Endoprothese

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Bei Endoprothesen (von griech.: endo "innen") handelt es sich um Implantate, die dauerhaft im Körper verbleiben und den geschädigten Körperteil ganz oder teilweise ersetzen.

Am bekanntesten sind wohl die künstlichen Hüftgelenke. Heute stehen auch Endoprothesen für weitere Gelenke zur Verfügung (Kniegelenk, Schultergelenk, seltener auch eine Sprunggelenk-Endoprothese, sowie Ellenbogengelenks- und Fingergelenksprothesen), wobei arthrotische Gelenkveränderungen eine häufige Indikation darstellen. In der Veterinärmedizin (Hunde/Katzen) hat das künstliche Hüftgelenk inzwischen Einzug gehalten.

Röntgenbild einer konventionellen, zementfrei eingesetzten Endoprothese des Hüftgelenkes (Abkürzung: HTP oder H-TEP). Das große Metallimplantat erscheint auf der Aufnahme fast weiß, stellenweise durchscheinend. Die künstliche Pfanne ist aus relativ dünnem Material und mit einem Polyethylen-Lager ausgekleidet. Schemenhaft zeigt sich in der großen Auflösung die Metallkugel, die den Hüftkopf ersetzt.

Im Wesentlichen sind alle körperfremden Ersatzteile, die komplett in den Körper eingebracht werden, Endoprothesen, auch Implantate genannt. Dazu zählen auch Herzklappenersatz, Gefäßersatz oder Brustimplantate. Daneben gibt es noch spezielle Implantate, die nicht ausschließlich im Körper verborgen sind, sondern austreten, und daher auch als Endo-Exo-Prothesen bezeichnet werden können, wie Zahnimplantate, Cochlea-Implantate oder Endo-Exo-Prothesen nach Amputation z. B. des Oberschenkels oder des Oberarms. Der vorliegende Artikel beschäftigt sich jedoch ausschließlich mit den in Orthopädie und Unfallchirurgie verwendeten Gelenkendoprothesen.

Verankerung von Prothesen im Knochen

Grundsätzlich entsteht der dauerhafte Halt einer Prothese durch vom Körper neu gebildete Knochensubstanz, die die Prothese fest umschließt. Diese knöcherne Integration erfordert eine genaue Einpassung der Prothese in das Knochenlager. Durch Knochenzement kann die Passgenauigkeit methodisch vereinfacht werden. Man unterscheidet demnach

  • zementierte Prothesen
  • zementfreie Prothesen
  • Hybrid-Prothesen, bei denen beispielsweise die Hüftpfannenprothese zementiert und der Schaft zementfrei ist.

Werkstoffe/Werkstoffpaarungen

Der Prothesenschaft einer Hüftprothese besteht in der Regel aus

  • Titanlegierungen (TiAl6V4, TiAl6Nb7 - Schmiedelegierung) (zementfrei)
  • CoCrMo-Schmiedelegierungen (zementiert)
  • (heute nicht mehr) CoNiCrMo-Schmiedelegierungen
  • (vereinzelt) faserverstärkte Kunststoffe

Die Femur- und Tibiakomponenten eines Knieimplantats bestehen in der Regel aus

  • CoCrMo-Gusslegierungen
  • Titan-Legierungen (i.d.R. Guss)

Typische Gleitpaarungen im Artikulationsbereich bei TEP sind

  • CoCrMo/Polyethen (UHMWPE - Ultra high molecular weight polyethylene = ultrahochmolekulares Polyethylen)
  • Keramik/Keramik
  • Keramik/Polyethen
  • CoCrMo/CoCrMo

Aufgrund der sehr schlechten tribologischen Eigenschaften von Titan wird dieses nicht als Material für artikulierende Prothesenteile eingesetzt.

Grundsätzlich verwendet man immer mehr Nickel-freie Endoprothesen, da die relativ häufig auftretenden Nickelallergien postoperativ zu Komplikationen führen können.

