Kohlenwasserstoff-Taupunkt

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Als Kohlenwasserstoff-Taupunkt oder Kohlenwasserstoff-Taupunkttemperatur bezeichnet man die Temperatur, bei der sich auf einem Gegenstand (bei vorhandenem gasförmigen kondensatbildendem Kohlenwasserstoff) ein Gleichgewichtszustand von kondensierendem und verdunstendem Kohlenwasserstoff einstellt, in anderen Worten die Kondensatbildung gerade einsetzt. Die Kondensatbildung von Kohlenwasserstoffen ist nicht nur von Druck und Temperatur abhängig, sondern auch von der Zusammensetzung des Gases. Beispielsweise hat Methan bei gleicher Konzentration einen geringeren Taupunkt als Ethan oder Aceton. Bei Erdgas ist der Kohlenwasserstoff-Taupunkt eine ganz besondere Messgröße, da hier ein Taupunkt eines Mischgases gemessen wird.

Praxis

Der Kohlenwasserstofftaupunkt ist ein komplexer und schwierig zu messender Parameter. Das liegt unter anderem daran, dass in der Praxis normalerweise Mischgase, wie Erdgas untersucht werden.

Gasgemische wie Erdgas bestehen aus einer großen Zahl einzelner Komponenten, von Wasserstoff bis hin zu langkettigen Kohlenwasserstoffen. Jede Komponente hat ihren eigenen Taupunkt. Wenn daher eine Erdgasprobe gekühlt wird, fangen die Komponenten an zu kondensieren, deren Taupunkt jeweils erreicht wird. Schwere Kohlenwasserstoffe sind die ersten; da sie normalerweise aber die Spurenkomponenten der Gasmischung darstellen, kondensieren nur kleine Mengen - der Detektor schlägt also nicht (oder nur nach extrem langer Wartezeit) an. Folglich können sich Taupunkte überlagern, denn der Detektor schlägt immer erst dann an, wenn genügend Kondensat vorhanden ist, also der Taupunkt mehrerer Spurengase überschritten bzw. erreicht wurde. Zusätzlich können die Komponenten einer Probe miteinander wechselwirken, z.B. schwache Bindungen bilden. Auch deshalb kann der erwartete Taupunkt vom gemessenen Ergebnis abweichen. Diese besondere Sensibilität macht die Taupunkttemperatur zum reaktionsschnellen, komplexen Anzeiger praktisch jedweder Änderungen eines Gasgemischs. Die Phasenbeziehung von Erdgas folgt einem vollkommen anderen Muster als die einfacher Gasmischungen.

Besonderheiten des Erdgastaupunkts

Der Kohlenwasserstofftaupunkt von Erdgas ist Taupunkt eines Stoffgemischs, bei dem natürlich jede beteiligte gasförmige Komponente einen eigenen Taupunkt hat. Dieser Taupunkt verhält sich in der Praxis weit anders, als oft erwartet wird. Würde er genau so gemessen werden, wie es bei Taupunkten im Bereich Spurenfeuchte üblich ist, so würde die Spiegeltemperatur extrem langsam abgesenkt werden und nur der Stoff mit dem höchsten Taupunkt am Spiegel Kondensat bilden (z.B. Butan bei ca. -0,5 °C oder falls auch Pentan enthalten ist, wäre es Pentan bei ca. +36 °C). Es würde also nur dieser Taupunkt detektiert werden. (Analog zum Messvorgang bei Messaufbauten für Spurenfeuchte). Dies ist in der Praxis nicht der Fall. Weit verbreitet ist die bereits um 1930 entwickelte Messung nach den Vorgaben des United States Bureau of Mines. Bei dieser manuell durchgeführten Messung wird die Temperatur des Spiegels manuell und weitaus schneller gesenkt, als es bei Messungen im Bereich Spurenfeuchte üblich ist. Folglich überlagert sich die Kondensatbildung mehrerer Gaskomponenten, sodass sich das dann sichtbar werdende Kondensat aus einem Stoffgemisch zusammensetzt. Auch neuere automatisierte Messaufbauten wie das weit verbreitete Ametek 241 CE II arbeiten analog zu diesen Vorgaben. Der ebenfalls weit verbreitete Michell Instruments Condumax II arbeitet ähnlich, aber nicht mit einem vorgegebenen Temperaturgradienten, sondern mit einem festen Gasvolumen und erzeugt so ebenfalls sich überlagernde Kondensatniederschläge und Taupunkte mit einer besonders hohen Wiederholbarkeit. (Siehe: Testing of Methods for Measuring Hydrocarbon Dew Points in Natural Gas Streams vom South West Research Institute in San Antonio, Texas). Das Messergebnis hängt bei allen Messverfahren in hohem Maße je nach System entweder am Temperaturgradienten oder am geprüften Gasvolumen. Diese Abhängigkeiten machen zwar die Ergebnisse verschiedener Messaufbauten weniger vergleichbar, sie haben aber den Vorteil, dass die Messergebnisse komplexe aussagekräftige und dennoch vergleichsweise schnell und einfach zu messende Parameter der Gasqualität sind.

