Reichstaler

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Datei:Reichsthaler1774.jpg
1/3 Reichstaler 1774

Als Reichstaler (Abkürzung im Deutschen: Rthlr., Rthl., rthl., Thl.) wurde eine anfänglich im 16. Jahrhundert geschaffene reale, große (grobe) Kurantmünze im Werte von 24 (Reichs-)Groschen, 36 lübischen Schillingen oder 68…72 Kreuzern bezeichnet, die sich dann später – als viele Münzstände, das waren die im Besitz des Münzregals befindlichen Reichs- und Landestände, den vorgeschriebenen Münzfuß nicht mehr so genau einhielten – zur theoretischen Rechnungsmünze entwickelte. Dieser Prozess setzte schon zur Mitte des 16. Jahrhundert ein.

Siehe ergänzend: Taler, Vereinstaler, Dollar

Geschichte

Abbreviatur für "Reichstaler". Von den beiden Varianten wurde die linke auch im Buchdruck verwendet.

Die Namensbezeichnung "T(h)aler entstand aus dem beliebten und feingehaltstabilen Joachimsthaler Guldiner (Guldengroschen) in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Der Begriff „Reichstaler“ beziehungsweise „Reichsguldiner“, wobei Guldiner das ursprüngliche silberne Äquivalent des Goldguldens bezeichnete. Er sollte eine im ganzen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation einheitliche und überall kursfähige silberne Großmünze bezeichnen, die die unterschiedlichen Münzstände nach einheitlichem Münzfuß, aber verschiedenem Gepräge herausbringen sollten und konnten. Anfänglich wurde der Feingehalt sehr genau eingehalten, was besonders lange Zeit für die kaiserlichen Reichstaler galt. Die anfängliche Wertgleichheit zwischen Goldgulden bzw. Dukat und dem silbernen Guldiner um 1500 entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten bzw. Jahrhunderten durch Silberfeingehaltsverschlechterungen und der relativen Wertzunahme des Goldes zum Silber langsam auseinander, so dass am Ende des 18. Jahrhunderts eine Wertrelation zwischen Dukat und Reichstaler von etwa 1 : 2,75 bestand.

Mit dem Ende des 16. Jahrhunderts und besonders um 1618 bis 1623 trat zuerst ein Wertverfall der Kleinmünzen, wie Groschen, Kreuzer, Pfennige durch Münzverschlechterung (Kipper- und Wipperzeit) ein, der sich später sogar merklich auch auf die groben Taler und Talerteilstücke der kleineren Münzstände erstreckte, die teilweise um 1622 stark kupferhaltige „Kippertaler“ prägten.

Die Kleinmünzen, die anfänglich noch um 1570 Kurantgeld waren, sanken ab ca. 1600 zu nur noch schwer in Kurantwährung umwechselbaren Scheidemünzen herab und das bei schlechten Wechselkursen. Durch das Entstehen dieser damals noch unbekannten neuen Geldart „Scheidemünze“ ließen sich die gesetzlichen Kurse zum theoretisch vollwertigen Taler nicht mehr einhalten, so dass der „gute Reichstaler“ zu einer reinen Rechnungseinheit wurde, zumal die späteren regionalen Taler des 16./17. Jahrhundert oft auch nicht mehr dem vorgeschriebenen Reichsfuß entsprachen, obwohl noch nach 1648 der Spruch „Nach altem Schrot und Korn“ im Revers eingeprägt war.

Aus der Zeit, ab etwa 1540, stammen auch die ersten Valvationstabellen, die eine Übersicht darüber geben, in welchen Wertverhältnis die einzelnen regionalen Talermünzen zum theoretischen Reichstaler (= gesetzlicher Reichsfuß) standen, die zuletzt nur noch von wenigen Münzständen im exakten Feingehalt geprägt wurden. Diese Tabellen wurden von den Reichstagen und privaten Handelshäusern bzw. Druckereien bis etwa 1870 herausgegeben und begannen gewöhnlich auf ihren ersten Seiten mit den vollwertigen und endeten auf den letzten Seiten mit den unterwertigsten Talermünzen und deren Teilstücken, entsprach also einer Rangfolge der Solidität der Münzstände. Häufig wurden die valvadierten Münzen zusätzlich noch als Kupferstich abgebildet.

