Vermiculit

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Vermiculit
Vermiculite-362652.jpg
Glimmerartiger, tafeliger Vermiculit aus Paakkila, Tuusniemi, Ost-Finnland (Sichtfeld ca. 1,5 cm x 1,5 cm)
Chemische Formel

(Mg0,5,Ca0,5,Na,K)0,7(Mg,Fe,Al)3[(OH)2|(Al,Si)2Si2O10] · 4H2O

Mineralklasse Drei-Schichtsilikate (Phyllosilikate)
9.EC.50 (8. Auflage: VIII/H.21) nach Strunz
71.02.02d.03 nach Dana
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin monoklin-prismatisch (C2h ; 2/m) [1]
Farbe farblos, grauweiß, gelbbraun, graugrün, grün
Strichfarbe grünlich-weiß
Mohshärte 1,5 bis 2
Dichte (g/cm3) 2,3 bis 2,7
Glanz Fettglanz, manchmal erdig
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Bruch uneben
Spaltbarkeit vollkommen
Habitus blättrige, schuppige, massige Aggregate
Kristalloptik
Brechungsindex α=1,525 bis 1,561 β=1,545 bis 1,581 γ=1,545 bis 1,581 [2]
Doppelbrechung
(optischer Charakter)
Δ=0,020 [2] ; zweiachsig negativ
Pleochroismus farblos-gelbgrün bis braungrün-gelbgrün bis braungrün [1]
Weitere Eigenschaften
Schmelzpunkt 1315 °C

Vermiculit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Silikate und der Ordnung der Schichtsilikate. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der allgemeinen chemischen Zusammensetzung (Mg0,5,Ca0,5,Na,K)0,7(Mg,Fe,Al)3[(OH)2|(Al,Si)2Si2O10] · 4H2[3] oder etwas vereinfacht Mg0.7(Mg,Fe,Al)6(SiAl)8O20(OH)4 · 8H2O[4]. Die in Klammern angegebenen Elemente können sich jeweils gegenseitig vertreten, stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals (Substitution).

Vermiculit entwickelt ausschließlich blättrige, schuppige oder massige Aggregate, die entweder farblos sind oder durch Fremdbeimengungen grauweiß, gelbbraun, graugrün bzw. grün eingefärbt sein können.

Vermiculit gehört zu den Tonmineralen, die durch ihre Ionenaustauschfähigkeit maßgeblich zur Bodenfruchtbarkeit beitragen. Sie ähneln sowohl strukturell als auch von der Erscheinungsform den Glimmermineralen und bilden wie diese flockige Kristalle.

Etymologie und Geschichte

Der Name des Minerals leitet sich vom lateinischen Wort vermiculus („Würmchen“) ab und spielt auf die Eigenschaft trioktaedrischer Vermiculite an, sich bei plötzlichem Erhitzen auf 200 bis 300 °C in Richtung der kristallographischen c-Achse zu wurmförmigen Gebilden aufzublähen.

Klassifikation

Bereits in der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Vermiculit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“, wo er zwar zur großen Familie der „Tonminerale“ gehört, aber dennoch für sich allein die eigenständige Gruppe VIII/H.21 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Vermiculit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der inneren Struktur der Schichten, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Glimmertafeln, zusammengesetzt aus tetraedrischen oder oktaedrischen Netzen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Tibiscumit die unbenannte Gruppe 9.EC.50 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Vermiculit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Hydrobiotit, Illit und Brammallit in der „Glimmergruppe (Hydroglimmer-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 71.02.02d innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit 2:1-Lagen“ zu finden.

Bildung und Fundorte

In der Natur bildet sich Vermiculit hydrothermal aus Phlogopit oder Biotit. Natürliche dioktaedrische Vermiculite sind außer in der Tonfraktion von Böden, aus denen sie jedoch nicht rein abgetrennt werden können, bisher allerdings nicht gefunden worden.

Fundorte sind unter anderem die Halbinsel Kola in der Russischen Föderation, Phalaborwa in Südafrika sowie Milbury in den USA.

Kristallstruktur

Vermiculit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15) mit den Gitterparametern a = 5,35 Å; b = 9,26 Å; c = 28,89 Å und β = 97,1° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Strukturell lässt sich Vermiculit als di- und trioktaedrisches 2:1-Schichtsilikat beschreiben:

Jeweils zwei Lagen tetraedrisch koordinierter Kationen bilden mit einer dazwischenliegenden Lage oktaedrisch koordinierter Kationen eine solche 2:1-Silikatschicht. In trioktaedrischen Vermiculiten findet man in der Oktaederlage hauptsächlich Magnesiumionen, die für eine fast vollständige Besetzung der oktaedrisch koordinierten Kationenplätze sorgen. Die Tetraederlage besitzt ein Si4+:Al3+-Verhältnis von 1:2 bis 1:3. Durch diesen isomorphen Ersatz in den Tetraederlagen (Al3+ für Si4+) ergibt sich eine negative Überschussladung der Silikatschicht, die durch isomorphen Ersatz in den Oktaederlagen (z.B. Fe3+ für Mg2+) verringert werden kann.

In der Summe tragen Vermiculite eine negative Überschussladung von 1,2 bis 1,8 Elementarladungen pro Elementarzelle. Diese negative Überschussladung wird durch hydratisierte Kationen in der Zwischenschicht ausgeglichen. Abhängig von der Art des Zwischenschichtions und der chemischen Zusammensetzung der 2:1-Silikatschicht und abhängig von Wasserdampfpartialdruck und der Temperatur der das Mineral umgebenden Atmosphäre, befinden sich unterschiedlich große Wassermengen in der Zwischenschicht der Vermiculite.

