Trockenvergärung

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Die Trockenvergärung oder auch Trockenfermentation ist ein spezielles Verfahren zur Erzeugung von Biogas. Vergleichsweise trockene und faserige Biomasse wie Mist und Gras, die in nassvergärenden Biogasanlagen problematisch sein können, kann so erschlossen werden. Die missverständliche Bezeichnung des Verfahrens als "trocken" dient der Abgrenzung von der Nassvergärung. Die verwendeten Substrate enthalten meist trotzdem einen sehr hohen Anteil an Wasser (bis zu 70 %). Zudem wird das Material, je nach Verfahrensvariante, vor der Vergärung mit Prozessflüssigkeit angemaischt oder während der Vergärung mit wässriger Flüssigkeit besprüht, um die notwendigen mikrobiellen Prozesse (anaerober Abbau) zu ermöglichen.

Von 2004 bis 2008 errichtete Biogasanlagen konnten unter bestimmten Bedingungen den durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2004 garantierten Technologiebonus für die Trockenfermentation in Anspruch nehmen, der eine um 2 cent pro eingespeister kWh Strom erhöhte Vergütung für 20 Jahre ermöglicht.

Verfahren

Bei der Trockenfermentation gibt es verschiedene Verfahrensvarianten. Häufig werden sogenannte Garagenfermenter verwendet. Anders als bei der Nassvergärung, bei der das Gärsubstrat flüssig bis zähflüssig (pumpfähig) ist, kann hier keine kontinuierliche Durchmischung und kein kontinuierlicher Betrieb eines einzelnen Fermenters stattfinden. Stattdessen ist ein Batchbetrieb mit regelmäßiger Entleerung und Neubefüllung mit dem stapelbaren Substrat notwendig. Durch den gestaffelten Betrieb mehrerer Fermenter an einer Anlage kann jedoch eine recht gleichmäßige Gasproduktion erreicht werden, so dass nachfolgende Komponenten, wie beispielsweise ein BHKW, dennoch eine hohe Auslastung erfahren. Bei der Gärung austretende Flüssigkeit (Perkolat) wird aufgefangen und dem Gärgut (Gärsubstrat) von oben wieder zugeführt, dadurch wird es immer wieder mit Mikroorganismen beimpft und die Vergärung kontinuierlich in Gang gehalten. Die Faulzeit bei der Trockenvergärung beträgt, abhängig von Qualität und Beschaffenheit des Substrats, zwischen zwei und vier Wochen. Der Gasertrag kann etwa der Ausbeute bei herkömmlicher Nassvergärung entsprechen und auch übertreffen, liegt aber häufig deutlich darunter [1].

Vor- und Nachteile

Im Vergleich zur Nassfermentation ist die Trockenvergärung wartungsärmer und weit weniger komplex. Anfällige Komponenten der Nassvergärung, wie Pumpen und Rührwerke, entfallen, so daß Wartungs- und Betriebskosten geringer sein können. Eine Trockenvergärung lässt sich bei Bedarf auch in mobilen Anlagen in Containergröße durchführen. Zudem weist das entstehende Biogas, bedingt durch die Zusammensetzung des verwendeten Substrats, einen geringeren Schwefelwasserstoffgehalt (H2S) auf. Nachteilig ist die diskontinuierliche Betriebsweise, die zu einer ungleichmäßigen Gasproduktion führt. Für bestimmte Substrate, wie Landschaftspflegematerial, Grassilage und anderes, hat sich die Trockenfermentation als gut geeignet erwiesen. Die meisten Biogasanlagen werden jedoch vor allem mit Maissilage und Gülle betrieben, für die sich das Verfahren der Nassvergärung durchgesetzt hat.

Magnesiumammoniumphosphat in Trockenfermentationsanlagen

MAP-Bildung

Im Falle von, nach Batch-Verfahren, geführten Trockenfermentationsanlagen wird das Beregnungswasser (Perkolat) im Kreislauf geführt. Bei der Kreislaufführung des Perkolationswassers bei Feststoffvergärungsanlagen findet eine Akkumulierung von Nährstoffen im Perkolat statt. Dies geschieht aufgrund der Ausschwemmung vieler, im Substrat enthaltener, Nährstoffe durch das Beregnungsverfahren. Aufgrund der Rezirkulation kommt es zur genannten Anhäufung der Nährstoffe im Perkolationswasser. Diese Akkumulierung hat auf mehreren Ebenen einen negativen Einfluss auf den Biogasprozess. Zum Einen werden Mikroorganismen durch zu hohe Konzentrationen bestimmter Stoffe (z.B.: Ammonium/Ammoniak) gehemmt. Zum Anderen bildet sich bei entsprechenden Bedingungen Magnesiumammoniumphosphat (MAP),[2] welches durch Auskristallisation in den Perkolatleitungen und im Perkolattank zu Verstopfungen und somit zu Prozessstörungen führen kann.

