Richtlinie 96/82/EG (Seveso-II-Richtlinie)

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Die Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen, umgangssprachlich auch Seveso-II-Richtlinie genannt, ist eine EG-Richtlinie zur Verhütung schwerer Betriebsunfälle mit gefährlichen Stoffen und zur Begrenzung der Unfallfolgen.

Sie ist nach dem italienischen Ort Seveso benannt, wo sich 1976 ein folgenschwerer Industrieunfall ereignete, der als Sevesounglück bekannt wurde. Die Richtlinie Seveso-II trat am 3. Februar 1997 in Kraft und löste dadurch die Seveso-I-Richtlinie von 1982 ab.

Mit Wirkung vom 1. Juli 2015 tritt die Richtlinie ausser Kraft und wird durch die am 24. Juli 2012 im Amtsblatt der EU veröffentlichte Richtlinie 2012/18/EU, umgangssprachlich auch Seveso-III-Richtlinie oder Störfall-Richtlinie genannt, ersetzt.

Entstehung

Ammoniaktank im Chemiepark Linz

Im Laufe der Industrialisierung Europas nahm der Gebrauch gefährlicher Stoffe immer mehr zu. In den 1970er Jahren kam es zu mehreren Großunfällen (Flixborough-Unglück 1974, Seveso 1976).[1] Um das hohe Gefahrenpotential zu senken, erließ die EWG am 24. Juni 1982 die Richtlinie 82/501/EWG über die Gefahren schwerer Unfälle bei bestimmten Industrietätigkeiten (Seveso-I-Richtlinie).

Im Laufe der nächsten Jahre wurde eine Überarbeitung und Ausweitung dieser Richtlinie gefordert. Besonders aufgrund des Bhopalunglücks in Indien im Jahre 1984 hielt man eine strengere Umsetzung für angebracht. Schließlich wurde am 9. Dezember 1996 die Richtlinie 96/82/EG „zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen“ erlassen, die am 3. Februar 1997[2] in Kraft trat. Am 31. Dezember 2003 trat mit der Richtlinie 2003/105/EG eine Änderung der Seveso-II-Richtlinie in Kraft, die in erster Linie Korrekturen an der Liste an Stoffen und deren Mengenschwellen betraf.[2] Diese Änderungen wurden u. a. durch die Explosion der Feuerwerksfabrik von Enschede beeinflusst.[3]

Inhalt

Die Seveso-II-Richtlinie enthält eine Liste an Stoffen, die als gefährlich eingestuft werden. Für Betriebe, bei denen sich gewisse Mengen solcher Stoffe befinden, müssen besondere Auflagen gelten:

  • Der Betrieb muss bei der Behörde gemeldet sein.
  • Es müssen regelmäßig Sicherheitsberichte erstellt werden.
  • Interne und externe Notfallpläne müssen existieren.
  • Zu Wohngebieten und Naturschutzgebieten muss ein angemessener Sicherheitsabstand eingehalten werden.
  • Die Sicherheitsmaßnahmen müssen veröffentlicht werden.
  • Schwere Unfälle sind so bald wie möglich zu melden und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
  • Der Betrieb muss regelmäßig inspiziert werden.

Normen

Brand mit starker Rauchentwicklung

Literatur

  • Binter Peter R.: Konkrete Effekte der Implementierung der Seveso-Richtlinien in Österreich, 82/501/EWG, Seveso I, 96/82/EG, Seveso-II, verlegt vom Bundesmin. für Land- u. Forstwirtschaft, Umwelt u. Wasserwirtschaft, Wien 2008, ISBN 978-3-200-01430-5
  • Donninger Rudolf und Struckl Michael: Industrieunfallrecht. Kommentar und Dokumentation. (2003), Wien . ON - Österr. Normungsinst. ISBN 3-85402-081-3
  • Simon Ernst, Stangl Maria. (Red.): Empfehlung des Bundesländer-Arbeitskreises Seveso zur Ermittlung von angemessenen Abständen für die Zwecke der Raumordnung, des Katastrophenschutzes und der Domino-Effekte. Nach der Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen („Seveso II“-RL)
  • Ottmar Philipp: Verschärfung der Seveso-Richtlinie, in: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2002, 579.

Einzelnachweise

  1. Lebensministerium zur Seveso-II-Richtlinie (Version vom 12. Oktober 2010 im Internet Archive)
  2. 2,0 2,1 Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in Österreich zur Seveso-II-Richtlinie
  3. vgl. Entscheidungsgründe Nr. 2 und 5 der Änderungs-Richtlinie 2003/105/EG, online verfügbar bei EUR-Lex.
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