Es kommen immer weitere Formen und Verbesserungen der Werkstoffe auf den Markt, um die Standzeit einer Gelenkendoprothese zu erhöhen. Zum Beispiel soll eine kreuzvernetzte Polyethylen-Struktur, die durch radioaktive Bestrahlung des normalen Polyethylens hergestellt wird, den Abrieb (durch die Artikulationsreibung entstehende Partikelfreisetzung des Polyethylens) stark vermindern. Ebenfalls geht die Tendenz bei Hüft-Endoprothetik immer mehr in Richtung der zementfreien Verankerung, auch bei Patienten in hohem Alter, sofern deren Knochensubstanz die zementfreie Version noch zulässt.

Hüftgelenkprothesen

Datei:Musée des Arts et Métiers Hüftgelenk filtered.jpg
Hüftgelenkprothese mit Keramikkopf und "press-fit" zu verankernder Metallpfanne mit Keramik-Inlay

Pioniere der Hüftendoprothetik in Deutschland waren in den 1960er Jahren Hans-Wilhelm Buchholz (Hamburg) und Hermann („Peter“) Lubinus (Kiel).

In Deutschland werden pro Jahr knapp 200.000 Hüftgelenke implantiert.[1] 95 Prozent dieser Endoprothesen sind auch nach zehn Jahren noch funktionstüchtig,[2] 75 Prozent aller eingesetzten Hüftendoprothesen müssen auch nach 26 Jahren noch nicht ausgetauscht werden.[3]

Bei Hüftgelenkprothesen wird zwischen (Hüft-/Oberschenkel-) Kopfprothesen, Schaftprothesen (Stielprothesen) (Femurschaft) und Hüftpfannenprothesen unterschieden. Werden sowohl der Gelenkkopf als auch die Gelenkpfanne ersetzt, handelt es sich um eine Total-Endo-Prothese (TEP), wird nur der Kopf ersetzt, spricht man von Hemi-Endo-Prothese (HEP).

Eine neuere Form der Schaftprothese ist die Kurzschaftprothese, die fast ausschließlich im Schenkelhals des Femur verankert wird.

Neuere Prothesenformen

Daneben gibt es zwei neuere Prothesenformen, bei denen der obere Teil des Oberschenkelknochens in weitaus größerem Umfang erhalten bleibt. Während bei der Schaftprothese der Kopf des Oberschenkelknochens und der Schenkelhals (völlig) entfernt werden, wird bei der ASR-Hüfte[4], McMinn- oder Hüftkappen-Prothese (engl. resurfacing) lediglich die Oberfläche des Gelenkkopfes entfernt und durch eine Metallkappe ersetzt (Oberflächenersatz am Hüftgelenk). Prothesen, bei denen der Knochen in größerem Umfang erhalten bleibt, sind vor allem für jüngere Patienten interessant, weil hier mehr Möglichkeiten bei einer späteren Revision bestehen. Der geringe Knochenverlust, die geringe Luxationsgefahr und der Erhalt der physiologischen Gelenkmechanik gelten als die größten Vorteile des Oberflächenersatzes. Allerdings relativiert sich die Knochenschonung durch eine größere Pfannenfräsung, der Metallabrieb in der großflächigen Metall-Metall-Hartpaarung stellt ein bisher ungelöstes Problem dar, und das Langzeitschicksal des Resthüftkopfes unter der zementierten Kappe ist noch nicht geklärt. Im Oktober 2010 ruft DePuy das ASR XL Hüftpfannen- und Hüft-Oberflächenersatzsystem zurück.[5] Im März 2012 erscheint bei The Lancet eine Studie, nach der die Revisionsrate von großen Metall-auf-Metall-Prothesen (52 mm Köpfe) nach fünf Jahren mit 5,1 % (bei 60-jährigen Männern) mehr als doppelt so hoch sei wie bei anderen Prothesen mit 2 % (40 mm Köpfe, 60-jährige Männer). Darin wird empfohlen Metall-auf-Metall-Prothesen nicht zu verwenden.[6]

