polymerisats, wie auch bei anderen Klebstoffen, hohe mechanische Spannungen an der Klebfläche auf, und das eingefrorene Objekt „geht aus dem Leim“.

Die Polymerisationsreaktion von Cyanoacrylatklebern ist stark exotherm. Während beim flächigen Verkleben von Werkstücken immer eine ausreichende Wärmeabfuhr gewährleistet ist, kann bei verschüttetem Klebstoff an brennbaren Materialien Selbstentzündung auftreten[1]. Lediglich ein paar Tropfen auf einem Baumwollhemd reichen hierzu zwar nicht aus, dennoch sollte beim Umgang mit Cyanoacrylat stets Vorsicht walten.

Geschichte, Anwendung

Cyanoacrylat wurde erstmals vom amerikanischen Chemiker Harry Coover, der bei der Firma Eastman Kodak in New York arbeitete, während des Zweiten Weltkriegs entdeckt. Die gefundene Substanz klebte an allen Apparaturen, die damit arbeiten sollten. Bald wurde diese Eigenschaft aber gewinnbringend vermarktet: Cyanoacrylat wurde 1956 patentiert und mit Eastman 910 kam 1958 der erste Superkleber auf dieser Basis in den Handel. Cyanoacrylate haben heute als Sekundenkleber einen festen Platz bei Handwerk und Modellbau und sind in einer Vielzahl von Viskositäten und Eigenschaften verfügbar.

Für die Medizin stellte die Firma Eastman 1964 bei der FDA, der US-Behörde für Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit, den Antrag, mit Cyanoacrylat-Klebern menschliches Gewebe und Wunden kleben zu dürfen. Die spezielle Polymerisationsreaktion (siehe oben) hilft etwa bei Unfällen oder nahtlosen chirurgischen Eingriffen. Dank der Eigenschaft, massive Blutungen zu stoppen, entwickelte sich Cyanoacrylat schnell zu einem bedeutenden Instrument für Chirurgen und hat bis heute zahlreiche Menschenleben gerettet. Im Vietnamkrieg wurden Cyanoacrylat-Sprays als schneller Wundverband verwendet, wegen möglicher Hautirritationen wurden diese Klebstoffe allerdings nicht zur zivilen Verwendung freigegeben. Erst als im Jahre 1998 die Variante 2-Octyl-cyanoacrylat entwickelt wurde, konnte sich der Sprühverband auch im zivilen Gesundheitswesen verbreiten.

In der Kriminaltechnik wird Cyanoacrylat benutzt, um Fingerabdrücke sichtbar zu machen. Die Flüssigkeit wird dazu erhitzt und die entstehenden Dämpfe schlagen sich auf Fingerspuren nieder, die dazu allerdings noch eine gewisse Restfeuchtigkeit aufweisen müssen. Die Fingerspur wird dann als weißes Muster sichtbar.

Einzelnachweise

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