Radioaktiver Niederschlag

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Radioaktiver Niederschlag (auch aus dem Englischen Fallout genannt) entsteht nach einer Kernwaffenexplosion oder nach einem schwerwiegenden Kernreaktorunfall. Eine bei jeder dieser Ursachen erfolgte Explosion transportiert Staub in die Atmosphäre. Dieser Staub verteilt sich in verschiedenen Schichten und mit verschiedenen Geschwindigkeiten und Richtungen als Aerosol. Daraus entstehender Niederschlag mit Staub als Kondensationskeimen wird auf der Erdoberfläche festgestellt und gemessen. Die Radioaktivität der Staubpartikel bringt eine erhebliche radioaktive Strahlenbelastung und gegebenenfalls Vergiftung mit sich. Ohne Staub gibt es keinen Fallout.

Schwarzer Regen

Eine Sonderform von radioaktivem Niederschlag ist der Schwarze Regen, der vor allem mit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki in Verbindung gebracht wird. Dieser hat unter anderem einen gleichnamigen Roman geprägt; er wird auch in vielen anderen Erzählungen mit dem Thema Atomkrieg erwähnt.

Die beim Zünden einer Atomwaffe freigesetzte Energie verdampft alles in ihrem Umkreis und entzündet weiter Entferntes. Die dabei entstehende Asche bzw. Rauch, hochgewirbelter Staub und der Wasserdampf vermischen sich mit den ebenfalls sublimierten radioaktiven Resten der Waffe zu einer radioaktiven Wolke, die sich beim Aufsteigen abkühlt und schließlich abregnet. Dieser radioaktive Regen ist aufgrund des hohen Aschegehalts schwarz.

Washout

Der Washout ist eine weitere Variante des radioaktiven Niederschlags. Beim Washout fallen radioaktive Teilchen von oben auf eine Wolkendecke oder sie vereinigen sich mit den in der Wolke befindlichen Regentropfen und fallen zu Boden. Dieser Effekt kann dazu führen, dass es noch in großen Entfernungen von der Quelle bei auftretenden Niederschlägen zur Ablagerung von kontaminierten Teilchen kommt. Das verstärkt die Strahlenbelastung betroffener Lebewesen, auch im Nahbereich.

Zusammensetzung und Stärke

Wesentlich für die Zusammensetzung und die Stärke des radioaktiven Niederschlages ist der Typ der Strahlungsquelle:

  • Bei einer Kernwaffe auf Uran/Plutoniumbasis entsteht viel radioaktiver Niederschlag, der zwar verglichen mit anderen Atomwaffen nicht sehr radioaktiv ist, dessen Langzeitfolgen aber katastrophal sind.
  • „Saubere“ Atomwaffen (nach dem Teller-Ulam-Design) erzeugen – im Verhältnis zu ihrer Sprengkraft – weniger radioaktiven Niederschlag, da bei diesem Konstruktionstyp viele nur sehr kurzlebige radioaktive Stoffe entstehen.
  • Sogenannte „schmutzige“ Atomwaffen mit einer Ummantelung aus 238U erzeugen generell viel Fallout. (Anm.: Der landläufige Begriff „Schmutzige Bombe“ bezeichnet keine Kernwaffe, sondern eine konventionelle chemische Bombe, die radioaktives Material enthält und bei der Detonation ein Gebiet radioaktiv kontaminiert)

Die Explosionshöhe spielt eine entscheidende Rolle: Bei unterirdischen und atmosphärischen Explosionen wird weniger radioaktiver Niederschlag erzeugt als bei so genannten Bodenexplosionen. Besonders viel radioaktiver Niederschlag entsteht bei halbunterirdischen Explosionen, die zwar unterirdisch gezündet werden, bei denen aber die Wucht der Explosion den Boden bis zur Erdoberfläche durchschlägt, eine Erdfontäne erzeugt und einen Explosionskrater hinterlässt.