Erstmals ist im Juni 2011 in den USA eine Hüftprothese zugelassen worden, die Keramik (Gelenkkugel) und Metall (Hüftpfanne) kombiniert. In der vorausgegangenen zweijährigen klinischen Studie wurden an elf Kliniken in den USA und Kanada 194 neue Keramik-auf-Metall-Prothesen mit 196 Patienten mit konventioneller Metall-auf-Metall-Prothese verglichen. Die Zahl der nötigen Revisionsoperationen war mit 2 und 3 in beiden Gruppen gering, es gab "keine vermehrten intra- oder postoperativen Komplikationen". Die US-amerikanische Kontrollbehörde FDA erteilte daraufhin dem US-Hersteller DePuy Orthopaedics Inc. aus Warsaw für sein Produkt die staatliche Zulassung. Begleitend wurde eine Postmarketing-Studie aufgelegt, in der auch die Metall-Ionen-Konzentration im Blut kontrolliert werden soll.[7]

Etwas in Konkurrenz zum Oberflächenersatz wiederum bei jüngeren Patienten, ebenfalls mit dem Anspruch der Knochenschonung, stehen die Kurzschaftprothesen. In der mehrjährigen Erfahrung haben die Kurzschäfte teilweise überraschend gute Haltbarkeitsergebnisse geliefert, andererseits ist bei Revisionen der Pfannenwechsel gegenüber der Oberflächenprothese wegen geringerer Durchmesser weniger problematisch. Die neuen Wege in der Endoprothetik müssen allerdings mit der durchaus erfolgreichen konventionellen Technik, die immer noch als Maßstab gilt, verglichen werden.

Operative Behandlung

Die Operation kann sowohl unter Vollnarkose als auch mit einer Spinalanästhesie durchgeführt werden. Zunächst werden die verschlissenen Gelenkoberflächen und der bisherige Gelenkkopf am Oberschenkel entfernt und der verbleibende Knochen für das Implantat vorbereitet. Dadurch können evtl. vorhandene Beinlängendifferenzen meistens vollständig ausgeglichen werden. Danach erfolgt die Implantation und Verankerung der beiden Gelenkkomponenten mit den oben beschriebenen Alternativen. Teilweise werden Herstellung und Implantation mittels speziellen Robotern (ROBODOC) vorgenommen. Für die gesamte Operation bis Wundverschluss kann etwa mit 1,5 Stunden gerechnet werden. Der Patient kommt zur Überwachung in eine Aufwacheinheit. Nach weiteren 2 bis 4 Stunden erfolgt dann die Rückverlegung in die Normal- oder Überwachungsstation.

Minimal-invasive Hüftgelenks-Endoprothetik

Minimal-invasive Hüftgelenk-Operation mit implantierter Endoprothese. Durch den etwa 7 cm großen sogenannten dorsolateralen Zugang zum Hüftgelenk sieht man das Hüftpfannen-Inlay aus Polyethylen (weiß) und darin den Endoprothesen-Kopf.

Moderne minimal-invasive Operationstechniken erlauben heute eine gewebeschonende Art der Implantation. Es handelt sich hierbei um minimal- oder geringinvasive Zugänge zum Hüftgelenk. Die Definition des minimalinvasiven Zugangs wird jedoch zurzeit kontrovers diskutiert. Sicher ist aber wohl, dass dieses Prädikat „minimalinvasiv“ in Verbindung mit möglichst geringer Weichteilirritation nicht nur von einer einzigen Methode beansprucht werden kann, sondern mehrere Verfahren als minimalinvasiv gelten dürfen. Ein Vorteil ist die schnellere Rehabilitation der Patienten als bei den konventionellen Techniken aufgrund der schonenderen Weichteilbehandlung. Dies betrifft jedoch nur die ersten Tage nach der Operation. Im weiteren Verlauf gibt es keinen Unterschied zwischen den einzelnen Techniken in der Beweglichkeit oder Belastungsfähigkeit des Hüftgelenkes. Die minimalinvasive Technik ist nicht bei jeder Hüftgelenkserkrankung anzuwenden und hat ihre Grenzen.

Betreuung nach der OP

In den ersten Tagen nach der Operation werden Wundschmerzen mit Medikamenten aufgefangen. Die krankengymnastische Bewegungstherapie des operierten Beines beginnt. Das postoperative Vorgehen unterscheidet sich erheblich zwischen zementierten und zementfreien Prothesen. Während der große Vorteil von zementierten Prothesen darin besteht, dass die Mobilisation bereits am ersten Tag nach der Operation beginnt und der Patient die ersten Schritte gehen kann, erfolgt bei zementfreien Prothesen in der ersten postoperativen Woche noch gar keine Belastung der Prothese, damit die recht langsam erfolgende knöcherne Integration nicht gestört wird.