Sensoren

Streulicht durch Reflexion an rauen Oberflächen ohne Niederschlag

Oberflächenspannung

Eine besondere Eigenart von Kohlenwasserstoffkondensaten ist eine äußerst geringe Oberflächenspannung, besonders im Vergleich zu dem bei Hygrometern detektierten Wasser. Wenn sich Kohlenwasserstoffkondensat auf einer Oberfläche niederschlägt, wird es daher dazu neigen, einen Film an Stelle einzelner Tröpfchen zu bilden, was die Feststellung durch herkömmliche optische Mittel weitaus schwieriger macht als die Feststellung von Wassertaupunkten.

Modifizierte Taupunktspiegel

Dark-Spot-Sensor, Oberfläche trocken
Dark-Spot-Sensor, Oberfläche beschlagen

Kohlenwasserstoff-Taupunktsensoren arbeiten ähnlich wie Taupunktspiegelhygrometer nach dem fundamentalen direkten Messprinzip und verwendet zur Messung des Taupunktes eine temperierbare Kondensationsfläche. Allerdings eignet sich ein unmodifiziertes Taupunktspiegelhygrometer nicht zum Messen von Kohlenwasserstoff-Taupunkten. Bedingt durch die Oberflächenspannung des Kondensats der Kohlenwasserstoffe verändert die Spiegeleigenschaften nur in geringem Maße. Die Kohlenwasserstoff-Niederschläge sind in ihren Eigenschaften einem Ölfilm ähnlich. Daher misst man bei Kohlenwasserstoff-Taupunkt-Sensoren das sich durch die Kondensatbildung verringernde Streulicht von angerauhten Oberflächen. Der Effekt ist vergleichbar mit dem Einölen von stumpf gewordenen Lacken, solange genug Öl vorhanden ist, gibt es so gut wie kein Streulicht, die Oberfläche glänzt, so dass man sich drin spiegeln kann. Das Messverfahren ist an sonsten identisch, auch hier wird die Temperatur des Reflektors zum Zeitpunkt der Kondensatbildung gemessen.

Dark-Spot-Sensorzelle

Dark-Spot-Sensoren sind weiterentwickelte Taupunktspiegel, die für den Kohlenwasserstoffnachweis optimiert sind. Bei Sensoren nach dem Dark-Spot-Prinzip, besteht der Spiegel des Sensors aus einer mattierten Metalloberfläche mit einer zentrischen, konischen Vertiefung. Dieser besondere Aufbau verstärkt die Sensitivität des Sensors. Auf diesen konischen Spiegel wird ein intensiver Strahl sichtbaren roten Lichts gerichtet und grob auf den mittleren Bereich der Vertiefung fokussiert. Im trockenen Zustand entsteht an der matten Reflektoroberfläche Streulicht, welches der Detektor registriert. Der Spiegel wird nun, wie sonst auch üblich, herabgekühlt. Je nach Kohlenwasserstoff-Konzentration, -Zusammensetzung und Spiegeltemperatur, entsteht nach einiger Zeit Niederschlag. Sobald der Reflektor mit einer ausreichenden Menge Kohlenwasserstoff Niederschlag benetzt ist, verschwindet das Streulicht und es entsteht eine ringförmige Reflexion außerhalb des Detektors, der Detektor liegt jetzt im dunklen Inneren, im so genannten Dark Spot[1]. Die beim Übergang von hell zu dunkel gemessene Temperatur ist der Kohlenwasserstoff-Taupunkt.

