Pech (Stoff)

Erweiterte Suche

Pech ist eine schwarze, teerartige, superzähe Flüssigkeit, die bei der Destillation von Erdöl, Kohle oder harzhaltigen Hölzern (vor allem harzhaltige Nadelhölzer, Birke und Buche) anfällt.

Bei der Pyrolyse wird Holz unter Luftabschluss bei Temperaturen bis zu 700 °C verschwelt. Man erhält dabei neben Pech auch Holzkohle, Essig- und Ameisensäure, Phenole sowie Spuren von Schwefelsäure und weitere organische Stoffe. Für die Pechgewinnung eignet sich am besten Baumharz.

Etymologie

Das Wort pitu-daru des Altindischen bezeichnete eine Fichtenart und bedeutete „Harzbaum“. Der erste Wortteil entwickelte sich zum Wort „Pech“ und gelangte von Südosten aus in den deutschen Sprachraum. Der zweite Wortteil gelangte als das Wort „Teer“ später im 15./16. Jahrhundert über den Ostseeraum in die deutschsprachigen Gebiete. Beide Worte bezeichneten also den gleichen Stoff.

Die Ausdrücke „Pechvogel“ und „Pech haben“ lassen sich mit der Verwendung von Pech in der mittelalterlichen Jagd in Zusammenhang bringen. Die negativen Konnotationen des Wortes Pech sind zahlreich: „teeren und federn“, Einsatz zum Foltern, die Pechtröge der Hölle u. a.

Heutzutage legt das DIN die Materialien fest. Teere entstehen durch zersetzende, thermische Behandlung organischer Naturprodukte (Holz, Steinkohle, Erdöl, etc.) und die dabei entstehenden Rückstände werden Peche genannt.

Im süddeutschen bzw. österreichischen Sprachraum gibt es auch den Begriff Baumpech, der das frische Harz bezeichnet, allerdings wird dieses auch oftmals nur als Pech bezeichnet. Ebenfalls in diese Sprachregion fällt der Begriff Kaupech für kaugummiähnliche Baumharzarten, die als solche auch Verwendung finden.

Es gibt auch die Redewendung mit der inhaltlichen Drohung „Da greiftst Du Pech an!“.

Geschichte

Verwendung

Die Verwendung von Pech kann archäologisch seit der Altsteinzeit belegt werden. Bekannt ist der Pechrest von Königsaue, der mit ca. 50.000 Jahren als ältester Kunststoff Europas gilt. Speziell Birkenpech scheint hier verwendet worden zu sein. Auch im Alten Testament wird der Gebrauch von Pech an drei Stellen beschrieben. Einmal beim Bau der Arche, dort wird Pech zum Abdichten benutzt, nach Moses Geburt zum Abdichten des Körbchens, in dem er im Wasser des Nils gerettet wurde, und beim Turmbau zu Babel, dort wird Pech als Bindemittel für Lehmziegellagen erwähnt.

Von Theophrast (371–287 v. Chr.) und Plinius dem Älteren (23/24–79 n. Chr.) stammen frühe Texte zur Pechgewinnung. Plinius unterscheidet zwischen dem meilerartigen Schwelprozess und der Ofenherstellung.

Pech wurde zum Kalfatern (besondere Form des Abdichtens), Schmieren sowie als Brenn- oder Klebstoff verwendet. Zum Abdichten wurde es im Schiffbau (Planken, Segel- und Tauwerk) oder für Holzgefäße (Kübel, Fässer) verwendet. Des Weiteren waren Pechfackeln in Gebrauch. Fuhrleute schmierten mit Pech die hölzernen Wagenachsen und verhandelten dafür zusätzlich das „Schmiergeld“.

Die Sohlen von rahmengenähten oder gedoppelten Schuhen wurden früher mit einem sogenannten Pechdraht genäht, der kurz vor der Verwendung aus mehreren Leinenfäden hergestellt wird, die mit Pech eingerieben, zusammengedreht und an den Enden mit einer Schweins- oder Stahlborste versehen werden. Das Pech sorgt nicht nur für den Zusammenhalt des Fadens, sondern auch für die Abdichtung der Naht. Dieses Verfahren wurde in der Neuzeit weitgehend durch geklebte Schuhböden oder die Verwendung von Kunststofffäden verdrängt.

