OPERA (Experiment)

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Das OPERA-Experiment während des Aufbaus

Das OPERA-Experiment (Akronym für Oscillation Project with Emulsion tRacking Apparatus, auf Deutsch in etwa: Projekt zur Untersuchung von Neutrinooszillation mit einem lichtempfindlichen Apparat) war ein physikalisches Experiment zur Neutrinooszillation. Es untersuchte die Oszillation von Myon-Neutrinos zu τ-Neutrinos. Es war das erste Appearance-Experiment, das heißt, es wies das Auftauchen von τ-Neutrinos in einem rein myonischen Neutrinostrahl nach. Die Konstruktion begann 2003 und erste Neutrinos des CNGS-Strahls konnten bei einem Test im August 2006 nachgewiesen werden, als die meisten elektronischen Detektoren einsatzbereit waren. 2008 nahm der OPERA-Detektor seinem vollständigen Betrieb auf und Anfang Dezember 2012 wurde der Betrieb eingestellt.[1][2]

Aufbau

Neutrinoquelle

OPERA verwandte als Neutrinoquelle den CNGS-Strahl des CERN. Am SPS-Teilchenbeschleuniger am CERN wurden dabei Hadronen erzeugt, die durch ihren Zerfall myonische Neutrinos erzeugten. Der Strahl zeichnete sich durch eine kleine Kontamination mit Elektron-Neutrinos und durch eine extrem geringe Kontamination mit τ-Neutrinos aus. Beide Kontaminationen waren in ihrer Stärke bekannt. Der Neutrinostrahl durchquerte aufgrund der geringen Wechselwirkung mit Materie ohne messbare Verluste die Strecke von etwa 730 km durch die Erdkruste bis zum Detektor in Italien.

Detektor

Das Kernstück des Experiments war der Neutrino-Detektor. Er befand sich in Halle C des LNGS-Untergrundlabors im Gran-Sasso-Massiv nahe L'Aquila (Abruzzen) in Italien, mit einer Ausdehnung von etwa 20 m Länge, 10 m Höhe und 10 m Breite. Die Gesamtmasse des Detektor betrug annähernd 5000 t und verfügte über 200.000 Einzelsensoren. Als Target dienten ca. 1300 t Blei in 1 mm dicken Bleiplatten. In jedem Einzelsensor befanden sich 56 dieser Bleiplatten, welche sich mit Photoplatten (Photoemulsion) abwechselten. Die Photoplatten werden als Emulsion Cloud Chambers (ECC) bezeichnet und dienen zum Nachweis von geladenen Teilchen, die bei einer Neutrino-Reaktion entstehen. Weiterhin waren elektronische Tracker im Target verbaut, welche die Lokalisation einer Reaktion in Echtzeit ermöglichten. Die betroffenen Teile des Targets wurden dann voll automatisiert entnommen, die Photoplatten entwickelt und mit Mikroskopen ausgewertet. Zusätzlich befand sich ein Myon-Spektrometer hinter dem Target. Diese Anordnung (das sog. Super-Modul) war in identischer Form ein zweites Mal hinter dem ersten Super-Modul aufgebaut. Da der OPERA-Detektor sowohl passive Elemente (Photoemulsionen) als auch aktive Elemente (elektronische Detektoren) besaß, bezeichnete man ihn als Hybrid-Detektor.

Nachweis der τ-Neutrinos

Die τ-Neutrinos wurden über den Zerfall des τ-Leptons nachgewiesen, das bei der Reaktion des Neutrinos mit dem Target entstand. Der Zerfall in z. B. ein Myon (und zwei für den Detektor unsichtbare Neutrinos) erzeugte einen charakteristischen Knick in der Teilchenspur. Dieser Knick konnte durch die hochaufgelöste Teilchenbahn-Rekonstruktion mittels der Photoplatten erkannt werden. Aufgrund dieser starken Signatur des τ-Leptons hatte diese Messung einen sehr geringen Untergrund. Aus der Anzahl der nachgewiesenen τ-Neutrinos konnte $ \Delta m_{23}^{2} $, ein Parameter der Neutrinooszillation, errechnet werden. Nach dem gegenwärtig bekannten Wert für $ \Delta m_{23}^{2} $ aus vorhergehenden Messungen des japanischen Super-Kamiokande-Experiments und des amerikanischen MINOS-Experiments erwartete man lediglich 11 τ-Neutrinos in der fünfjährigen Laufzeit (bei der vom CERN vorhergesagten Intensität des Neutrinostrahls). Wegen des geringen Untergrunds war diese Messung aber trotzdem hochsignifikant.

Untersuchung der Neutrinogeschwindigkeit

Am 23. September 2011 veröffentlichte OPERA eine Arbeit, in der die Messung einer Überlichtgeschwindigkeit der Neutrinos, im Widerspruch zu bislang anerkannten Grundgesetzen der Physik, vermeldet wurde. Eine neue Messung durch ICARUS hat jedoch Übereinstimmung mit der Lichtgeschwindigkeit ergeben, wodurch das OPERA-Resultat mit großer Wahrscheinlichkeit widerlegt ist. Darüber hinaus wurden Fehler in der Experimentaldurchführung gefunden. Am 30. März 2012 traten OPERA-Sprecher Ereditato und Physik-Koordinator Autiero zurück.[3] In ihrer abschließenden Veröffentlichung wurden die Fehlerquellen berücksichtigt, und es ergab sich Übereinstimmung mit der Lichtgeschwindigkeit.[4] Eine weitere, 2012 durchgeführte Messung bestätigte dieses Resultat.[5]

Einzelnachweise

  1. H. Pessard: Status of the OPERA neutrino experiment. In: Proceedings of the European Physical Society. Europhysics Conference on High Energy Physics. 2009. arXiv:0910.5701.
  2. Robert Gast: Das Kabel, das die Physik erschütterte. ASTROnews, 9. Januar 2013, abgerufen am 30. Januar 2013.
  3. Eugenie Samuel Reich: Embattled neutrino project leaders step down. NatureNews, 2. April 2012, abgerufen am 2. April 2012.
  4. OPERA collaboration: Measurement of the neutrino velocity with the OPERA detector in the CNGS beam. In: Journal of High Energy Physics. Nr. 10, 2012, S. 93. arXiv:1109.4897v4. doi:10.1007/JHEP10(2012)093.
  5. OPERA collaboration: Measurement of the neutrino velocity with the OPERA detector in the CNGS beam using the 2012 dedicated data. 2012. arXiv:1212.1276.

Weblinks

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