In den ersten Wochen werden medizinische Gehwagen und Unterarmgehstützen benutzt, um die Gangsicherheit zu verbessern und das operierte Hüftgelenk nicht zu überlasten. Die stationäre Behandlung in den meisten Kliniken dauert nach einem komplikationslosen Eingriff ca. acht bis zehn Tage. In dieser Zeit wird eine Anschlussheilbehandlung festgelegt. In diesen Rehabilitationskliniken sollten die Mobilität weiter verbessert und die das Hüftgelenk stabilisierende Muskulatur gezielt trainiert werden.

In darauf spezialisierten Kliniken werden mit Standardimplantaten Langzeitergebnisse von über 15 Jahren erreicht. Sie erlauben in über 90 % der Fälle ein gutes funktionelles Ergebnis (Laufen, Stehen) bei weitgehender Schmerzfreiheit.

Regelmäßige Verlaufskontrollen in der Klinikambulanz oder beim Orthopäden mit klinischer und röntgenologischer Untersuchung sollen diese Ergebnisse langfristig begleiten.

Risiken eines solchen operativen Eingriffes

Die Implantation eines künstlichen Hüftgelenkes ist mit den generellen Risiken eines mittleren operativen Eingriffs verbunden. Dazu gehören die Bildung von Blutgerinnseln in den Beinen (Thrombose) während oder nach der Operation, die Wundheilungsstörung (Infektionen), der postoperative Bluterguss (Hämatom), die Nachblutung und die Möglichkeit einer Verletzung von Nerven und Blutgefäßen. Gelegentlich kann während der Operation ein Blutverlust auftreten, der eine Bluttransfusion (Eigen- oder Fremdblut) erfordert. Eine Implantatallergie gegen Bestandteile der Endoprothese kann ähnlich wie bei einer Infektion einen Austausch des künstlichen Gelenkes erforderlich machen (Revisionsoperation). Ein für den Eingriff spezifisches Risiko ist eine selten auftretende Absprengung von Knochengewebe am Oberschenkel, die dann einer zusätzlichen Stabilisierung durch Verdrahtung oder Schrauben bedarf. Bei circa 3 % der Patienten kommt es im Laufe von zehn Jahren zu einer sogenannten Endoprothesenlockerung, die mit Schmerzen und eventuell entzündlichen Veränderungen einhergeht und eine Revisionsoperation mit einem Wechsel der Endoprothese erforderlich machen kann.

Bei einigen Patienten kommt es in den ersten Monaten nach der Operation zu heterotoper Knochenbildung, einer Periartikulären Ossifikation. Ohne geeignete Gegenmaßnahmen kann durch sie die durch die Operation gewonnene Beweglichkeit wieder zunichtegemacht werden. Durch vorbeugende Röntgen-Bestrahlung des umliegenden Gewebes unmittelbar vor der Operation (in der Regel mit 7 Gy mittels eines Linearbeschleunigers) wird bei bekannten Risikopatienten die Knochenneubildung reduziert. Ebenfalls zur Prophylaxe heteroptoper Ossifikationen wird postoperativ sehr oft ein Entzündungshemmer (in der Regel Indometacin) gegeben. [8]

Eine amerikanische Analyse zur Gefahr tiefer Wund- oder Protheseninfekte (0,5 % in der Studie) nach primärem Einsatz einer Hüftendoprothese bei über 30.000 Operationen ergab in einer multivariaten Analyse als Risikofaktoren:

  • Gleichzeitige beidseitige Prothesenoperation (Hazard ratio HR = 4,80, Konfidenzintervall CI = 2,09 - 11,1)
  • Reduzierter Gesundheitszustand mit einem ASA-Score von mindestens 3 (HR = 2,20, CI = 1,55 - 3,11)
  • Übergewicht mit Body-Mass-Index BMI > 30 (HR im Vergleich zu Normalgewicht = 2,37, CI 1,55 - 3,61)
  • Weibliche Patienten (HR = 1,43, CI= 1,01 - 2,04)

