Joseph Priestley

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Joseph Priestley (* 13. März 1732jul./ 24. März 1733greg.[1] in Birstall bei Leeds, England; † 6. Februar 1804 in Northumberland, Pennsylvania, USA) war ein englisch-amerikanischer Theologe des Unitarismus, Philosoph, Chemiker und Physiker. Priestley beschrieb erstmals die Darstellung und Wirkung des Sauerstoffs. Er entdeckte Darstellungsmöglichkeiten für zahlreiche weitere Gase: Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid, Chlorwasserstoff, Ammoniak, Schwefelwasserstoff, Schwefeldioxid, Siliziumtetrafluorid.

Portrait Joseph Priestleys, gemalt von Rembrandt Peale, 1801

Leben

Priestley war Sohn eines Tuchmachers. Seine Mutter starb schon 1739, er wurde von seiner Tante, Sarah Keighley, adoptiert.[2] Priestley wurde meist zu Hause unterrichtet und begann mit 19 Jahren an einer Nonkonformisten-Schule in Daventry Theologie und alte Sprachen zu studieren. Sein Denken entwickelte sich vom Kalvinismus zum Unitarismus. Ab 1755 war er Prediger in einer nonkonformistischen Gemeinde in Needham Market (Suffolk).[2] 1758 übernahm Priestley eine zweite Pfarrerstelle in Nantwich und begann schon mit physikalischen Experimenten (Induktionsmaschine, Luftpumpe). [2] Von 1761 an war er als Lehrer an der Warrington Academy in Lancashire, einer privaten Handelsschule, tätig. Ein Jahr später erhielt er die Priesterweihe und heiratete Mary Wilkinson.

Black-and-white drawing of a two-story brick house along a road.
Priestleys Geburtshaus in Fieldhead, Birstall, West Yorkshire (ca. 10 km südwestlich von Leeds)[3]

Von 1763 an nahm er an Chemie-Kursen teil, ab 1765 verbrachte er regelmäßig einige Wochen in London, wo er mit führenden Wissenschaftlern zusammentraf. So auch mit Benjamin Franklin, der ihn zu elektrischen Experimenten ermutigte. 1766 wurde er in die Royal Society of London aufgenommen. 1767 erschien sein Buch Eine Geschichte der Elektrizitätslehre, er erhielt darauf die juristische Doktorwürde und wurde auch im Ausland bekannt.[4] Im folgenden Jahr wurde er Priester der Mill Hill Chapel in Leeds (Yorkshire). In dieser Zeit entwickelte sich sein Interesse an Chemie, speziell der Erforschung der Gase, der Optik. Er verfasste das Buch History and Present State of Discoveries Relating to Vision, Light, and Colours. 1772 wurde er von William Fitzmaurice-Petty, Earl of Shelbourne, auf dessen Familiensitz Bowood House als Bibliothekar und Privatlehrer angestellt (bis 1780).[4] 1773 erhielt er von der Royal Society die Copley Medal. Zwischen 1774–1780 verfasste er das fünfbändige Werk Experiments and Observations on different kinds of Air.[4] Seine eigenwilligen theologischen Ansichten hatten ihm schon in Needham Market Kritik eingetragen. Er radikalisierte sich weiter und wurde Unitarier. Wegen dieser Anschauungen wurde eine Einladung, als Astronom an James Cooks zweiter Expedition teilzunehmen, zurückgezogen. Um 1780 kam es auch zu einem Streit mit Graf Shelburne, so dass er nach Birmingham zog.[4] In Birmingham traf Priestley in der Lunar Society auf viele große Wissenschaftler Englands James Watt (Erfinder der Dampfmaschine) und Matthew Boulton, Erasmus Darwin (Arzt, Naturforscher, Großvater von Charles Darwin), William Murdock (Erfinder der Gasbeleuchtung), Richard L. Edgeworth (Erfinder eines Telegraphen), Josiah Wedgwood.[4]

