Altretamin

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Strukturformel
Struktur von Altretamin
Allgemeines
Freiname Altretamin
Andere Namen
  • Hexamethylmelamin
  • 2,4,6-Tris(dimethylamino)-1,3,5-triazin
  • N,N,N′,N′,N′′,N′′-Hexamethyl- 1,3,5-triazin-2,4,6-triamin (IUPAC)
  • N,N′,N′′-(1,3,5-Triazin-2,4,6-triyl)- tris(dimethylazan)
Summenformel C9H18N6
CAS-Nummer 645-05-6
PubChem 2123
ATC-Code

L01XX03

DrugBank DB00488
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Zytostatikum

Verschreibungspflichtig: ja
Eigenschaften
Molare Masse 210,28 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

171-175°C[1]

Löslichkeit

sehr schlecht in Wasser (91 mg·l−1 bei 25 °C)[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 302-315-319-335
P: 261-​305+351+338 [1]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [3][1]

Xn
Gesundheits-
schädlich
R- und S-Sätze R: 22-36/37/38
S: 26-36
LD50
  • 350 mg·kg−1 (Ratte, oral)[1]
  • 437 mg·kg−1 (Maus, oral)[4]
  • 265 mg·kg−1 (Ratte, intraperitoneal)[5]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Altretamin ist der Freiname eines Zytostatikums (Handelsname: Hexalen® (USA)), bei dem es sich chemisch um Hexamethylmelamin, nach IUPAC N2,N2,N4,N4,N6,N6-Hexamethyl-1,3,5-triazin-2,4,6-triamin handelt. Altretamin ist ein sechsfach methyliertes Derivat des Melamins und wird als Arzneistoff in der Behandlung von Ovarialkarzinomen verwendet.

Verwendung als Medikament und Eigenschaften

Altretamin ist zur palliativen Behandlung von Patientinnen mit rezidiven (wiederkehrend) oder refraktären (nicht ansprechend) Ovarialkarzinomen (Eierstockkrebs) zugelassen.[6][7]

Der genaue Wirkmechanismus von Altretamin ist noch weitgehend unbekannt. Es wird vermutet, dass die DNA- und RNA-Synthese im Zellkern gehemmt wird, beziehungsweise, dass durch die N-Demethylierung von Altretamin reaktive Zwischenprodukte entstehen, die kovalent an die DNA binden. Die kovalente Bindung führt wiederum zu einem DNA-Schaden.[8]

Altretamin selbst ist ein Prodrug, das in der Leber durch oxidative N-Demethylierung zu den eigentlich wirksamen N-(Hydroxymethyl)melaminen[9] verstoffwechselt wird. Der Wirkstoff wird – auch wegen seiner ausgesprochen schlechten Löslichkeit – oral eingenommen. Die schlechte Bioverfügbarkeit bei der oralen Aufnahme ist einer der wesentlichen Nachteile der Verbindung.[10]

Altretamin wird üblicherweise in 14- bis 21-täglichen Zyklen mit 14- bis 21-tägigen Pausen zwischen den einzelnen Zyklen verabreicht. Die Nebenwirkungen bei der Einnahme sind im Wesentlichen: Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen, sowie ein allgemeines Schwächegefühl.[11]

Altretamin ist schwach mutagen.[12]

Die Anwendung von Altretamin ist in den USA häufiger verbreitet als in Deutschland.[13] In Deutschland, Österreich und der Schweiz und auch verschiedenen anderen europäischen Staaten sind Altretamin-haltige Fertigarzneimittel nicht bzw. nicht mehr im Markt.[14] Altretamin ist in den USA als Arzneimittel für seltene Krankheiten (Orphan-Arzneimittel) ausgewiesen.[15]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Datenblatt 2,4,6-Tris(dimethylamino)-1,3,5-triazine bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 20. März 2011.
  2. Altretamin in der SRC PhysProp Database, abgerufen am 27. Mai 2009.
  3. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  4. T. C. Barnes und S. Frances: Toxicity of hexamethylmelamine (NSC-13875) in rats. In: Arch Int Pharmacodyn Ther 160, 1966, S. 83–95, PMID 6006448.
  5. E. S. Philips und J. B. Thiersch: The nitrogen mustard-like actions of 2,4,6-tris (ethylenimino)-s-triazine and other bis(ethylenimines). In: J Pharmacol Exp Ther 100, 1950, S. 398–407, PMID 14804279.
  6. M. Markman u. a.: Altretamine (hexamethylmelamine) in platinum-resistant and platinum-refractory ovarian cancer: a Gynecologic Oncology Group phase II trial. In: Gynecol Oncol 69, 1998, S. 226–229, PMID 9648592.
  7. T. J. Herzog: Recurrent ovarian cancer: how important is it to treat to disease progression? In: Clin Cancer Res 10, 2004, S. 7439–7449, PMID 15569973.
  8. National Cancer Institute altretamine eingesehen am 27. Mai 2009.
  9. H. M. Coley: N-(Hydroxymethyl) melamines. In: Gen Pharmacol 28, 1997, S. 177–182, PMID 9013191.
  10. G. Damia und M. D'Incalci: Clinical pharmacokinetics of altretamine." In: Clinical Pharmacokinetics 28, 1995, S. 439–448, PMID 7656502.
  11. drugs.com: Altretamine. (abgerufen am 19. September 2012)
  12. J. Ashby u. a.: Weak mutagenicity to Salmonella of the formaldehyde-releasing anti-tumour agent hexamethylmelamine. In: Mutat Res 142, 1985, S. 121–125, PMID 3919288.
  13. H. Meden: Ovarialkarzinom. Verlag Walter de Gruyter, 1996, ISBN 3-11-014956-7 S. 60.
  14. Pharmazeutische Stoffliste (ABDA-Datenbank), Juni 2009.
  15. Liste „Orphan Products Designated and/or Approved“ auf FDA: Designating an Orphan Product: Drugs and Biologics.

Literatur

  • D. J. Thompson u. a.: Reproduction and teratology studies on hexamethylmelamine in the rat and rabbit. In: Toxicol Appl Pharmacol 72, 1984, S. 245–254. PMID 6420936
  • C. Forbes u. a.: A rapid and systematic review of the clinical effectiveness and cost-effectiveness of topotecan for ovarian cancer. In: Health Technol Assess 28, 2001, S. 1–110. PMID 11701100
  • B. J. Foster: Role of hexamethylmelamine in the treatment of ovarian cancer: where is the needle in the haystack? In: Cancer Treat Rep 70, 1986, S. 1003–1014. PMID 3089597
  • B. J. Foster: Hexamethylmelamine: a critical review of an active drug. In: Cancer Treat Rev 13, 1986, S. 197–217. PMID 3102057
  • J. K. Chan u. a.: Oral altretamine used as salvage therapy in recurrent ovarian cancer. In: Gynecol Oncol 92, 2004, S. 368–371. PMID 14751188

Weblinks

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