Nachhilfe

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Nachhilfeunterricht oder Nachhilfe ist die Unterstützung von Schülern oder Studenten beim Lernen außerhalb der regulären Veranstaltungen der Schule, beziehungsweise der Hochschule. Diese Unterstützung kann gelegentlich oder regelmäßig erfolgen. Sie kann im Einzelunterricht oder im Kleingruppenunterricht erfolgen.

Mehreren Umfragen zur Folge nehmen jährlich 1,2 Millionen Schüler Nachhilfe; gleichzeitig geben Eltern dabei mehr als eine Milliarde für die schulische Unterstützung aus.[1]

Formen der Nachhilfe

Albert Einstein sucht 1902 Nachhilfeschüler

Formen professioneller, semiprofessioneller oder unprofessioneller Nachhilfe bilden sich meist heraus, wenn der Schüler oder bei jüngeren Schülern häufiger das familiäre Umfeld (Eltern, Geschwister und Verwandte des betreffenden Kindes) eine außerschulisch wirkende und außerfamiliäre Person engagiert, die ihm beim Lernen hilft und in der Regel dafür Geld bekommt. Nachhilfelehrer sind häufig Studenten, pensionierte Lehrer, arbeitslose Akademiker oder Schüler höherer Klassen.

Der Grad der individuellen Förderung und damit die Lernerfolge hängen beim organisierten Gruppenunterricht von der sinnvollen Zusammensetzung der Nachhilfegruppe, der Größe der Gruppe und dem persönlichen Bezug der Lehrkräfte zum Schüler und zu ihrem Arbeitgeber ab.

Nachhilfe charakterisiert sich nach Dohmen et al. (2008) dadurch, dass sie

  • „außerschulisch“ stattfindet,
  • innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eher „regelmäßig“ – jedoch nur vorübergehend (nicht kontinuierlich, nicht auf Dauer angelegt) in Anspruch genommen wird,
  • einer „Wissenssicherung“ und „Wissensergänzung“ im Hinblick auf ein Unterrichtsfach oder mehrere Unterrichtsfächer dient,
  • ergänzende Funktion zum „normalen“ Unterricht aufweist und
  • privat finanziert wird (vgl. Dohmen 2008, S. 15 ff).
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In Deutschland immer wichtiger: Online Nachhilfe für junge Schüler. Bildquelle Geralt auf Pixabay

Anders als im schulischen Kontext, wo die Didaktik als Bezugsdisziplin für das Handeln der Lehrperson gilt und Lernarrangements und -methoden thematisiert, sind Theorie und Praxis des Nachhilfelehrens und -lernens bislang nicht wissenschaftlich aufgearbeitet. Wie Wissen im Rahmen der Nachhilfe einzeln oder in Kleingruppen vermittelt wird, bleibt offen bzw. wird der schulischen Allgemein- oder Fachdidaktik entlehnt.

Statistische Betrachtungen (Deutschland)

Die große Mehrheit der Nachhilfefälle liegt in Deutschland bei Schülern allgemeinbildender Schulen in den Klassenstufen sieben bis zehn. Allerdings erhalten auch schon Grundschüler gelegentlich Nachhilfe und auch in der Sekundarstufe II ist Nachhilfeunterricht verbreitet. Umgekehrt geben Schüler häufig Nachhilfe an andere Schüler.

Im Jahr 2010 wurde die Zahl der aktuell Nachhilfe erhaltenden Schüler allgemeinbildender Schulen in Deutschland auf etwa eine bis anderthalb Millionen geschätzt, also ca. 11 bis 16 Prozent von ca. 9,5 Millionen solcher Schüler. Im Verlaufe ihrer gesamten Schulzeit nehmen nach verschiedenen Schätzungen zwischen 30 und 50 Prozent aller Schüler Nachhilfe. Die Tendenz ist seit Jahren steigend, unter anderem wegen der Verkürzung der Gymnasialzeit von neun Jahren („G9“) auf acht Jahre („G8“ – siehe Abitur nach zwölf Jahren).