In der mittelalterlichen Kriegführung wurde Pech beispielsweise für die Herstellung von Brandpfeilen verwendet. Dass bei Belagerungen von Burgen kübelweise heißes Pech durch Wehrerker (seit dem 19. Jahrhundert auch „Pechnase“ genannt) auf die Angreifer gegossen wurde, kam jedoch – wenn überhaupt – nur selten vor, da die Herstellung großer Mengen Pech aufwendig und teuer war.

Wie vielseitig Pech heutzutage verwendbar ist, zeigt z. B. der Einsatz als Poliermittelträger zur Herstellung von großen Spiegeln auch neuester Teleskope.[1] Dabei wird ein in Wasser aufgeschlämmtes Poliermittel, beispielsweise Ceroxid, mit einer dünnen Schicht aus einer Mischung zweier Pecharten (eventuell mit Bienenwachs versetzt) über die zu polierende Oberfläche gerieben.

Herstellung

Pechofen im Hessenpark

Pech mit starker Verunreinigung entstand bei der autothermen Pyrolyse – Reaktions- und Brennholz sind nicht getrennt – z. B. im Meiler, in der Teergrube oder im Grabe- bzw. Hangmeiler. Die Qualität des erhaltenen Pechs ist bei der allothermen Pyrolyse besser, da hier Verunreinigungen durch die Trennung von Brenn- und Reaktionsholz vermieden werden.

Seit dem Mittelalter ist archäologisch das Doppeltopfverfahren nachgewiesen. Dabei sitzt auf einem Auffanggefäß ein Behälter mit Lochboden, in dem sich das Reaktionsholz befindet. Beide Behälter werden – mit Brennholz umgeben – vergraben; durch Abbrennen des Holzes ließen sich kleinere Pechmengen gewinnen. Nach drei Stunden Brenndauer betrug die Pechausbeute ca. 10 % des eingesetzten Reaktionsholzes. Der Terpentinanteil war sehr hoch, so dass das Pech dünnflüssig war und erst durch weiteres Kochen zähflüssiger wurde.

Große Mengen Pech wurden in Schwelöfen gewonnen, die 8–10 m³ Ausgangsmaterial aufnahmen und dieses bis zu sieben Tagen erhitzen. Voraussetzung waren Kiefernwälder in der Umgebung wie z. B. in der Dübener Heide in Sachsen.

In späterer Zeit wurde in Pechhütten in der Umgebung gewonnenes Baumharz zu Siedepech verarbeitet. Der beim Verkochen entstehende Abfall aus Harzresten, Rinde und Schmutz – Greifen oder Grieben genannt – wurde in Griebenherden, die wie Kohlenmeiler funktionierten, weiterverarbeitet.

Um 1850 wurde die gewerbliche Pechsiederei durch die industrielle Produktion verdrängt. Im ausgehenden 19. Jahrhundert erreichte die Pechproduktion ihren Höhepunkt, da sich die Segelschifffahrt intensivierte. Mit dem Einsatz neuer Kunststoffe und dem Niedergang der Segelschiffe war auch die Pechherstellung obsolet geworden.

Forschung

Demonstration der hohen Viskosität von Pech im Pechtropfenexperiment

Zur Untersuchung der viskosen Stoffeigenschaften von Pech begann der englisch-australische Physiker Thomas Parnell 1927 das so genannte Pitch Drop Experiment (Pechtropfenexperiment). Der letzte Tropfen ist im Jahr 2000 ausgetreten. Seitdem formt sich der neunte Tropfen.

Siehe auch

Einzelnachweise

Weblinks

 Commons: Pech – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Vorlage:Commonscat/WikiData/Difference

