Tschermigit

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Tschermigit
Tschermigit (Ammonalaun) - Tschermig, Böhmen.jpg
Tschermigit, Fundort Tschermig/Böhmen.
Chemische Formel

NH4Al[SO4]2 · 12H2O[1]

Mineralklasse Wasserhaltiges Sulfat
07.CC.20 (8. Auflage: VI/C.14) nach Strunz
29.05.05.03 nach Dana
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin kubisch-disdodekaedrisch 2/m 3
Farbe farblos bis weiß, farblos im durchscheinenden Licht
Strichfarbe weiß
Mohshärte 1,5 bis 2
Dichte (g/cm3) 1,65
Glanz Seidenglanz bis Glasglanz
Transparenz transparent
Bruch muschelförmig
Spaltbarkeit vollkommen nach {100}
Habitus
Kristalloptik
Doppelbrechung
(optischer Charakter)
 ; isotrop
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht wasserlöslich; bitterer, adstringierender Geschmack

Tschermigit, auch als Ammonalaun bekannt[2], ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Sulfate (und Verwandte). Es kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der Zusammensetzung NH4Al[SO4]2 · 12H2O[1], ist also chemisch gesehen ein Aluminium-Alaun.

Tschermigit findet sich meist in Form weißer Ausblühungen oder faseriger bis stängeliger Aggregate. Ausgeprägte Kristalle sind selten, können dann aber farblos und durchsichtig sein und eine Größe von etwa einem Zentimeter erreichen. Mit einer Mohshärte von 1,5 bis 2 liegt Tschermigit zwischen den Referenzmineralen Talk (1) und Gips (2), lässt sich also ähnlich wie diese gut mit dem Fingernagel ritzen.

Besondere Eigenschaften

Tschermigit ist, wie auch die anderen Alaune, gut in Wasser löslich (192g/l bei 25 °C). Aus diesem Grund ist Tschermigit nicht beständig und die Kristalle können schon bei hoher Umgebungsfeuchtigkeit zerfließen. Mineralproben sollten daher immer in luftdichten Behältern aufbewahrt werden. Oberhalb von etwa 93 °C gibt es sein Kristallwasser ab, wobei es sich dann darin löst. Die wässrigen Lösungen haben einen salzig-bitteren, adstringierenden Geschmack.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Tschermigit in Čermníky in der tschechischen Region Böhmen und beschrieben 1853 durch Franz von Kobell, der das Mineral nach seiner Typlokalität benannte bzw. dessen deutsche Bezeichnung „Tschermig“ (auch Tschermich).

Der Fundort Čermníky existiert inzwischen nicht mehr, da das Dorf dem Nechranice-Stausee weichen musste.

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Tschermigit zur Mineralklasse der „Sulfate, Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Alaun-(K) (ehemals Kali-Alaun), Lanmuchangit, Lonecreekit, Alaun-(Na) (ehemals Natron-Alaun), Voltait und Zincovoltait eine eigenständige Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Tschermigit ebenfalls in die Klasse der „Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ und dort in die Abteilung der „Sulfate (Selenate, etc.) ohne weitere Anionen, mit H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen und großen Kationen“ zu finden ist, wo er zusammen mit Lanmuchangit, Lonecreekit, Alaun-(K) und Alaun-(N) die „Alaungruppe“ mit der System-Nr. 07.CC.20 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Tschermigit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Säuren und Sulfate“ ein. Hier ist Tschermigit ebenfalls als Mitglied in der Alaungruppe mit der System-Nr. 29.05.05 und den weiteren Mitgliedern Alaun-(K), Alaun-(Na), Lonecreekit und Lanmuchangit innerhalb der Unterabteilung der „Wasserhaltige Säuren und Sulfate mit AB(XO4)2 × x(H2O)“ zu finden.

Bildung und Fundorte

Tschermigit bildet sich als Ausblühungen auf brennenden Kohlenhalden oder an den Rändern von Fumarolen. Die Abscheidung erfolgt aufgrund der hohen Wasserlöslichkeit ausschließlich aus der Gasphase und unter sehr trockenen Umgebungsbedingungen. Kristallbildungen aus übersättigten Lösungen sind in der Natur noch nicht bekannt geworden. Begleitminerale sind unter anderem Gips, Ammoniojarosit, Epsomit, Rostit, Alunogen, Boussingaultit, Mascagnin und Voltait.

Als seltene Mineralbildung konnte Tschermigit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden. Bisher (Stand: 2011) sind rund 60 Fundorte bekannt.[3] Neben seiner Typlokalität Čermníky trat das Mineral in Tschechien noch an mehreren Orten in Böhmen wie unter anderem Kladno, Mnichovo Hradiště und Sušice. Daneben fand es sich noch in den mährischen Gemeinden Zastávka und Žeravice.

In Deutschland wurde Tschermigit bisher in der Grube Clara bei Oberwolfach in Baden-Württemberg, der Grube Anna bei Alsdorf in Nordrhein-Westfalen, der Grube Königin Carola (auch Grube Paul Berndt) bei Freital in Sachsen und auf der inzwischen geschlossenen Absetzerhalde des Tagebaus Lichtenberg im Uranerzrevier Ronneburg in Thüringen.

In der Schweiz fand sich das Mineral bisher nur bei Brissago TI im Tessin und bei Collonges VS im Kanton Wallis.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Brasilien, China, der Demokratischen Republik Kongo, Frankreich, Italien, Japan, Polen, Portugal, Russland, der Slowakei, Spanien, Südafrika, Tadschikistan, Ungarn und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[4]

Kristallstruktur

Tschermigit kristallisiert im kubischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pa3 (Raumgruppen-Nr. 205) mit dem Gitterparameter a = 12,24 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Verwendung

Tschermigit bildet keine abbauwürdigen Lagerstätten. Aus diesem Grund hat es als Mineral zur Darstellung von Aluminium bzw. Aluminiumsalzen keine Bedeutung. Bekannte Verwendungszwecke sind nur von historischem Interesse.

in der Medizin

Durch seine adstringierende Wirkung kann Tschermigit, wie auch andere Alaune, als Deodorant oder Rasierstift eingesetzt werden. Im Englischen wird Tschermigit auch als Deodorant Stone bezeichnet.

Manipulationen und Imitationen

Aufgrund der leichten Herstellung von synthetischen Alaunkristallen werden diese häufig als Tschermigit angeboten. Zu beachten ist, dass natürlich gebildete Tschermigitkristalle klein und meistens wenig gut ausgeprägt sind. Weiterhin ist natürlicher Tschermigit weiß, während synthetische Alaune intensive grüne, blaue oder violette Farbtöne aufweisen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2  Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 388.
  2. Beudant, Trailé élémentaire de Minéralogie, second edition, (1832): Vol. 2: 497
  3. Mindat - Anzahl der Fundorte für Tschermigit
  4. Mindat - Tschermigite

Weblinks

 Commons: Tschermigite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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