In der Graumannschen Münzreform wurde in Preußen ab 1750 wieder ein neuer Reichstaler eingeführt, der für das Königreich Preußen gelten sollte, womit Rechnungseinheit und reale Münze wieder identisch waren, zumal auf den Talermünzen und deren Teilstücken der Name „Reichstaler“ offiziell aufgeprägt war. Der wiederbelebte Begriff sollte offenbar an den alten, guten Reichstalerbegriff des 16. Jahrhunderts anknüpfen und Vertrauen schaffen. Allerdings war der neue preußische Reichstaler ab 1750 im Silberfeingehalt wesentlich niedriger als der alte.

In den Niederlanden und Schweden gab es ebenfalls reale Münzen mit der Bezeichnung Rigsdaler, Rijksdaalder etc. Der Talerbegriff übertrug sich auf viele Großsilbermünzen verschiedener Länder, wie z. B. auch auf den amerikanischen Dollar.

Münzdaten

Taler wurden im damaligen Reichsgebiet bereits seit 1500 geprägt – ausgehend von den sächsischen Guldengroschen, den sogenannten Klappmützentalern. Im Reichsabschied des Jahres 1566 wurde der Reichstaler dadurch festgelegt, dass aus einer Kölner Mark Silber 9 Reichstaler (9-Taler-Fuß) geprägt werden sollten, die einzelne Münze bei einem Gewicht von 29,23 g, einem Feingehalt von 889/1000, und einem Feingewicht von 25,98 g.

1750 wurde der reale Konventionstaler zu 10 Taler aus der feinen kölnischen Silbermark in mehreren deutschen Ländern eingeführt, der 32 Groschen galt, was einem 131/3-Talerfuß bei 24 Groschen entsprach. Das war dann das Ende des „alten“ Reichstalers zu 24 Groschen! Gleichzeitig wurde 1750 in Preußen – wie oben schon gesagt- ein „neuer“, leichterer „Reichsthaler“ nach dem Graumannschen 14-Talerfuß eingeführt, der ebenfalls 24 Groschen und später ab 1821 30 Silbergroschen galt. Der neue preußische Begriff „Reichstaler“ wurde dann ab 1800 zum „Thaler“ verkürzt und ab 1857 zum „Vereinstaler“ in den Ländern des deutschen Zollvereins umbenannt und war bis 1907 als 3 Mark gültig.

In Preußen entsprach 1750–1806 ein Reichsthaler 90 neuen Groschen zu je 18 Pfennig. Daneben galt 1 polnischer Gulden (Fl, Zloty) 1/3 preußischer Reichthaler (= 30 neue Groschen).

1821–1871 (1873) galt in Preußen ein Neuer Reichstaler bzw. Thaler (ℛst.) 30 Silbergroschen (Sgr.) zu je 12 Kupferpfenni(n)g (₰).

1871–1873 wurde in allen deutschen Ländern der Taler durch die Mark (= 1/3 Taler) zu je 100 Pfennig abgelöst.

Taler, die nach dem Erlass des Jahres 1566 geprägt wurden, hießen im deutschsprachigen Raum „Reichsthaler“ oder schlicht „T(h)aler“, wenn der Kontext klärte, dass von einer Münze die Rede war. Man sprach von „Speciesthalern“, „Reichsthalern species“ oder „gemünzten Thalern“, sobald klarzustellen war, dass eine Münze und nicht die Rechnungseinheit gemeint war – Preise wurden bei den überregionalen Kaufleuten immer in der Rechnungseinheit „Reichstaler“ angegeben; bezahlt wurde aber dann mit dem regionalen Geld, was dann einen Umrechnungskurs zum theoretischen Reichstaler zur Folge hatte.

Gemünzte Reichstaler der Niederlande und Brabants banden sich nicht an die Sprachregelung, bei ihnen bezog sich der Name Rijksdaalder auf Münzen, die mit dem Wert der Rechnungseinheit übereinkamen, die unter demselben Namen den internationalen Zahlungsverkehr eroberte.