Hingegen zeigte sich kein erhöhtes Risiko bei Diabetes (das nur in der univariaten Analyse ein Risikofaktor war, aber bei dem der BMI ein Confounder war). Ebenso spielten das Alter, die zugrunde liegende Diagnose, ethnische Zugehörigkeit, chirurgischer Zugangsweg und Fixationsmethode keine Rolle, ebenso wenig die OP-Häufigkeit des Chirurgen oder des Krankenhauses. Auch waren spezielle Reinraumtechniken (Laminar airflow und body exhaust suites), vorherige Antibiotika-Gabe oder die Art des Anästhesieverfahren nicht mit einem veränderten Infektionsrisiko verbunden.[9]

Schulter-Endoprothese

Die erste Schulter-Prothese wurde als Monoblock-Prothese von C. S. Neer bereits in den 1950er Jahren vorgestellt, zunächst zur Versorgung komplexer Oberarmkopfbrüche, später aber auch bei Schultergelenkverschleiß [10]. Vergleichbar zur Behandlung der Hüftarthrose gab es mehrere Entwicklungsschritte. In der zweiten Generation wurden Prothesen entwickelt, bei denen Kalotten und Schäfte unterschiedlicher Größe miteinander kombiniert werden konnten. Durch modulare Prothesen der dritten Generation konnte dann auch das Offset zwischen Diaphyse und Metaphyse, die Inklination und Retroklination des Humeruskopfes variabel eingestellt werden und somit eine der individuellen Anatomie entsprechende Positionierung der Prothese erreicht werden. Aktuelle Prothesen der vierten Generation unterscheiden sich hiervon nur geringfügig und vor allem bezüglich der Verankerung am Glenoid und im Humerusschaft sowie in den Möglichkeiten bei einer Prothesenrevision.

Neben der Totalendoprothese mit Ersatz der Schulterpfanne (des Glenoid) kommen 2011 in Deutschland weiterhin mehr Hemiendoprothesen zum Einsatz, bei denen das Glenoid nicht ersetzt wird. Für die Humeruskomponente gibt es neben der konventionellen Schaftprothese auch Prothesentypen mit einem Kurzschaft, schaftlose Prothesen und den kappenartigen humeralen Gelenkflächenersatz. Besonders in der Traumatologie haben aber auch modulare Langschaftprothesen eine häufige Indikation.

Besonders bei einer sekundären Arthrose bei komplettem Defekt der Rotatorenmanschette ("Rotatorenmanschetten-Arthropathie"), aber auch zunehmend nach Oberarmkopfbrüchen und im Falle einer Revision einer gelockerten Schulterprothese kommen inverse Prothesen ("Deltaprothesen") zum Einsatz, bei denen die Glenoidkomponente sphärisch ist, und mit einer konkaven Humeruspfanne artikuliert.[11]

Knieprothesen

Knieprothesen unterteilt man nach ihrem Kopplungsgrad in mehrere Gruppen:

  • Ungekoppelte Prothesen: Die uni-, bi- und trikondyläre Endoprothese. Bei der unikondylären wird nur der innere oder (seltener) der äußere Kondylus (= Gelenkrolle) des Oberschenkelknochens ersetzt samt der gegenüber liegenden halben Gelenkfläche des Schienbeinkopfes (zwei Implantate). Die bikondyläre Endoprothese ersetzt beide Kondylen und die gesamte Gelenkfläche des Schienbeinkopfes. Bei der trikondylären Methode erfolgt zusätzlich ein Ersatz der Gelenkfläche der Kniescheibe. Den Metall-Implantaten ist als Gleitfläche eine Polyäthylenschicht aufgelagert.
    Der Hauptunterschied zu den gekoppelten Endoprothesen besteht darin, dass die prothetischen Anteile nicht fest mechanisch verbunden, sondern gegeneinander verschiebbar sind. Die bikondyläre Endoprothese zählt bereits zu den totalen Knieendoprothesen, da bei ihr das gesamte tibiofemorale Gelenk ersetzt wird. Für den Einsatz einer ungekoppelten Knieprothese müssen beide Seitenbänder intakt und funktionsfähig bzw. rekonstruierbar sein. Bei fehlendem oder defektem hinteren Kreuzband existieren, diesen Mangel kompensierende, funktionell stabilisierende oder teilgekoppelte Modelle.
  • Teilgekoppelte Prothesen. Zu ihnen zählt man hauptsächlich das sogenannte PS-Knie. Posterior Stabilisierte Prothesen kommen zum Einsatz, wenn das hintere Kreuzband beschädigt oder entfernt wurden.
  • Gekoppelte Prothesen sind achsgeführte Implantate (Scharniergelenk). Sie kommen zum Einsatz, wenn die Band- und muskuläre Stabilität des Gelenks unzureichend sind. Dies ist der Fall, wenn z. B. Außen- und Innenband degenerativ oder traumatisch geschädigt sind oder der gesamte Kapselbandapparat bei starker Achsenfehlstellung (X-Bein/O-Bein) degeneriert ist. Außerdem ist die achsgeführt-gekoppelte Knieprothese eine häufige Lösung für Prothesenwechsel, bei denen mit Bandzerstörung und/oder Knochenverlust zu rechnen ist.