Eine Explosion nuklearen Ursprungs verteilt die Explosionsöfen und Haupthitzefelder anders als normale Explosionen wie z. B. Sprengstoffbomben (TNT) oder EMP-Bomben (Elektromagnetische Strahlenbomben, die Elektrogeräte zerstören). Bei diesen liegen die Punkte extrem nah aneinander und auf das Zentrum konzentriert. Bei Atomsprengungen verteilen sich die Punkte in einem Radius von 300 m–1200 m (Ältere–Neuere) womit mehrere Explosionen stattfinden und somit drastische Mengen an Fallout bis zu 13 km in die Höhe geschleudert werden. Kommt nun das Wetter dazu, kann der Fallout (wie beim Super-GAU im Kernkraftwerk Tschernobyl) über mehrere hundert oder gar tausend(e) Kilometer (je nach Wetterlage) um die Erde getrieben werden.

Die Zusammensetzung des radioaktiven Niederschlags ist vielfältig. Wesentlich sind die Produkte, die aus der Spaltung von Uran oder Plutonium entstehen. Bekannte Spaltprodukte sind auch Isotope der Elemente Cäsium und Strontium. Ein Teil der Spaltprodukte ist gasförmig, weshalb auch bei vollständig unterirdischen Explosionen radioaktiver Niederschlag entsteht. Ursprünglich nicht radioaktive Elemente, die durch Neutronenabsorption in instabile Isotope verwandelt werden, tragen zum radioaktiven Niederschlag bei. Bei Wasserstoffbombenexplosionen wird radioaktives Tritium freigesetzt.

Verteilung bei Nuklearwaffen

Der radioaktive Niederschlag einer Atombombe kann sich über einige tausend Quadratkilometer große Gebiete verteilen. Seine Menge, Zusammensetzung und räumliche Verteilung hängt von vielen Faktoren ab:

  • Wetterlage (Windverhältnisse, Luftfeuchtigkeit, Regen zum Zeitpunkt der Zündung, Lufttemperatur bzw. thermische Bedingungen u.v.m.)
  • Zündungshöhe der Atombombe (die Hiroshima-Bombe wurde 580 Meter über Grund gezündet, die Nagasaki-Bombe 550 Meter über Grund)
  • Explosionsstärke der Atombombe (zwei identisch konstruierte Atombomben können recht verschiedene Explosionsstärken haben),

Daneben erhöht jede oberirdische Atombombenzündung (siehe auch Atombombentest) auch die radioaktive Belastung weltweit, da Elemente mit Halbwertszeiten von mehreren Jahren sich über die Erde verteilen. Die sogenannte Hintergrundstrahlung ist bis heute erhöht.

Besonders in den 1950er und 1960er Jahren war der weltweite radioaktive Niederschlag durch die oberirdischen Atomwaffentests der USA und Sowjetunion beträchtlich, so dass die oberirdischen Tests aus Strahlenschutz-Gründen durch eine Konvention von 1963 eingestellt wurden. China führte seinen letzten oberirdischen Atombombentest 1980 durch.

Während der weltweiten oberirdischen Kernwaffenversuche von 1954 bis 1966 wurde auf dem Boden der alten Bundesländer ein Fallout von 2500 Becquerel pro Quadratmeter 90Strontium und 4000 Becquerel pro Quadratmeter 137Cäsium gemessen. Ein Großteil der Ablagerungen ist auch heute noch vorhanden.

Verteilung bei Kernkraft-Unfällen

Tschernobyl

Die Katastrophe von Tschernobyl von 1986 hat auch einen Fallout erzeugt, der in Mitteleuropa niederging und bis heute messbar ist. In Neuherberg bei München maß die Gesellschaft für Strahlenforschung am 26. April 1986 19.000 Becquerel pro Quadratmeter für 137Cs - fast fünfmal so viel wie durch die Kernwaffentests. Außerdem lagerten sich pro Quadratmeter 210 Becquerel 90Sr ab. 90Sr ist ein Betastrahler mit einer Zerfallsenergie von 0,546 MeV und zerfällt mit einer Halbwertzeit von 28,78 Jahren zu 90Y, das wiederum unter Betazerfall zum stabilen 90Zr zerfällt. 90Sr ist ein häufig auftretendes Spaltprodukt bei der Kernspaltung von Uran, zum Beispiel von 235U in Kernkraftwerken.