Obgleich die Bedingungen in Birmingham sehr günstig waren, kam es aufgrund seiner theologischen Ansichten und politischen Betätigungen zum Bruch mit seinen Bekannten. Priestley trat für Menschenrechte und bekannte sich auch zu den Idealen der Französischen Revolution. Eines seiner Bücher wurde 1785 als häretisch öffentlich verbrannt. Wegen seines Eintretens für die Französische Revolution steckte der Mob 1791 sein Haus mit Labor und Bibliothek in Brand.[2] Er ging von Birmingham nach London und wanderte 1794 in die Vereinigten Staaten aus, wo er als Wissenschaftler sowie als glühender Verteidiger religiöser und politischer Freiheit willkommen geheißen wurde. In Pennsylvania wurde ihm ein Lehrstuhl in Chemie angeboten, den er jedoch ablehnte;[4] er wollte als Unitarier-Prediger tätig sein. Zu seinen engen Freunden zählten John Adams und Thomas Jefferson. Den Rest seines Lebens verbrachte er als Schriftsteller in Pennsylvania.

Entdeckungen

1767 veröffentlichte er The History and Present State of Electricity, eine Zusammenfassung, in der er auch seine umfangreichen Experimente beschrieb: Er hatte entdeckt, dass Kohle elektrisch leitend ist, und weiter festgestellt, dass zwischen Elektrizität und chemischen Vorgängen Zusammenhänge bestehen. Diese Arbeiten führten ihn zu dem Gebiet, für das er später am bekanntesten geworden ist: der Chemie - besonders Verbrennung und Atmung. Im Jahr 1770 entdeckte der Brite Edward Nairne, dass sich Kautschuk zum Entfernen von Bleistiftstrichen eignet. Joseph Priestley machte diese Entdeckung nach einer Beobachtung im selben Jahr publik und galt deshalb lange Zeit als der Erfinder des Radiergummis.

Priestleys spezielles Brennglas

Sauerstoff

Berühmt wurde Priestley, weil er am 1. August 1774 ein besonderes Gas (das Element Sauerstoff) in einer Zeitschrift beschrieb.[4] Beim Erhitzen von Quecksilberoxid (Ruber / Rotes Präzipitat) erhielt er reines Quecksilber und ein farbloses Gas, das Verbrennungsvorgänge stark fördert. Dieses Gas war in Wasser unlöslich, wurde es aber zusammen mit Stickoxid-Luft vereinigt, trat eine bedeutsame Gasverminderung - stärker als bei reiner Luft - in Verbindung mit Wasser auf. Er erkannte jedoch nicht, dass er ein bis dahin unbekanntes Element entdeckt hatte; vielmehr nannte er sein Gas dephlogisticated air. (Priestley blieb bis an sein Lebensende Anhänger der Phlogiston-Theorie). Später entdeckte er auch die Gewinnung von dephlogisticated air durch Erhitzen von Salpeter (1779).

Der Däne Ole Borch hatte bereits 1674 von einer Gasentwicklung beim Erhitzen von Salpeter berichtet, er hatte das Gas jedoch nicht isoliert und untersucht. Sauerstoff war von dem schwedischen Apotheker Carl Wilhelm Scheele mindestens ein Jahr vor Priestley dargestellt worden, doch erschien Scheeles Bericht erst 1777. Der Pariser Chemiker und Pharmazeut Pierre Bayen hatte wie Lavoisier bereits im Frühjahr (Februar, April) 1774 Versuche veröffentlicht, die auf eine Gewichtszunahme von Metallen durch ein Gas aus der Luft deuteten.[4] Bayen konnte zeigen, dass das Gas in Wasser löslich und schwerer als Luft ist. Ferner konnte er zeigen, dass reines Quecksilber in diesem Gas wieder zu Quecksilberoxid wird. Bayen hat das entstandene Gas jedoch chemisch nicht untersucht und gilt daher nicht als Entdecker des Sauerstoffs.[4] Fraglich ist, warum Priestley diesen Artikel in der französischen Zeitschrift nicht gelesen hatte, obgleich diese Zeitschrift in England zugänglich war. Lavoisier lud Lord Shelburne und Priestley im Oktober nach Paris ein, um sich über die gemachten Entdeckungen auszutauschen.[5] Dass dieses neue Gas in der Luft, dass die Verbrennung fördert, ein einzelner Stoff, ein chemisches Element ist, erkannte Lavoisier nach Wiederholung der Experimente von Bayen und Priestley in einem Vortrag am 26. April 1776. In einem späteren Buch schrieb Lavoisier, dass Priestley und Scheele fast zur gleichen Zeit wie er den Sauerstoff entdeckt haben. Priestley schrieb später, dass er den Sauerstoff entdeckt habe, aber dem entdeckten Stoff noch keinen Namen gegeben hätte.[4]

