Fallfilmverdampfer

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ehemaliger Fallfilmverdampfer des Synthesewerks Schwarzheide, der bei der Abspaltung eines Lösungsmittels vom Endprodukt MDI genutzt wurde

Fallfilmverdampfer kommen weitläufig in der Chemischen Industrie, der Lebensmittelindustrie sowie im Papier verarbeitenden Gewerbe und in der Meerwasserentsalzung zum Einsatz.

Funktionsweise

Die Verdampfung findet im Allgemeinen im Rohr statt, hier fließt die zu verdampfende Flüssigkeit als zusammenhängender Flüssigkeitsfilm. Ein Filmaufriss ist in jedem Fall zu vermeiden. Aus diesem Grund muss der Flüssigkeitsverteiler sorgfältig ausgelegt werden und eine ausreichende Berieselungsdichte vorliegen. Der Wärmeübergang wird maßgeblich durch die Filmdicke und den Turbulenzgrad des Filmes bestimmt.

Dieser Apparatetyp ist durch das Fehlen einer statischen Flüssigkeitssäule gekennzeichnet. Dieses ermöglicht, dass die Verdampfung bei kleinen treibenden Temperaturdifferenzen stattfinden kann. Typischerweise beträgt die Temperaturdifferenz zwischen Heizmedium und zu verdampfender Flüssigkeit 3 K bis 8 K. Dieses ist beträchtlich weniger als in anderen Verdampfertypen wie Naturumlaufverdampfer und Robertverdampfern, in denen die treibende mittlere Temperaturdifferenz typischerweise zwischen 15 K und 30 K liegt.

Die geringe Temperaturdifferenz im Fallfilmverdampfer ermöglicht die Verdampfung bei sehr geringen Absolutdrücken, also Verdampfungstemperaturen durchzuführen. Auch die Verweilzeit der zu verdampfenden Flüssigkeit im Apparat kann extrem kurz sein. Gerade bei der Verdampfung von temperaturempfindlichen Flüssigkeiten sind dieses die Hauptvorteile dieses Verdampfertyps.

Anwendungsbeispiele

Als Beispiel sei hier die Eindampfung von Fruchtsäften wie Orangensaft genannt. Hierbei wird der Wasseranteil so weit wie möglich verringert, um beispielsweise Transportkosten einzusparen. Um wertvolle Vitamine im Konzentrat zu erhalten muss die Verdampfung bei geringen Temperaturen durchgeführt werden. Auch bei Flüssigkeiten, welche bei höheren Wandtemperaturen zur Belagbildung neigen, werden Fallfilmverdampfer erfolgreich eingesetzt.

Wärmerückgewinnung

Aufgrund der geringen treibenden Temperaturdifferenzen ist es möglich, verschiedene Methoden der Wärmerückgewinnung anzuwenden. Beispielsweise kann man den entstehenden Dampf zur Beheizung einer oder mehrerer folgenden Verdampferstufen benutzen. Man spricht dann von Mehreffektanlagen. Andere angewandte Methoden der Wärmerückgewinnung bei diesem Verdampfertyp sind mechanische und thermische Brüdenkompression sowie Absorptionswärmepumpen. Durch diese Wärmerückgewinnung kann der Verdampfungsprozess energetisch optimiert werden.

Wärmeübergang

Der rohrseitige Wärmeübergang von der Rohrwand zum Flüssigkeitsfilm wird maßgeblich durch den Strömungszustand im Film bestimmt. Man unterscheide laminar, wellig-laminar und turbulent. In technischen Anwendungen ist nur selten der rein laminare Fall anzutreffen. Ausgehend von einer sicheren Berieselung, die gewährleistet, dass alle Rohre mit einem geschlossenen Flüssigkeitsfilm benetzt sind, wird der rohrseitige Wärmeübergang mit Hilfe der Reynolds-Zahl und der Stoffwerte im Flüssigkeitsfilm berechnet. Am gebräuchlichsten sind die Auslegungsgleichungen von Chun & Seban, deren Korrelationen auf Ergebnissen von Wasserversuchen am elektrisch beheizten Rohr basieren.

Für den laminar welligen Strömungszustand geben sie den folgenden Zusammenhang an: →Nu = 0.821 · Re^-0.22

Im turbulenten Fall muss ebenfalls der Einfluss der Stoffeigenschaften (die Prandtl-Zahl Pr) berücksichtigt werden: →Nu = 0.0038 · Re^0.4 · Pr^0.65

Diese Gleichungen drücken aus, dass im laminar welligen Fall der Wärmeübergang mit zunehmender Berieselung abnimmt, wenn die Strömung allerdings turbulent wird, nimmt der Wärmeübergang mit zunehmender Berieselung zu.

Merkmale

Es herrscht nur eine sehr kurze Verweilzeit in den Rohren, das heißt nur eine geringe Flüssigkeitsmenge befindet sich im Apparat. Im Allgemeinen sind die rohrseitigen Wärmeübergangskoeffizienten hoch. Es liegt nur eine geringe treibende Temperaturdifferenz vor mit dem Mechanismus der Oberflächenverdampfung. Blasensieden wird im Allgemeinen vermieden. Die treibende Temperaturdifferenz ist gewöhnlich geringer als 15 K. In vielen Anwendungsfällen liegt sie unter 6 K Bei der Verdampfung auf der Rohrinnenseite kann der rohrseitige Druckverlust oftmals vernachlässigt werden. Nur in tiefen Vakuumanwendungen ist eine Berücksichtigung notwendig. Durch die Vermeidung vom Blasensieden besteht nur eine geringe Verschmutzungsneigung. Fallfilmverdampfer können bei sehr geringen Absolutdrücken gefahren werden. Die Höhe dieses Druckes wird durch die statische Flüssigkeitssäule des Films vorgegeben.

Literatur

  • Handbook of evaporation technology; Minton P.E.; Noyes Publications, Park Ridge, N.J., 1986.
  • Falling film evaporation in vertical tubes; ESDU International (Engineering Data Science Series)Data Item 98010
  • Local thickness and wave velocity measurements of wavy films; V.V. Lel, F. Al-Sibai, A. Leefken, and U. Renz; Experiments in Fluids, 39(5):856 - 864, 2005.
  • Investigation of the Back Flow Phenomenon in Falling Liquid Films; G. Dietze, A. Leefken, and R. Kneer; Journal of Fluid Mechanics, 595:435-459, 2008.
  • Investigations of the Marangoni effect on the regular structures in heated wavy liquid films; V.V. Lel, A. Kellermann, G. Dietze, R. Kneer, A.N. Pavlenko; Experiments in Fluids, 2007.
  • Simultaneous measurement of local film thickness and temperature distribution in wavy liquid films using a luminescence technique; A. Schagen, M. Modigell, G. Dietze, and R. Kneer; International Journal of Heat and Mass Transfer, 49(25-26):5049-5061, 2006.

Quellen

  • Wärmeübergang an Rieselfilme; Wilke, W.; VDI–Forsch., Vol. 490, B28, 1962.
  • Heat transfer to evaporating liquid films; Chun K.R.,Seban R.A.; J. Heat Transfer, Vol. 93, pp. 391-396, Nov. 1971.

Siehe auch

Verdampfer (Verfahrenstechnik)

Weblinks

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