Für die Endoprothetik am Kniegelenk existiert eine S1-Leitlinie [12] aus dem Jahr 2009.

Sprunggelenk-Endoprothese

Sprunggelenk-Endoprothese

Röntgenbild einer implantierten Sprunggelenk-Endoprothese mit Tibia-Gleitplatte (oben) und einer Kappe für den Talus (unten) mit Polyethylen-Gleitkern in der Mitte

Es gibt zurzeit mehrere Endoprothesen-Modelle, allen gemeinsam ist jedoch das 3-Komponenten-Design. Meistens wird die Sprunggelenksendoprothese über einen vorderen, längsverlaufenden Zugang zum oberen Sprunggelenk eingesetzt. Dabei wird ein ausreichend langer Hautschnitt durchgeführt um Zug der Haken auf die Weichteile zu vermeiden. Durch präzise Ausrichtungs- und Sägeschablonen wird das Knochenlager im Bereich der Tibia und des Sprungbeins entsprechend zugerichtet, so dass die Prothese eingesetzt werden kann.

Der Eingriff erfolgt normalerweise in Regionalanästhesie, bei der entweder die untere Körperhälfte, oder nur das betroffene Bein in die Anästhesie einbezogen werden. Der wesentliche Vorteil dieser Methode liegt in der erleichterten Schmerztherapie nach der Operation. In besonderen Fällen wird der Eingriff auch in Allgemeinnarkose durchgeführt und dauert zwischen 90 und 120 Minuten. Unmittelbar nach der Operation wird der Patient mit einer abnehmbaren Vacoped®-Schiene versorgt. Bei unkompliziertem Verlauf kann der Patient bereits am 1. Tag nach der Operation mit Hilfe aufstehen. Am 2. Tag nach der Operation wird das Bein mit der Vacoped®-Schiene einmalig kontrolliert axial voll belastet. Dies dient zur Nachkompression der Prothesen-Komponenten im Knochenlager.

Indikation: Um die für eine Prothese geeigneten Patienten herauszufinden, wird vor jeder Operation eine gründliche körperliche Untersuchung des Patienten erfolgen, die das Röntgen des erkrankten Gelenkes beinhaltet. Eine Kernspintomographie (NMR) kann in bestimmten Fällen eine notwendige Zusatzuntersuchung sein. Bei Durchblutungsstörungen im Bereich des Talus, Infektionen und schweren Weichteilproblemen im Bereich des Sprunggelenkes ist kein Sprunggelenksersatz möglich. Grobe Fehlstellungen im oberen Sprunggelenk können die Operation erheblich erschweren. Die Implantation eines künstlichen Sprunggelenkes ist eine technisch anspruchsvolle und schwierige Operation. Sie sollte deshalb von geübten, mit dieser Problematik vertrauten Operateuren durchgeführt werden. In Deutschland werden derzeit ca. 1000 Sprunggelenksendoprothesen pro Jahr implantiert.

Belastung von Endoprothesen

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Instrumentierte Hüftendoprothese zur telemetrischen Belastungsmessung im Patienten.

