Überkritisches Kohlenstoffdioxid

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Phasendiagramm von Kohlenstoffdioxid (nicht maßstabsgerecht)
Kohlenstoffdioxid am kritischen Punkt

Überkritisches Kohlenstoffdioxid (auch superkritisches Kohlenstoffdioxid oder scCO2, von englisch "supercritical") ist Kohlenstoffdioxid in einem fluiden Zustand über seiner kritischen Temperatur und seinem kritischen Druck.

Eigenschaften

Im überkritischen Aggregatzustand hat Kohlenstoffdioxid deutlich andere Eigenschaften als unter Normbedingungen, die zwischen den Eigenschaften von Gas und Flüssigkeit liegen. So ist es genauso dicht wie eine Flüssigkeit, hat aber dieselbe Viskosität wie ein Gas.[1]

Superkritisches CO2 entsteht, wenn Druck und Temperatur über dem kritischen Punkt Pc für Kohlenstoffdioxid liegen, also bei einer Temperatur von mehr als 304,13 K (30,980 °C) und bei einem Druck von über 7,375 MPa (73,75 bar). Das kritische molare Volumen beträgt 94 cm3·mol-1.[2]

Die Lösungsmitteleigenschaften hängen stark von der Dichte ab, die sich in einem relativ weiten Bereich einstellen lässt. Eine höhere Dichte erhöht dabei die Löslichkeit der meisten Stoffe.

Verwendung

Durch die leichte Verfügbarkeit, die Ungiftigkeit und die leichte Abtrennung von den gelösten Stoffen ist überkritisches Kohlenstoffdioxid ein vielversprechendes Lösungsmittel für vielfältige Anwendungen.

Überkritisches Kohlenstoffdioxid ist dank seiner Fließfähigkeit eine überaus agile Substanz. Dadurch kann es in andere Stoffe eindringen und wird in der Industrie als Extraktionsmittel oder Destraktionsmittel (z. B. zur Entkoffeinierung von Kaffee) genutzt, weil es eine hohe Löslichkeit für organische Bodensubstanzen aufweist. Der Prozessfortschritt kann dabei zum Beispiel on-line mittels NIR-Techniken verfolgt werden.[3] Im Jahr 2007 wurden bereits ein Fünftel aller entkoffeinierten Kaffees durch Extraktion mit überkritischem Kohlenstoffdioxid hergestellt.[4] Es wird aber auch für eine Vielzahl anderer industrieller Prozesse als Aufschäummittel, Kühlmittel und Lösungsmittel[5] genutzt.
Mit überkritischem CO2 lassen sich organische Präparate sehr schonend trocknen (z.B. für die Rasterelektronenmikroskopie). Dabei werden die Proben erst vernetzt, das Wasser stufenweise gegen ein Lösemittel ausgetauscht (meist Aceton) und das Aceton mit überkritischem CO2 ausgetragen. Durch diese Vorgehensweise bleiben die Strukturen weitestgehend erhalten und es treten nur wenige Artefakte auf. Das Verfahren wird Kritische Punkt Trocknung oder Überkritische Trocknung genannt.

Neuere Studien haben gezeigt, dass überkritisches Kohlenstoffdioxid eine effektive Alternative für die Sterilisation von biologischem Material und medizinischen Instrumenten ist. Der Prozess läuft unter milden Bedingungen ab und erhält die Morphologie und das Proteinprofil von Totimpfstoffen.[6] Im Labormaßstab wurde überkritisches Kohlenstoffdioxid als Extraktionsmittel bei der Bestimmung von polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen in Böden und festen Abfällen sowie der Bestimmung von extrahierbaren Kohlenwasserstoffen in Sedimenten, Flug-Asche, Wasser und anderen Medien verwendet.[7]

Seit über 30 Jahren findet es Verwendung bei der Ölexploration durch Enhanced Oil Recovery, da mit überkritischem Kohlenstoffdioxid der Austrag von Öl aus Lagerstätten deutlich gesteigert werden kann. Auch bei der angedachten Verbringung von Kohlenstoffdioxid in den Untergrund (Sequestration) wird das injizierte Gas auf Grund der Druck- und Temperaturbedingungen in vielen Fällen dort im überkritischen Zustand vorliegen.

Auch in Bereichen von aktiven Vulkanen muss davon ausgegangen werden, dass Kohlenstoffdioxid in Tiefen von 1 km oder mehr im überkritischen Zustand vorliegt. Eine Verwendung von überkritischem Kohlenstoffdioxid ist denkbar bei der geothermischen Nutzung von trockenen Gesteinen in Tiefen ab 4 km. Hier hat überkritisches Kohlenstoffdioxid gegenüber Wasser Vorteile, die insgesamt eine um 30 % bessere Energiebilanz bedingen.

Einsatz in der Analytik

Überkritisches Kohlenstoffdioxid wird in der überkritischen Fluidchromatographie als mobile Phase eingesetzt.

Literatur

Einzelnachweise

Weblink

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