Im 18. Jahrhundert war bekannt, dass Tiere nicht in verschlossenen Glasbehältern überleben konnten. Priestley stellte fest, dass Pflanzen gut in abgeschlossenen Glasbehältern überleben konnten. Priestley untersuchte mit dem Holländer Jan Ingenhousz (ab 1779) die Gasbildung in Abhängigkeit von den Lichtverhältnissen (Photosynthese). Er stellte auch Versuche mit dem entstandenen Gas an, das er dephlogistierte Luft (Sauerstoff) nannte. Eine Maus überlebte in dieser geschlossen Gas-Atmosphäre und eine brennende Kerze verlosch nicht. Er atmete das Gas auch selbst ein und fühlte dabei eine Besserung im Brustraum. Priestley erkannte die Gefahr der Atmung von sehr vielen Lebewesen auf der Erde und den Nutzen der Pflanzen: Der Schaden, der der Atmosphäre ständig durch die Atmung einer solch großen Zahl von Lebewesen ... und durch die Verwesung pflanzlicher und tierischer Stoffen zugefügt wird, wird, zumindest teilweise, durch das Pflanzenwachstum wiedergutgemacht.[6]

Andere Gase

Seine Experimente wurden wegweisend für die folgende Entwicklung der chemischen Forschung. Er begann mit Kohlensäure (er wohnte nahe einer Brauerei), die allerdings bereits seit 1754 bekannt war. Die Copley Medal erhielt er für seine Erfindung des Sodawassers. Während der sechs Jahre in Leeds stellte er vier gasförmige Verbindungen her: die Stickstoffoxide, die er „nitrous air“, „red nitrous vapor“, „diminished nitrous air“ ( =Lachgas) nannte, und „marine acid air“ (Chlorwasserstoff). Bereits 1727 hatte Stephen Hales das Stickstoffoxyd dargestellt. Priestley konnte aber nachweisen, dass sich Luft zu 20 - 25 % in Stickstoffoxyd umwandeln lässt, da das Stickstoffoxyd aus der Luft durch Kalklösung absorbiert werden kann. Das übrig gebliebene Gas (Luft-Stickstoff) war weder zur Verbrennung noch zur Atmung geeignet. Er entwickelte ausgeklügelte Geräte (besonders eine erheblich verbesserte Falle, mit der auch wasserlösliche Gase isoliert werden konnten) und wandte bei seinen Untersuchungen besondere Sorgfalt an. (So erhitzte er etwa bei seinem berühmten Sauerstoff-Versuch das Quecksilberoxid nicht mit einer Flamme, sondern mittels eines Brennglases. So vermied er Kontamination mit Abgasen.) Neben den oben genannten Gasen stellte er Ammoniak, Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Schwefelwasserstoff, Siliziumtetrafluorid[2] her und erzeugte auch künstliche Mineralwässer mit den Gasen und beschrieb die Versuche in einer Folge von sechs Bänden Experiments and Observations on Different Kinds of Air.

Er beobachtete auch, dass sich ein Wasserniederschlag bildet, wenn Knallgas explodiert.

Lehre und Philosophie

Theologie[2]

  • Priestley glaubte an die Lehre der Auferstehung.
  • Verwerfung der Lehre der jungfräulichen Geburt, weil es keine Zeugen gab. Damit geriet er in Konflikt zur Staatskirche.
  • Anfertigung des Buches An die philosophisch Ungläubigen, um die Beweise des christlichen Glaubens zu untermauern.
  • Eintritt für die Menschenrechte und Ablehnung von Sklavenhandel.
  • Die Geistlichkeit soll nur kirchliche Pflichten und keine Ämter in der Politik haben.
  • Jede Person sollte das Recht haben, die eigenen religiösen Überzeugungen zu äußern. Religiöse Strafgesetze sollten abgeschafft werden.
  • Kirchenkritische Schriften: History of the Corruptions of Christianity (1782) und A General History of the Christian Church (sechs Bände 1790-1803) und The Doctrines of Heathen Philosophy Compared with those of Revelation (postum erschienen).
  • Priestley betrachtete seine naturwissenschaftliche im Vergleich zu seiner theologischen Arbeit als Nebensache. Er glaubte jedoch auch an den Stein der Weisen und sah in der Naturwissenschaft ein Mittel, um das Leben der Menschheit zu verbessern.

