Kieselrot

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Als Kieselrot bezeichnet man eine rote Schlacke, die bei einem während des Zweiten Weltkriegs angewandten Röstreduktionsverfahren zur Kupfergewinnung anfiel. In Deutschland wurde sie in den 1950er und 1960er Jahren vor allem als Belag für Sportplätze verwendet. Die Dioxin-Belastung von Kieselrot wurde erst 1991 entdeckt. In der Folge wurden zahlreiche Spiel- und Sportplätze gesperrt und saniert. Kieselrot enthält ein typisches Dioxinmuster, in dem hochchlorierte Dibenzofurane dominieren. Daneben enthält es weitere hochchlorierte Verbindungen wie Hexachlorbenzol und polychlorierte Biphenyle.

Geschichte

Während des Zweiten Weltkriegs wurden in Marsberg (Westfalen) Kupferschiefer-Vorkommen mit einem Kupfergehalt von nur 1,3–1,5 % abgebaut. Sie enthielten neben anderen Verunreinigungen bis zu 10 % Bitumen. Um möglichst viel Kupfer aus dem niedrigkonzentrierten Erz zu erhalten, verwendete man das Röstreduktionsverfahren: dem Kupferschiefer wurden bis zu 8 % Kochsalz und 2 % Pyrit beigemischt, dann wurde das Gemisch bei Temperaturen von 450–600 °C geröstet. Dabei bildeten sich lösliche Kupfersalze, die aus dem erkalteten Roherz ausgelaugt werden konnten. Die zurückbleibende Schlacke wurden auf Halden deponiert.[1]

Von 1955 bis 1967 baute die Marsberger Tiefbaufirma Möllmann & Co zwischen 400.000 und 800.000 t dieser Schlacke wieder ab. Sie wurde unter der Bezeichnung Marsberger Kieselrot als Belag für Sport- und Spielplätze oder für den Straßen- und Wegebau verkauft. Man verwendete das Material vor allem in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Bremen.[2]

Erst 1991 fielen bei Bodenuntersuchungen extrem hohe Dioxingehalte in der Nähe von Sport- und Spielplätzen auf, deren Belag aus Kieselrot bestand. Nachdem die Zusammenhänge geklärt waren, wurden in Deutschland etwa 1400 Sport- und Kinderspielplätze gesperrt. Da man bei Untersuchungen trotz der hohen Belastung nur eine geringe Dioxinaufnahme aus dem Belag fand, wurde ein Teil der Sportplätze einige Zeit später wieder für den Gebrauch freigegeben.[3] Sie sind heute zum größten Teil saniert.[4]

Schadstoffbelastung

Durch das Zusammenkommen von Kohlenstoff, Schwefel und Chlor bei einer vergleichsweise niedrigen Rösttemperatur entstanden im Röstgut erhebliche Verunreinigungen mit hochchlorierten Organochlorverbindungen. In der Schlacke wurden Chlorbenzole, Chlorphenole, polychlorierte Biphenyle und polychlorierte Naphthaline nachgewiesen. Daneben waren auch schwefelhaltige Verbindungen wie chlorierte Benzothiophene enthalten.

Die größte Bedeutung unter den Schadstoffen in der Schlacke haben die polychlorierten Dibenzodioxine und Dibenzofurane. Charakteristisch für das Dioxinmuster von Kieselrot ist der besonders hohe Anteil der hochchlorierten Dibenzofuran-Kongenere. Als Gesamtgehalte an Dioxinen wurden 10.000–100.000 ng I-TEQ/kg Trockenmasse bestimmt.[1]

Gehalte an polychlorierten Dioxinen (PCDD) und Furanen (PCDF) von Kieselrot in µg/kg[1]
Cl1DD - Cl3DD k.A. Cl1DF - Cl3DF k.A.
Cl4DD 9 Cl4DF 100
Cl5DD 23 Cl5DF 244
Cl6DD 32 Cl6DF 615
Cl7DD k.A. Cl7DF 1675
Cl8DD 530 Cl8DF 3140
Gesamt-PCDD 730 Gesamt-PCDF 6311

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Karlheinz Ballschmiter, Reiner Bacher: Dioxine. Verlag Chemie (VCH), Weinheim 1996, ISBN 3-527-28768-X
  2. Schul-AG Kieselrot aus Kassel: Kapitel 3.4 Die Verbreitung von "Kieselrot"
  3. J. Wittsiepe, U. Ewers, F. Selenka: PCDD/F-Belastung nach Exposition gegenüber Kieselrot (Version vom 13. Juni 2007 im Internet Archive). in DECHEMA (Hrsg.): Kriterien zur Beurteilung organischer Bodenkontaminationen: Dioxine und Phthalate. S. 409–430, Frankfurt (1995)
  4. Pressemeldung des Landessportbundes Hessen: Mögliche Gesundheitsbelastungen durch Kieselrot jetzt ausgeschlossen. 12. Februar 2004

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