Jones-Formalismus

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Der Jones-Formalismus beschreibt lineare optische Abbildungen unter Berücksichtigung der Polarisation. Das Licht wird als ebene elektromagnetische Welle repräsentiert, mit einem komplexwertigen zweidimensionalen Jones-Vektor, der Amplitude der Welle. Die Abbildungen werden durch Jones-Matrizen dargestellt. Der Formalismus wurde nach R. Clark Jones benannt, der diese Darstellung 1941 einführte. Der Jones-Formalismus eignet sich insbesondere zur Analyse optischer Systeme, in denen ein Lichtstrahl eine Kaskade von optischen Bauelementen durchläuft.

Mathematische Beschreibung

Beispiele für normierte Jones-Vektoren[1][2][3]
Polarisation Polarisationszustand Jones-Vektor
linear in x-Richtung Polarisation state - Linear polarization parallel to x axis.svg $ {\begin{pmatrix}1\\0\end{pmatrix}} $
linear in y-Richtung Polarisation state - Linear polarization parallel to y axis.svg $ {\begin{pmatrix}0\\1\end{pmatrix}} $
linear in +45°-Richtung Polarisation state - Linear polarization oriented at +45deg.svg $ {\frac {1}{\sqrt {2}}}{\begin{pmatrix}1\\1\end{pmatrix}} $
linkshändig zirkular Polarisation state - Left-circular polarization.svg $ {\frac {1}{\sqrt {2}}}{\begin{pmatrix}1\\\mathrm {i} \end{pmatrix}} $
rechtshändig zirkular Polarisation state - Right-circular polarization.svg $ {\frac {1}{\sqrt {2}}}{\begin{pmatrix}1\\-\mathrm {i} \end{pmatrix}} $

In komplexer Schreibweise hat die Elongation einer monochromatischen ebenen Welle in einem kartesischen Koordinatensystem die Orts- und Zeitabhängigkeit

$ {\vec {E}}(z,t)={\begin{pmatrix}{\tilde {E}}_{x}\\{\tilde {E}}_{y}\end{pmatrix}}e^{\mathrm {i} (kz-\omega t)} $,

wobei $ k $ die Kreiswellenzahl und $ \omega $ die Kreisfrequenz bezeichnen und als Ausbreitungsrichtung die $ z $-Achse gewählt ist. Der Jones-Vektor dieser Welle ist dann

$ {\vec {J}}={\begin{pmatrix}{\tilde {E}}_{x}\\{\tilde {E}}_{y}\end{pmatrix}} $,

das heißt, die explizite Raum- und Zeitabhängigkeit der Amplitude wird bei der Beschreibung der Welle unterdrückt. Der Effekt eines optischen Bauelements auf die Lichtwelle lässt sich durch die Wirkung einer komplexwertigen 2×2-Matrix $ \mathbf {M} $ auf den Jones-Vektor beschreiben, wenn das Element keine nichtlinearen Eigenschaften hat,

$ {\vec {J}}_{\rm {out}}={\mathbf {M} }{\vec {J}}_{\rm {in}}. $

Durchläuft der Lichtstrahl ein System optischer Elemente mit Jones-Matrizen $ \mathbf {M} _{1},\ldots ,\mathbf {M} _{n} $, so lässt sich der Gesamteffekt des optischen Systems durch eine Jones-Matrix

$ {\mathbf {M} }={\mathbf {M} }_{n}\cdot {\mathbf {M} }_{n-1}\cdot \ldots \cdot {\mathbf {M} }_{1} $

beschreiben (sofern Mehrfachreflexionen zwischen den einzelnen Komponenten keine Rolle spielen). Die Eigenpolarisationen eines optischen Systems entsprechen den Eigenvektoren seiner Jones-Matrix. Der Jones-Vektor eignet sich nur für die Beschreibung vollständig polarisierten Lichts, und entsprechend können nur optische Komponenten, die keine depolarisierenden Eigenschaften besitzen, durch Jones-Matrizen charakterisiert werden. Sind Depolarisations-Effekte von Bedeutung, muss auf den aufwändigeren Stokes-Formalismus zurückgegriffen werden.

Jones-Matrizen können z. B. lineare Polarisationen oder zirkulare Polarisationen (Rotation der Polarisationsebene) und Verzögerungsplatten beschreiben. Bei der $ \lambda $-Viertel Platte wird z. B. eine Polarisationsrichtung gegenüber der dazu senkrechten um eine Viertel Wellenlänge verzögert. Bei zirkularer Polarisation und Verzögerung ändert sich der Betrag der Gesamtamplitude nicht, und die Matrizen sind unitär, es gilt $ M^{-1}=M^{\dagger }:={\overline {M}}^{\rm {T}} $ (dabei bedeutet $ {\overline {M}} $ komplex konjugiert und T die Transposition der Matrix) und $ {|M\cdot {\vec {J}}|}^{2}=({\vec {J}}^{*T}\cdot M^{\dagger }M\cdot {\vec {J}})=({\vec {J}}^{*T}\cdot {\vec {J}})={|{\vec {J}}|}^{2}=J^{2} $. Bei linearer Polarisation kann sich der Betrag der Gesamtamplitude ändern, die zugehörigen Matrizen sind nicht unitär.