Gaschromatographen

Der Kohlenwasserstoff-Taupunkt (KWTP), beispielsweise von Erdgas, kann auch indirekt durch die Gaschromatographie bestimmt werden[2]. Hierzu wird die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe mit einem Gaschromatographen bestimmt und über Rechenmodelle (Zustandsgleichungen) der zu diesem Gasgemisch gehörende KWTP bestimmt.

Der Vorteil gegenüber der direkten Taupunktmessung ist die Möglichkeit zur Berechnung des gesamten Phasenverhaltens des Gases. Außerdem wird so auch die quantitative Zusammensetzung der Gasprobe bestimmt, aus der sich ein weiteres wichtiges Qualitätsmerkmal von Erdgas, der Brennwert, ergibt[3].

Ein Nachteil dieses hochgerechneten Verfahrens ist, dass bereits die Auswahl der Zustandsgleichungen eine deutliche Auswirkung auf den zu bestimmenden KWTP hat, dabei variieren die errechneten Taupunkttemperaturen je nach Gleichung bereits um bis zu 2 °C (NPL Report AS 3, 2.12 Use of different equations of state[4]).

Lässt man dies außer Acht, erzeugt dieses Verfahren gute Ergebnisse, solange auch alle Stoffe der Gaszusammensetzung durch den Gaschromatographen erfasst werden. Was unter optimalen Voraussetzungen kein Problem ist, stößt unter realen Bedingungen an Grenzen. Beispielsweise können durch wartungsbedingte Eingriffe oder andere z. B. förderstättenbedingte Ursachen unerwartete Verunreinigungen und Beimischungen in die Erdgasprobe gelangen, die vom Gaschromatographen nicht erfasst werden und somit auch nicht ins Rechenmodell eingehen. Die logische Folge sind falsche, bzw. von der Realität abweichende Taupunkte (NPL Report AS 3, 5. CONCLUSIONS[4]).

Eine weitere Eigenheit dieser Methode ist, dass die hochgerechneten KWTP unter Laborbedingungen mit synthetischen Gasgemischen regelmäßig höher liegen als solche, die mit einem Taupunktspiegel ermittelt werden. Unter realen Bedingungen mit natürlichen Gasgemischen hingegen zeigt sich das Gegenteil, hier liegen die hochgerechneten Taupunkte niedriger als bei Messungen mit Taupunktspiegeln. Ursache ist vermutlich die weit komplexere Zusammensetzung von natürlichen Gasmischungen (NPL Report AS 3, 4.3.3 Comparison of ‘process’ instruments, ACMI - GC[4]). Insbesondere dürfte dieses Verhalten an höheren Kohlenwasserstoffen liegen, die falsch identifiziert, falsch gemessen oder schlicht undetektiert bleiben, zusätzlich werden aber auch unerwartete Bestandteile (wie Öl oder Glykol) mit als mögliche Fehlerquellen vermutet.


Einzelnachweise

  1. Das "Dark Spot" Prinzip von Michell Instruments
  2. ISO 23874: Voraussetzungen für Kohlenwasserstoff-Taupunktmessung mit Gaschromatographen
  3. Kohlenwasserstoff-Taupunktmessung Wirtschaftliche Kombination von Messaufgaben bei der Gasbeschaffenheitsanalyse
  4. 4,0 4,1 4,2 NPL Dewpoint Report, NPL Report AS 3

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