Ursache der großräumigen Verfrachtung war der heftige Graphitbrand im Tschernobyl-Reaktor, der die radioaktiven Teilchen hoch in die Atmosphäre hinauf beförderte. Ein zwar sehr großer, aber relativ gesehen recht geringer Anteil des Fallouts ging auf die umliegenden Regionen der Ukraine, Weißrusslands und Russlands nieder. Die Bevölkerung im unmittelbaren Nahbereich des Kernkraftwerks hatte insofern Glück, dass der Wind vor der Evakuierung von Städten wie Pripjat vor allem dünnbesiedelte Gebiete bestrich.

In Tschernobyl gab es eine sehr hohe Freisetzung, die sich stark über den Erdball ausbreitete. Bei den im Westen gängigen Leichtwasser-Reaktoren ist infolge des vorhandenen Containments in der Regel mit einer geringeren Freisetzung zu rechnen. Diese bleibt aber infolge der hier fehlenden Brand-Thermik relativ bodennah (unsichtbare Wolke) und kann damit zu höheren Strahlendosen in der Nah-Umgebung führen als in Tschernobyl.

Fukushima

Die Strahlungsbelastung durch die Nuklearunfälle von Fukushima ist ein wesentlicher Teil dieser Nuklearkatastrophe.

Verteilung radioaktiver Partikel durch Brände

Während der Wald- und Torfbrände in Russland 2010 warnte das Katastrophenschutzministerium in Moskau davor, dass die Brände auf die Region Brjansk, besonders im Süden im Distrikt Nowosybkow übergehen, die bei der Tschernobyl-Katastrophe im April 1986 schwer verseucht wurden. Im schlimmsten Fall würden so erneut radioaktive Stoffe freigesetzt. Minister Sergej Schoigu warnte, dass, sollte dort ein Feuer ausbrechen, radioaktive Partikel mit dem Rauch emporsteigen und so weitere Gebiete durch radioaktiven Niederschlag verstrahlt werden könnten.[1]

Beim ersten britischen Kernwaffentest, der Operation Hurricane, entzündeten 1952 glühende kleine Metallreste Spinifex-Gras, das auf der Insel wuchs. Die bei der Explosion entstandene atomare Wolke erreichte eine Höhe von 4500 Metern.

Verteilung radioaktiver Partikel durch Wind

Radioaktiver Staub kann auch ohne Feuchtigkeit alleine durch Luftbewegungen große Gebiete kontaminieren. Eine solche Katastrophe ereignete sich z. B. 1967 – 1968 um den ausgetrockneten Karatschai-See, der zuvor jahrelang als Lagerstätte für radioaktiven Abfall aus der kerntechnischen Anlage Majak genutzt wurde. Nach einer Trockenheit trug der Wind radioaktiven Staub von der trockengefallenen, früher vom See bedeckten Fläche weg und belastete eine halbe Million Menschen sowie eine Fläche von etwa 1.800 km² mit 22 Tera-Becquerel Strahlung bzw. fünf Millionen Curie.[2][3]

Auswirkungen

Radioaktiver Niederschlag kann bei sehr hohen Dosen zur akuten und meist tödlichen Strahlenkrankheit, oder längerfristig bei kleineren, aber adäquaten Dosen zu Leukämie und Krebs (Tumoren) führen.

Die BIU veröffentlichte einen detaillierten Bericht über mögliche Auswirkungen von Kernschmelzunfällen bzw. deren radioaktiven Niederschlägen auf Menschen, Tiere und Pflanzen.[4] Der Bericht skizziert und kommentiert die Ergebnisse der "Deutsche Risikostudie Kernkraftwerke" - sowohl die der "Phase A" als auch die der "Phase B". Letztere stellten am 30. Juni 1989 der Bundesforschungsminister und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit der bundesdeutschen Öffentlichkeit vor.[4]

Überwachung und Information

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter informiert mit tagesaktuellen Messwerten über den Strahlenpegel im Niederschlag in Deutschland. Dazu dient das bundesweite ODL-Messnetz, welches die Orts-Dosisleistung mit etwa 1800 Sonden detektiert. Die aktuellen Messwerte sind im Internet auf der Homepage des Bundesamtes für Strahlenschutz einsehbar.[5]

Weblinks

 Commons: Nuclear fallout – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Einzelnachweise

cosmos-indirekt.de: News der letzten Tage