Beispiele für Jones-Matrizen[3]
Optisches Element Jones-Matrix
Polarisationsfilter für linear polarisiertes Licht

in H-Stellung

$ {\begin{pmatrix}1&0\\0&0\end{pmatrix}} $
Polarisationsfilter für linear polarisiertes Licht,

in V-Stellung

$ {\begin{pmatrix}0&0\\0&1\end{pmatrix}} $
Polarisationsfilter für linear polarisiertes Licht,

in +45°-Stellung

$ {\frac {1}{2}}{\begin{pmatrix}1&1\\1&1\end{pmatrix}} $
Polarisationsfilter für linear polarisiertes Licht,

in −45°-Stellung

$ {\frac {1}{2}}{\begin{pmatrix}1&-1\\-1&1\end{pmatrix}} $
Polarisationsfilter für linear polarisiertes Licht, um den Winkel

$ \varphi $ im mathematisch positiven Drehsinn aus der H-Stellung gedreht

$ {\begin{pmatrix}\cos ^{2}\varphi &\cos \varphi \sin \varphi \\\sin \varphi \cos \varphi &\sin ^{2}\varphi \end{pmatrix}} $
Polarisator für linkshändig zirkular polarisiertes Licht $ {\frac {1}{2}}{\begin{pmatrix}1&-\mathrm {i} \\\mathrm {i} &1\end{pmatrix}} $
Polarisator für rechtshändig zirkular polarisiertes Licht $ {\frac {1}{2}}{\begin{pmatrix}1&\mathrm {i} \\-\mathrm {i} &1\end{pmatrix}} $
λ/2-Plättchen mit schneller Achse in x-Richtung $ {\begin{pmatrix}-\mathrm {i} &0\\0&\mathrm {i} \end{pmatrix}}=e^{-\mathrm {i} {\frac {\pi }{2}}}\;{\begin{pmatrix}1&0\\0&e^{\mathrm {i} \pi }\end{pmatrix}}=-\mathrm {i} \;{\begin{pmatrix}1&0\\0&-1\end{pmatrix}} $
λ/4-Plättchen mit schneller Achse in x-Richtung $ {\frac {1}{\sqrt {2}}}{\begin{pmatrix}1-\mathrm {i} &0\\0&1+\mathrm {i} \end{pmatrix}}=e^{-\mathrm {i} {\frac {\pi }{4}}}\;{\begin{pmatrix}1&0\\0&e^{\mathrm {i} {\frac {\pi }{2}}}\end{pmatrix}}=e^{-\mathrm {i} {\frac {\pi }{4}}}\;{\begin{pmatrix}1&0\\0&\mathrm {i} \end{pmatrix}} $

Gemäß der üblichen Sprechweise in der Optik, bezeichnen „H“ wie horizontal und „V“ wie vertikal die Orientierung in die x- und y-Richtung.

Wenn es nicht auf die Interferenz mit anderen Strahlen ankommt, kann ein gemeinsamer (komplexer) Phasen-Vorfaktor ausgeklammert werden, und die Matrizen werden häufig so angegeben, dass die erste Diagonalstelle reell ist.

Gedrehte Bauteile

Wird ein optisches Bauteil gegenüber seiner optischen Achse um den Winkel θ gedreht, so ist die Jones-Matrix für das gedrehte Bauteil, M(θ). Diese Matrix erhält man aus der Matrix M für das ungedrehte Bauteil durch folgende Transformation:

$ M(\theta )=R(\theta )\,M\,R(-\theta ), $
Dabei ist $ R(\theta )={\begin{pmatrix}\cos \theta &-\sin \theta \\\sin \theta &\cos \theta \end{pmatrix}}. $

Literatur

  •  R. Clark Jones: New calculus for the treatment of optical systems. I. Description and discussion of the calculus. In: Journal of the Optical Society of America. 31, Nr. 7, 1941, S. 488–493, doi:10.1364/JOSA.31.000488.
  • R. M. A. Azzam, N. M. Bashara: Ellipsometry and Polarized Light. North-Holland, Amsterdam (u. a.) 1987, ISBN 0720406943.
  • A. Gerrard, J. Burch: Introduction to Matrix Methods in Optics. John Wiley, 1975 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  • Frank Pedrotti, Leno Pedrotti: Introduction to Optics. 2. Auflage, Prentice Hall, 1993, ISBN 0135015456 (Kapitel 14: Matrix Treatment of Polarization).

Weblinks

Einzelnachweise

  1.  Frank L. Pedrotti, Leno S. Pedrotti: Introduction to Optics. Prentice-Hall, 1993, ISBN 0130169730, S. 288.
  2.  Eugene Hecht: Optics. 4 Auflage. Addison-Wesley Longman, Amsterdam 2001, ISBN 0805385665, S. 375.
  3. 3,0 3,1 Bei der Darstellung der rechts- und linkszirkularen Polarisation hat man zu beachten, dass hier für die Ausbreitung der ebenen Welle ein Faktor $ e^{\mathrm {i} (kz-\omega t)} $ gewählt wurde, wodurch sich unter anderem die Formeln für links- und rechtszirkulare Polarisation vertauschen. Beide Konventionen (umgekehrtes Vorzeichen im Exponenten) werden in der Fachliteratur genutzt, was bei der Verwendung von Formeln aus den Fachbereich Optik und der Physik allgemein beachtet werden muss.

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