Über die tatsächlichen mechanischen Belastungen von Endoprothesen war bisher nur wenig bekannt. Genaue Kenntnisse über die Größe und Richtung der einwirkenden Kräfte und Momente sind aber eine Voraussetzung für die Verbesserung der Implantate und deren Verankerung im Knochen. Ein Forscherteam des Julius Wolff Instituts der Charité – Universitätsmedizin Berlin entwickelt seit vielen Jahren Endoprothesen mit integrierter Messelektronik[13] mit denen die Gelenkbelastung im Patienten gemessen und drahtlos an einen Computer übertragen wird. Die Belastungen, die ein mehrfaches des Körpergewichts betragen können, werden für die verschiedenen Alltagsaktivitäten gemessen, in einer Datenbank gespeichert und im Internet Interessierten zugänglich gemacht. Neben Hüft-, Schulter- und Knieendoprothesen wurden auch Wirbelsäulenimplantate für in vivo Messungen instrumentiert.

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Belastungsmessung im Patienten mit instrumentierter Knieendoprothese

Register

Zur Erfassung von Langzeiterfahrungen mit den Prothesen und der Erfolgsquote von Operationen kann die Einrichtung eines entsprechenden Registers dienen. Nach offensichtlichen Problemen mit Prothesen wurden 1979 in Schweden und Finnland die ersten Endoprothesenregister angelegt, Norwegen folgte 1987 diesem Beispiel. Das Anlegen eines solchen Registers kann zu einer Senkung von nachträglich notwendigen Operationen und zur Aufdeckung von problematischen Prothesenmodellen führen. Bis zum Oktober 2011 haben bereits 19 Länder ein solches Register eingeführt. In Deutschland befindet sich das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) als zentrales Melderegister seit Oktober 2011 in Erprobung. [14]

Literatur

  • Rüdiger Döhler: Brauchen wir neue Hüftendoprothesen?. Chirurgische Allgemeine 7 (2006), S. 471-475.
  • U. Hinkelmann, M. Fleischhauer (Hrsg.): Die Endoprothese. Das künstliche Hüft- und Kniegelenk Schritt für Schritt erklärt. Elsevier Urban & Fischer, 2007.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. zimmergermany.de (Dump vom 30. Juni 2008) unter Verweis auf statistische Angaben für 2007 der im Bundesverband Medizintechnologie e.V. vertretenen Unternehmen
  2. zimmergermany.de (Dump vom 30. Juni 2008) unter Verweis auf statistische Angaben für 2007 der im Bundesverband Medizintechnologie e.V. vertretenen Unternehmen
  3. zimmergermany.de (Dump vom 30. Juni 2008) unter Verweis auf „The Swedish Hip Arthroplasty Register“: Annual Report 2005. Online publiziert unter www.jru.orthop.gu.se/
  4. Zum Rückruf des Systems durch den Hersteller
  5. http://www.bfarm.de[1]
  6. The Lancet:[2]
  7. Deutsches Ärzteblatt vom 16. Juni 2011: USA: Erste Keramik-Metall-Hüftprothese
  8. [3] "Präoperative Bestrahlung zur Prävention heterotoper Ossifikation nach Hüftgelenksendoprothese", oft zitierte Dissertation zu diesem Thema)
  9. R. S. Namba, M. C. S. Inacio, E. W. Paxton: Risk factors associated with surgical site infection in 30 491 primary total hip replacements. Journal of Bone and Joint Surgery, Britische Ausgabe, 2012, Band 94-B, Seite 1330 - 1338
  10. C. S. Neer, T. H. J. Brown, H. L. McLaughlin: Fracture of the neck of the humerus with dislocation of the head fragment. Am. J. Surg. 1953; 85: 252 - 258
  11. Markus Loew: Schulterendoprothetik - Prinzipien und Indikationen. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2011, Seite 503 - 518
  12. http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/012-008l_S1_Endoprothese_bei_Gonarthrose_2009.pdf
  13. Endoprothesen mit integrierter Messelektronik Julius Wolff Institut der Charité
  14. Harro Albrecht: „Gefährliche Ersatzteile.“ In: Die Zeit, 27. Oktober 2011, Nr. 44, S. 51 (online-Version)

cosmos-indirekt.de: News der letzten Tage