Die cosmos-indirekt.de:News der letzten Tage

29.05.2023
Elektrodynamik | Festkörperphysik | Quantenoptik
Informationen schneller fließen lassen – mit Licht statt Strom
Entweder 1 oder 0: Entweder es fließt Strom oder eben nicht, in der Elektronik wird bisher alles über das Binärsystem gesteuert.
25.05.2023
Kometen und Asteroiden | Biophysik
Meteoritisches Eisen: Starthilfe bei der Entstehung des Lebens auf der Erde?
Forscher haben ein neues Szenario für die Entstehung der ersten Bausteine des Lebens auf der Erde vor rund 4 Milliarden Jahren vorgeschlagen.
24.05.2023
Festkörperphysik | Astrophysik
Das Verhalten von Sternmaterie unter extremem Druck
Einem internationalen Team von Forscher*innen ist es in Laborexperimenten gelungen, Materie unter solch extremen Bedingungen zu untersuchen, wie sie sonst nur im Inneren von Sternen oder Riesenplaneten vorkommt.
23.05.2023
Quantenphysik | Quantencomputer
Turbo für das Quanteninternet
Vor einem Vierteljahrhundert machten Innsbrucker Physiker den ersten Vorschlag, wie Quanteninformation mit Hilfe von Quantenrepeatern über große Distanzen übertragen werden kann, und legten damit den Grundstein für den Aufbau eines weltweiten Quanteninformationsnetzes.
18.05.2023
Teilchenphysik | Quantencomputer
Quantenschaltkreise mit Licht verbinden
Die Anzahl von Qubits in supraleitenden Quantencomputern ist in den letzten Jahren rasch gestiegen, ein weiteres Wachstum ist aber durch die notwendige extrem kalte Betriebstemperatur begrenzt.
17.05.2023
Relativitätstheorie | Quantenphysik
Gekrümmte Raumzeit im Quanten-Simulator
Mit neuen Techniken kann man Fragen beantworten, die bisher experimentell nicht zugänglich waren – darunter auch Fragen nach dem Zusammenhang von Quanten und Relativitätstheorie.
16.05.2023
Sonnensysteme | Planeten | Geophysik
Die Kruste des Mars ist richtig dick
Dank eines starken Bebens auf dem Mars konnten Forschende der ETH Zürich die globale Dicke der Kruste des Planeten bestimmen.
11.05.2023
Sterne | Teleskope
Einblicke in riesige, verborgene Kinderstuben von Sternen
Mit dem Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA) der ESO haben Astronomen einen riesigen Infrarot-Atlas von fünf nahe gelegenen Sternentstehungsgebieten geschaffen.
10.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik | Quantencomputer
Verschränkte Quantenschaltkreise
ETH-Forschenden gelang der Nachweis, dass weit entfernte, quantenmechanische Objekte viel stärker miteinander korreliert sein können als dies bei klassischen Systemen möglich ist.
10.05.2023
Exoplaneten | Geophysik
Widerspenstiger Exoplanet lüftet seinen Schleier (ein bisschen)
Einem internationalen Forschungsteam, an dem das Max-Planck-Institut für Astronomie beteiligt ist, ist es nach fast 15 Jahren vergeblicher Anstrengungen gelungen, einige Eigenschaften der Atmosphäre des Exoplaneten GJ 1214 b zu ermitteln.
10.05.2023
Atomphysik
Forschende beschreiben flüssigen Quasikristall mit zwölf Ecken
Einen ungewöhnlichen Quasikristall hat ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), der Universität Sheffield und der Jiaotong-Universität Xi'an gefunden.
08.05.2023
Quantenphysik
Künstliche Intelligenz lernt Quantenteilchen zu kontrollieren
In der Quantenforschung braucht man maßgeschneiderte elektromagnetische Felder, um Teilchen präzise zu kontrollieren - An der TU Wien zeigte man: maschinelles Lernen lässt sich dafür hervorragend nutzen.
06.05.2023
Teilchenphysik | Kernphysik
Elektronen-Rekollision in Echtzeit auf einen Schlag verfolgt
Eine neue Methode erlaubt, die Bewegung eines Elektrons in einem starken Infrarot-Laserfeld in Echtzeit zu verfolgen, und wurde am MPI-PKS in Kooperation zur Bestätigung theoretischer Quantendynamik angewandt.
05.05.2023
Satelliten und Sonden | Quantenoptik
GALACTIC: Alexandrit-Laserkristalle aus Europa für Anwendungen im Weltraum
Alexandrit-Laserkristalle eignen sich gut für den Einsatz in Satelliten zur Erdbeobachtung.
04.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik
Nanophysik: Wo die Löcher im Flickenteppich herkommen
Patchwork mit Anwendungspotenzial: Setzt man extrem dünne Halbleiternanoschichten aus Flächen zusammen, die aus unterschiedlichen Materialien bestehen, so finden sich darin Quasiteilchen mit vielversprechenden Eigenschaften für eine technische Nutzung.
03.05.2023
Sterne | Teleskope
Astronomen finden weit entfernte Gaswolken mit Resten der ersten Sterne
Durch den Einsatz des Very Large Telescope (VLT) der ESO haben Forscher zum ersten Mal die Fingerabdrücke gefunden, die die Explosion der ersten Sterne im Universum hinterlassen hat.