Parallelwelt

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Der Begriff Parallelwelt oder Paralleluniversum bezeichnet eine Welt oder ein Universum, das außerhalb des bekannten Universums existiert. Die Gesamtheit aller Parallelwelten wird als Multiversum bezeichnet. Parallelwelten sind vor allem aus der Science-Fiction bekannt, ihre theoretische Möglichkeit wird jedoch auch in Bereichen der Physik diskutiert, z. B. aktuell in der Astrophysik der sogenannte Dunkle Fluss. In einem übertragenen Sinne wird der Begriff auch in der Psychologie und in den Gesellschaftswissenschaften verwendet.[1]

Die Viele-Welten-Interpretation der Quantenmechanik

Hauptartikel: Viele-Welten-Interpretation

Die Viele-Welten-Interpretation ist eine Interpretation der Quantenmechanik, die 1957 von Hugh Everett erstmals vorgeschlagen wurde. Als solche zielt sie darauf ab, zu erklären, weshalb sich die Wahrscheinlichkeiten zur Messung jedes Messwerts in einem quantenmechanischen System zu jeder Zeit genau vorhersagen lassen, jedoch im allgemeinen nicht das Ergebnis einer einzelnen Messung. Eine Variante der Viele-Welten-Interpretation basiert auf dem Gedanken, das beobachtbare Universum sei nur ein Teil der gesamten Wirklichkeit, die aus vielen nebeneinander existierenden Welten besteht, in denen quantenmechanische Einzelmessungen andere Resultate ergeben.

Im Zusammenhang mit dieser Interpretation der Quantenmechanik führte Andy Nimmo im Dezember 1960 bzw. Februar 1961 in einem Vortrag über Everretts Ideen den Begriff des Multiversums ein. Nach seiner Wortverwendung ist ein Multiversum „ein [unserer Beobachtung] manifestes Universum, wovon eine Vielzahl das gesamte Universum ausmachen“ ("an apparent universe, a multiplicity of which, go to make up the whole universe"). Im Kontext von Interpretationen der Quantenmechanik verwendete den Ausdruck Multiversum z.B. David Deutsch, allerdings in der Bedeutung der unendlichen Gesamtheit aller physikalisch möglichen Aufteilungen der Realität in lokale physikalische Systeme[2]. Hier entspricht dem Ausdruck "Multiversum" also ungefähr, was Nimmo stattdessen "gesamtes Universum" nennt. Deutsch schlug vor, die Struktur des "Multiversums" mittels der Quanteninformation zu erklären, in Analogie zu den unendlichen vielen Möglichkeiten innerhalb der allgemeinen Relativitätstheorie, die Raumzeit auf Hyperflächen zu beziehen, wobei Deutsch beide Ansätze als Grenzfälle einer noch zu entwickelnden Theorie verstehen möchte, welche die dann die Struktur des Multiversums unter Bedingungen der Quantengravitation beschriebe.

Theorien zum Urknall

Die Bildung des Universums aus einer „Blase“ eines Multiversums wurde von Andrei Dmitrijewitsch Linde erdacht und passt gut in die weithin akzeptierte Theorie der Inflation im Frühstadium des Universums. Sie wird auch von Alexander Vilenkin vertreten.

Die Theorie eines Multiversums zielt auf eine Erklärung für die genaue Feinabstimmung der Naturkonstanten ab. Jedes einzelne Universum hat beliebige Werte für seine jeweiligen Naturkonstanten (z. B. Feinstrukturkonstante, Gravitationskonstante, …). In den meisten Universen ist wegen der ungünstigen Werte kein Leben möglich – in anderen jedoch schon. Das beobachtbare Universum gehört zu der Teilmenge von Universen, in denen intelligentes Leben möglich ist, sonst könnten wir diesen vermeintlichen Zufall nicht beobachten. Der letztgenannte Gedankengang ist als anthropisches Prinzip bekannt.

Psychologie

In der Psychologie wird der Begriff der Parallelwelt manchmal verwendet, um Verhaltensweisen der Realitätsflucht zu bezeichnen. So können Menschen mit Hilfe der Phantasie unerfüllbare Sehnsüchte, Wünsche oder Bedürfnisse imaginär ausleben oder unerträgliche Situationen verdrängen, indem sie sich Parallelwelten bzw. „Ersatzwirklichkeiten“ schaffen. In der Parallelwelt denkt sich der Phantasierende in eine oder mehrere virtuelle, gewünschte Rollen hinein, kommuniziert mit den darin lebenden Personen und schafft eine Umgebung, in der die realen Hemmnisse für seine Sehnsüchte nicht mehr vorhanden sind.

Dies ist bis zu einem gewissen Grade normal und als Ausgleich zu Stresserfahrungen sogar hilfreich für die psychische Regeneration und Entspannung – wie ja auch der Traum, auf den der Mensch ebenfalls nicht verzichten kann, als Parallelwelt angesehen werden kann. Im Zuge von Persönlichkeitsstörungen können Phantasiewelten jedoch auch problematische Ausmaße annehmen, vor allem dann, wenn diese Welten bedeutender werden als die eigentliche Realität, wie es beim Eskapismus der Fall ist. Auch Medienangebote wie Fernsehen, Computerspiele oder das Internet können hierbei eine Rolle spielen.