Sonstiges

Priestley war nicht nur als Prediger und Naturwissenschaftler aktiv: 1761 erschien sein Lehrbuch der englischen Sprache Rudiments of English Grammar, das für Jahrzehnte in Gebrauch bleiben sollte. In den folgenden Jahren verfasste er die Theory of Language and Universal Grammar (1762), Essay on a Course of Liberal Education for Civil and Active Life (1765), und Lectures on History and General Policy (1765, 1788). Mit diesen Schriften förderte er, ganz im Gegensatz zu den damals üblichen Lehrplänen, praktische Bildung seiner Studenten und machte die Warrington Academy zu einer Ausbildungsstätte mit besonders gutem Ruf.

1769 veröffentlichte er seinen Essay on the First Principles of Government, and on the Nature of Political, Civil, and Religious Liberty.

Trotz seiner extrem kritischen Anschauungen war Priestley zeitlebens ein frommer Mensch und fühlte sich als gläubiger Christ.

In der Biologie bekannt sind die so genannten "Priestley-Versuche": Eine brennende Kerze wird in einen hermetisch abgeschlossenen Behälter gestellt. Sie erlischt nach kurzer Zeit. Eine brennende Kerze und eine lebende Maus in demselben Behälter: Die Kerze erlischt in kürzerer Zeit, die Maus stirbt.
Legt man für eine Zeit einen Zweig in denselben Behälter, kann eine nächste Kerze wieder brennen, eine Maus wieder für eine kurze Zeit leben.
Hält man Pflanzen und eine Maus in einem großen, luftdicht abgeschlossenen Behälter, leben beide länger als eine Maus oder die Pflanzen allein.

Literatur

  • Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexikon; 10. Auflage 1853, F. A. Brockhaus Leipzig
  • T.E. Thorpe: Joseph Priestley, J.M. Dent, London 1906.
  • Günther Bugge: Das Buch Der Grossen Chemiker, Georg Lockemann: Priestley, Verlag Chemie, Weinheim 1974, S. 263-273, ISBN 3-527-25021-2
  • Bennet R. Willeford, Das Portrait: Joseph Priestley, Chemie in unserer Zeit, Verlag Chemie, Weinheim, 13. Jahrgang August 1979, S. 111 ff., ISSN 0009-2851

Einzelnachweise

  1. Vor 1752 wurde in England der Julianische Kalender benutzt. Außerdem begann das Jahr am 25. Märzjul., also rund drei Monate nach dem Jahreswechsel im kontinentalen Europa. Priestley schrieb in einem Brief an Wedgwood datiert vom 23. März 1783: "This day I complete my half century" (siehe Thorpe, Seite 2). Demnach ist er am 24. März 1733greg. geboren.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Bennet R. Willeford: Joseph Priestly In: Chemie in unserer Zeit 13. Jahrgang, August 1979, S. 111 ff.
  3. Schofield (1997), 2.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 4,8 4,9 Prof. Georg Lockemann: Joseph Priestly In: Das Buch Der Grossen Chemiker, Verlag Chemie GmbH, Band 1, Weinheim 1974, S. 263 ff.
  5. Joseph Priestley: An Account of Further Discoveries in Air. By the Rev. Joseph Priestley, LL.D. F. R. S. in Letters to Sir John Pringle, Bart. P. R. S. and the Rev. Dr. Price, F. R. S. Phil. Trans. January 1, 1775 65:384-394; doi:10.1098/rstl.1775.0039 (Volltext)
  6. Bennett R. Willeford: Joseph Priestley, Chemie in unserer Zeit, Verlag Weinheim, August 1979, S. 111

Weblinks

 Commons: Joseph Priestley – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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