Jungen erhalten etwas häufiger Nachhilfe als Mädchen, dieser Trend kehrt sich allerdings in höheren Klassenstufen um. Schüler von Gymnasien erhalten häufiger Nachhilfe als Schüler an Realschulen und Gesamtschulen. Hauptschüler treten auf dem Nachhilfemarkt selten in Erscheinung. In Westdeutschland wird Nachhilfe etwa doppelt so oft in Anspruch genommen wie in Ostdeutschland.

In welchen Fächern wird am häufigsten "nachgeholfen"

Am weitaus häufigsten wird mit über 50 % der Fälle das Fach Mathematik nachgefragt, gefolgt von Englisch mit etwa 25 % und Deutsch mit ca. 15 %. Auf den weiteren Plätzen folgen die meist als zweite Fremdsprache gewählten Fächer Latein und Französisch sowie die Naturwissenschaften Physik, Chemie und eher selten auch Biologie und Informatik. Eine weitere kleinere Rolle als Nachhilfefach spielt noch das Fach Spanisch, das in den meisten Regionen auf Platz drei bei Angebot und Wahl der zweiten Fremdsprachen rangiert.

Andere reguläre Unterrichtsfächer wie Erdkunde, Geschichte, Politik, Ethik, Religion, Arbeit/Wirtschaft, Werken, Textilarbeit, Kunst, Musik oder Sport kommen im Nachhilfebereich sehr selten bis gar nicht vor.

Viele Schüler erhalten in mehreren Fächern Nachhilfe.[2]

Für Legasthenie oder Dyskalkulie gibt es Lerntherapien speziell ausgebildeter Fachkräfte. Bei Entwicklungsdyslexie wegen Wahrnehmungsstörung können auch niedergelassene Logopäden helfen.[3]

Weiterhin gibt es gemeinnützige Anbieter, die Nachhilfe anbieten, oft auch im Übergangsbereich zu hortähnlicher Nachmittagsbetreuung. In vielen Horten gehört Hausaufgabenhilfe und Nachhilfeunterricht mittlerweile zur pädagogischen Hauptaufgabe.

Hier ist Vorsicht geboten

Kritisch werden Nachhilfeinstitute im Rahmen von Scientology betrachtet, die häufig getarnt auftreten.[4] Als problematisch wird auch eine analoge Strategie der vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften NPD angesehen.[5] Beide Organisationen versuchen durch Nachhilfeangebote Kinder und Jugendliche für ihre extremistischen und totalitären Ideologien zu gewinnen. Ähnliche Versuche gibt es auch von verschiedenen islamistischen Organisationen.

Literatur

  • Klaus Birkelbach, Rolf Dobischat, Birte Dobischat: Ein prosperierender Bildungsmarkt im Spannungsfeld zwischen kommerziellen und öffentlichen Interessen. (Pdf, 186 Seiten – Study der Hans-Böckler-Stiftung, Bd. 348. Düsseldorf 2017, ISBN 978-3-86593-256-3).
  • Mario H. Kraus: c, in: blz, Mitgliederzeitschrift der GEW Berlin, Nr. 10/2006
  • Thorsten Schneider: Nachhilfe als Strategie zur Verwirklichung von Bildungszielen. Eine empirische Untersuchung mit Daten des Soziooekonomischen Panels, DIW, Berlin, Oktober 2004 (PDF, 29 Seiten)
  • Birgit Ebbert: Außerschulische Lernunterstützung in der modernen Gesellschaft, in: Ralph Fischer, Volker Ladenthin (Hrsg.): Homeschooling – Tradition und Perspektive. Würzburg: Ergon Verlag 2006, S. 183–198


Einzelnachweise

  1. 20 September 2018 17:00 Uhr: Der Milliardenmarkt Nachhilfe. Abgerufen am 12. Februar 2019 (deutsch).
  2. Test Nachhilfe-Institute der Stiftung Warentest In: test 4/2006
  3. Auszug aus dem Deutschen Bildungsserver
  4. Carola Padtberg: Schüler-Nachhilfe. Lehrerverbände und Kultusminister warnen vor Scientology, in: Spiegel-Online, 2. August 2006
  5. NPD will Kinder durch Nachhilfe werben – Artikel auf Welt Online vom 27. März 2007 (abgerufen am 6. Februar 2010)

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