Internationale Währungseinheit

Unabhängig von den Münzprägungen setzte sich eine Währungseinheit unter dem Namen „Reichstaler“ durch – zu einem Wert von 3/4 des im Reichsgebiet gemünzten Talers. In ihr wurden Preisangaben gemacht, Jahresgehälter ausgehandelt und Wechsel im bargeldlosen Überweisungsverkehr ausgestellt. Im deutschsprachigen Raum ergab sich folgender Münzfuß – hier im Spektrum mit dem Gold-Ducaten im Wert von 1709:

Reichs-Ducat Speciestaler Reichstaler Reichsgulden Marck Lübisch Kreutzer
1 2 2 2/3 4 8 240
1 1 1/3 2 4 120
1 1 1/2 3 90
1 2 60
1 30

Die Unabhängigkeit von der Münzprägung bedeutete für die Rechnungseinheit „Reichstaler“ auf dem internationalen Parkett einen Vorteil, genauso wie der Umstand, dass der fiktiven Einheit durchaus zirkulierende Münzen entsprachen, die der Einheit Plausibilität verliehen: der Patagon zu 48 Patard im Flämischen oder 50 Stuiver im Niederländischen, der Écu zu 60 französischen Sols. Im internationalen Zahlungsverkehr wurden zwischen Hamburg, Amsterdam, Kopenhagen und Stockholm Überweisungen in Reichstalern gängig – im Skandinavischen hießen sie Rigsdaler oder Riksdaler, im Niederländischen Rijksdaalder, hier wie dort wie überall im Reichsgebiet entschied sich vor Ort, welche Münzumsetzung der im Wert stabilen und überregionalen Währungseinheit entsprach: 6 Mark in Kopenhagen, 3 Mark in Hamburg, 24 gute Groschen in Leipzig, 36 Mariengroschen in Hannover. Inflation fand unterhalb der überregionalen Währungseinheit lokal statt: 1680 rechnete man in Köln 80 Albus auf den Reichsthaler, im Jahre 1700 musste man ihn in 100 Albus teilen. In Schweden teilte man den Riksdaler von 1681 bis 1715 in 2 Silberthaler, von 1715 bis 1719 verschlechterte sich die Rate, ab 1719 und bis 1776 musste man 3 Silberthaler auf den Reichsthaler rechnen – die Rechnungseinheit blieb in ihrem Wert unbetroffen von Abwertungen lokaler Münzen wie auch von der Einführung des Konventionstalers 1750, der im deutschsprachigen Raum die Ära des originären Speciestalers beendete.

Zu Verwirrungen führte im internationalen Handel allerdings der Umstand, dass der deutsche Species-Taler als Münze im Wert über der bekannten Rechnungseinheit „Reichstaler“ lag (1 Speciestaler = 1 1/3 Reichstaler = 32 Groschen). Reichstaler-Münzen im Sprachgebrauch der Niederlande entsprachen dem Wert der Rechnungseinheit. Isaac Newton bemerkte 1720 den Missstand, als man ihn als Aufseher der Königlichen Münze in London um ein Gutachten zum Wert des Reichsthalers im internationalen Zahlungsverkehr mit Skandinavien bat (vgl. Sir Isaac Newton: On Sweden's Rix Dollars)

Die Ära der Rechnungseinheit Reichstaler endete im deutschsprachigen Raum mit der Unterzeichnung der Rheinbundakte 1806. In Norddeutschland wurde der preußische Taler (zu 14 Talern aus der kölnischen Mark Silber) das bestimmende Zahlungsmittel, der sich in Form des Vereinstalers seit 1857 auf das gesamte Gebiet des Deutschen Zollvereins ausbreitete. 1873 wich er der neuen Goldmark, die auf dem Goldstandard basierte. Der Vereinstaler blieb aber noch bis 1907 unter der wiederbelebten Bezeichnung Reichstaler gültiges Zahlungsmittel im Wert von drei Mark.

In anderen Ländern wie den Niederlanden nationalisierte sich der Reichstaler – in den Niederlanden blieb so die Parität des Jahres 1700 bestehen: 2,5 Gulden waren noch 2001 ein „rijksdaalder“, oder „riks“.

Literatur

  • Arthur Suhle: Die Münze. Verlag Koehler & Amelang, Leipzig S.135 ff.

Weblinks

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