Parallelwelten in der Kunst

In Filmen wird das Konzept eines Multiversums oft umgesetzt durch den Übergang von der realen in eine Traumwelt (Der Zauberer von Oz) oder durch die Darstellung von alternativen Handlungssträngen ("Was wäre, wenn...?"); Beispiele dafür sind Werke wie Butterfly Effect, Lola rennt, Ist das Leben nicht schön? oder Zurück in die Zukunft.

Eine maßgebliche Rolle spielen Parallelwelten auch im Star Trek Franchise. In allen fünf Serien als auch diversen Filmen tauchen solche alternativen Realitäten auf, teilweise auch über mehrere Episoden (Star Trek: Deep Space Nine). Dort existiert ein Paralleluniversum, in dem die Hauptcharaktere teilweise gänzlich ins Gegenteil verkehrte Wesenzüge haben und die politische Lage eine andere ist (und damit häufig andere Charakterentwicklungen bedingt). In Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert kommen unterschiedliche Zeitstränge vor, Episoden beginnen in veränderten Realitäten die manchmal auffälig sind (die Föderation befindet sich im Krieg), manchmal nur sehr subtil.

Außerdem wird das Thema in der seit 2008 ausgestrahlten Fernsehserie Fringe verstärkt aufgegriffen und verarbeitet, besonders ab der 2. Staffel. Auch in der Buchtrilogie "His dark materials", welche im Deutschen vor allem durch den Film "Der Goldene Kompass" bekannt wurde, findet die Handlung besonders ab dem 2. Buch (Das magische Messer) in parallelen Welten statt. Ebenso wird beim "Dunklen Turm"-Zyklus von Stephen King die Vorstellung eines Multiversums gebildet, in dem der Hauptakteur, der Revolvermann Roland Deschain, erst durch mehrere Zeiten und Parallelwelten schreiten muss, um letztendlich zum dunklen Turm zu gelangen.

Literatur

  •  Carr, Bernard (Hrsg.): Universe or Multiverse?. Cambridge University Press, 2007, ISBN 978-0-52-184841-1.
  • Adams, Fred: Leben im Universum, Stuttgart, Dt. Verl.-Anst., 2004
  • Adams, Fred/Laughlin, Greg: Die fünf Zeitalter des Universums; Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart-München, 2000
  • Barrow, John: Der Ursprung des Universums - Wie Raum, Zeit und Materie entstand, München, C. Bertelsmann 1998
  • Deutsch, David Die Physik der Welterkenntnis, DTV München, 2000 (Titel der englischen Ausgabe: Fabric of Reality, 1997)
  •  Deutsch, David: Die Welt ist bizarr. In: Der Spiegel. Nr. 11, 14. März 2005 (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39694676.html).
  • Ferris, Timothy: Chaos und Notwendigkeit, Report zur Lage des Universums, München, Droemer, 2000
  • Guth, Alan: Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts - Die Theorie des inflationären Universums, München, Droemer 1999
  • Hürter, Tobias/ Rauner, Max: Die Welt der anderen, in: Zeit Wissen 2008, Nr. 2, S. 40-47
  • Hürter, Tobias/Rauner, Max: Die verrückte Welt der Paralleluniversen, Piper, München/Zürich, 2010
  • Kaku, Michio: Im Paralleluniversum: Eine kosmologische Reise vom Big Bang in die 11. Dimension (Übersetzer: Hainer Kober), Rowohlt, 2005, ISBN 978-3499619489
  • Randall, Lisa: Verborgene Universen - Eine Reise in den extradimensionalen Raum, S.Fischer Verlag, Frankfurt Nov. 2006 (3.Aufl.), ISBN 978-3-10-062805-3
  • Rauner, Max: Aus! Die Physik steckt in der Krise: Der Traum von der Weltformel ist geplatzt, die neuen Theorien sind kaum mehr überprüfbar, www.zeit.de/2006/05/Kosmologie
  •  Vaas, Rüdiger: Inflation der Universen. In: Bild der Wissenschaft. 11/2005.
  • Vaas, Rüdiger: Tunnel durch Raum und Zeit, Franckh-Kosmos, Stuttgart 2006 (2. Aufl.)
  • Sundmacher, Ingo: Von Quanten und unsterblichen Soldaten, UB Tübingen 2002 (Multiversum als inhaltlich-stilistische Grundlage im Werk des zeitgenössischen dänischen Autors Ib Michael) (PDF)
  • Weinberg, Steven: Living in the Multiverse, Eröffnungsvortrag bei dem Symposium Expectations of a Final Theory, Trinity College, Cambridge, 2. September 2005, hep-th/0511037
  • Wolf, Fred Alan: Parallele Universen - Die Suche nach anderen Welten, Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 1993

Siehe auch

  • Fiktives Universum #Mehrere parallele fiktive Welten (Multiversen in der Literatur)

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Multiversum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary Wiktionary: Parallelwelt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Zum Beispiel schrieb Der Spiegel 2010 in einem Kommentar: Als Augsburger Bischof vertrat Walter Mixa eine Kirche, wie sie sich Papst Benedikt XVI. wünscht: fundamentalistisch, Rom ergeben, rückwärtsgewandt. Der Staat muss sich fragen, wie lange er eine katholische Parallelwelt dieses Zuschnitts noch alimentieren will.]
  2. Vgl. D. Deutsch: The Structure of the Multiverse, 2001.

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