Die Wassermenge und der entsprechende Basisebenenabstand d001 variieren in Abhängigkeit von Wasserdampfpartialdruck und Temperatur nicht kontinuierlich, sondern es sind diskrete Hydratationszustände mit scharfen Übergängen dieser Zustände zu beobachten. Mit zunehmender Temperatur oder abnehmendem Wasserdampfpartialdruck gehen die Vermiculite stufenweise in Hydratationszustände mit immer weniger Zwischenschichtwasser und damit kleineren d001-Basisebenenabständen über.

Verwendung

Vermiculit wird industriell in Katzenstreu und zur Produktion von Karnevalsartikeln (Feuerwerkskörper) eingesetzt. Da es anders als Asbest nicht krebserregend wirkt, findet es auch bei der Schall- und Wärmedämmung sowie im Brandschutz Anwendung. Die Hälfte der Jahresproduktion stammt aus Südafrika.

Vermiculit wird zudem in der Gemüsebranche als Deckmaterial von Setzlingen nach der Saat verwendet. Es ist leicht und hat die Fähigkeit, Licht zu reflektieren und Feuchtigkeit zu speichern. Dies verhindert eine übermäßige Erwärmung der Setzlinge und sorgt für ausgeglichenere Substratfeuchtigkeit.

Auch bei der Reptilienzucht und Reptilienhaltung, bei der die konstante Luftfeuchtigkeit im Terrarium, den Wet-Boxen und im Inkubator lebensnotwendig für die Tiere sind, werden häufig Vermiculite benutzt, da es überschüssige Feuchtigkeit, auch aus der Luft, aufnimmt, und bei Bedarf wieder abgibt.

Vermiculit findet aufgrund seiner geringen Wärmeleitfähigkeit (λ = 0,06 - 0,07 W/(m·K)) als Wärmedämmplatte oder nichtbrennbarer Plattenwerkstoff (A1 bzw. A2 nach DIN 4102) im Schiffsinnenausbau und auch im Hochbau seine Verwendung. Weltweit wird dieses Produkt unter den Markennamen „Fipro“, „Miprotec“, „Vermilite 2000“ und „Thermax“ angeboten.

Da Vermiculit einen hohen Schmelzpunkt hat (1315 °C), elektrisch nicht leitend ist und beim Gefrieren keine Schichtung auftritt, wird es als Kernmaterial bei Infrarotheizungen verwendet. [6]

In Verbindung mit Eisenpulver, Wasser, Cellulose (oder Polypropylen) Salz und Aktivkohle wird Vermiculit zu „Handwärmern“ verarbeitet. Beim Auspacken des Handwärmers (wenn also Luft an das Päckchen gelangt) wird ein extrem schneller Oxidationsprozess (in diesem Fall das Rosten des Eisens) ausgelöst. Das Salz dient dabei als Katalysator und die Aktivkohle hilft, die Wärme gleichmäßig im Handwärmer zu verteilen. Vermiculit fungiert als Isolator und Cellulose (oder PP) unterstützt die Verteilung der Luft zwischen den Bestandteilen, falls man die Handwärmer in feuchter Umgebung verwendet. Die dabei entstehenden Temperaturen erreichen bis zu 75 °C (ca. 180 °F). Die Wärme wird je nach Außentemperatur eine bis zwanzig Stunden gehalten. Diese Art Handwärmer sind jedoch nicht wiederverwendbar. Sie werden über den normalen Hausmüll entsorgt, weil sie nicht umweltschädlich sind.

Zur Verwendung in verschiedenen Bereichen, in denen es auf Saugfähigkeit und gute Wärmedämmung ankommt, wird Vermiculit durch trockenes Erhitzen vorbehandelt. Bei Temperaturen zwischen 700 und 1000°C wird das enthaltene Kristallwasser verdampft und drückt dabei die Kristallblättchen auseinander. Das Volumen und die Saugfähigkeit steigen deutlich an, während die Schüttdichte abnimmt. Dieses Material wird in der Industrie als expandiertes Vermiculite bezeichnet.[7]
Da Vermiculit – auch nach dem Expandieren – unbrennbar, aber in gewissem Maße saugfähig ist, wird er oftmals zur Verpackung flüssigen Gefahrgutes eingesetzt. Zum Beispiel werden in Glasflaschen abgefüllte Gefahrstoffe in Kartons oder Blechdosen gepackt und der Zwischenraum zwischen Glas und Umverpackung vollständig mit Vermiculit ausgefüllt. Auf diese Weise werden einerseits eventuell auslaufende Chemikalien absorbiert, andererseits wird schon im Vorfeld Glasbruch vermieden, da die umgebende Vermiculit-Schicht auch gut vor mechanischen Stößen gegen die Verpackung schützt.


Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Webmineral - Vermiculite (engl.)
  2. 2,0 2,1 MinDat - Vermiculite (engl.)
  3. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2002, ISBN 3-921656-17-6
  4. IMA/CNMNC List of Mineral Names - Vermiculite
  5.  Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 672.
  6. Redwell Austria - Aufbau und Funktion einer Infrarotheizung (PDF 758KB, S. 5)
  7. Produktbeschreibung der Deutschen Vermiculite Dämmstoff GmbH

Literatur

  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. 7. Auflage. Springer Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-540-23812-3
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag, ISBN 3-89555-076-0

Weblinks

 Commons: Vermiculit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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