Ab einem Ammoniumgehalt von 2500 mg/l können die Mikroorganismen im Faulsubstrat gehemmt werden. Wobei ein hoher Ammoniumgehalt auf die Bakterienpopulationen bei einer thermophilen Prozesstemperatur einen weitaus negativeren Einfluss hat als auf die Mikroorganismen bei einer mesophilen Prozessführung. Demnach können bei mesophilem Betrieb höhere Ammoniumkonzentrationen toleriert werden als bei einer thermophilen Prozesstemperatur. Dies bedeutet, dass bei entsprechend hohen Ammoniumkonzentrationen im Gärgut (Gärsubstrat) die mesophilen Mikroorganismen noch problemlos Biogas produzieren, wobei die thermophilen Bakterien nur eine gehemmte Biogasproduktion aufweisen.[3]

Förderung durch das EEG 2004 und EEG 2009

In der ab 2004 gültigen Erneuerbare-Energien-Gesetz-Novelle (EEG 2004) wurde für die Trockenfermentation ein Technologiebonus von 2 cent/kWh festgelegt. Das Anrecht auf den Bonus besteht 20 Jahre. Insbesondere landwirtschaftlichen Betrieben ohne Viehhaltung sollte so der Einstieg in die güllelose Biogaserzeugung ermöglicht werden. Zudem sollte die Trockenfermentation als Verfahren mit wenig Eigenenergiebedarf gefördert werden, um die Effizienz der Biogaserzeugung zu steigern.

Das EEG definiert seit 2004 Verfahren mit durchschnittlich 30 % Trockensubstanzanteil im Substrat als Trockenfermentation. Auch Anlagen mit Nassvergärung können diese Auflage erfüllen, da durch den Trockensubstanzabbau während der Vergärung der prozentuale Anteil des Wassers steigt und für ein zähflüssiges bis flüssiges Gärsubstrat sorgt. Beispielsweise durch Anmaischen des frischen Substrats mit Gärsubstrat oder Gärrest wird ein Einbringen in den Fermenter möglich. Weitere Anforderungen an eine Trockenfermentation gemäß EEG 2004 beziehen sich auf die Effizienz des Verfahrens. Da während des Abbauprozesses der Wassergehalt zunimmt, wird ein Verfahren nur bei einer Raumbelastung von mindestens 3,5 kg organischer Trockensubstanz pro Kubikmeter effektives Nutzvolumen und Tag als Trockenfermentation bezeichnet. Außerdem ist der Gehalts an freien flüchtigen Säuren (Essigsäureäquivalent) im Gärrest auf 2000 mg/l begrenzt[4].

Mit Inkrafttreten des EEG 2009 entfällt die Möglichkeit dieses Bonus für neu errichtete Anlagen. Grund ist, dass die Technik durch die inzwischen weite Verbreitung nicht mehr als neu gilt. Zudem wurde in Anlagen mit Trockenfermentation meist auf die Nutzung von vor Ort verfügbarer Gülle verzichtet, die ungenutzt jedoch hohe Methanemissionen verursacht.[5]

Anwendungsbeispiele

Eine große Anlage mit 70.000 t Substratumsatz im Jahr ist in München seit 2007 in Betrieb (Abfallwirtschaftsbetrieb München). Weitere größere Anlagen sind in Planung, z.B. in Engratshofen im Landkreis Landsberg am Lech. Auch zahlreiche landwirtschaftliche Anlagen wenden die Trockenfermentation nach dem Garagenfermenter-Prinzip oder als modifizierte Nassvergärung an.

Einzelnachweise

  1. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. Trockenfermentation - Stand der Entwicklung und weiterer F+E-Bedarf, Gülzow 2006 (PDF)
  2. Fällung von Magnesium-Ammonium-Phosphat aus Schlachthofabwasser, Diplomarbeit von Susanne Fach vom 22. März 2005
  3. Biogas und Bioenergie in der Landwirtschaft, Vortrag von Andreas Kriegauf dem 14. Int. Biogas und Bioenergie Kompetenzzentrum (IBBK), abgerufen am 4. Januar 2013
  4. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2007: Auslegungshilfe: Trockenfermentation für kontinuierliche Biogasverfahren. (pdf)
  5. Statement zur Novellierung des EEG sowie zur Zukunft der Trockenfermentation, Vortrag des Fachverbands Biogas, abgerufen am 20. Januar 2010

Literatur

  • Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.: Aus der Reihe "Gülzower Fachgespräche", Band 24: Trockenfermentation - Stand der Entwicklung und weiterer F+E-Bedarf, Gülzow 2006, frei verfügbar als PDF-Datei

Weblinks

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