Dornfortsatz (Dendrit)

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Ein dendritischer Dornfortsatz (engl. spine) ist eine knopf- oder pilzförmige Ausstülpung auf Dendriten von Nervenzellen. Dornfortsätze sind in der Regel 0,2 bis 2 µm lang. In den meisten Fällen befindet sich an der Spitze eine Synapse, an der Signale von einer vorgeschalteten Nervenzelle übertragen werden. Viele Nervenzellen besitzen Tausende von Dornfortsätzen auf ihren Dendriten. Sie sind ein wichtiger Ort synaptischer Übertragung auf vielen Nervenzellen. Ihre Form, Größe und biochemischen Eigenschaften bestimmen maßgeblich die Signalübertragung erregender Synapsen in vielen Nervensystemen im Tierreich und auch beim Menschen. Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Ausbildung synaptischer Plastizität.

Aussehen

Dornfortsatz eines Dendriten einer speziellen Neuronzelle aus dem Striatum (Basalganglien).

Dendritische Dornen kommen in unterschiedlichen Größen und Formen vor. Sie wachsen oft mit einem schmaleren Hals aus der Dendritenoberfläche empor und enden mit einem mehr oder weniger voluminösen Kopf, auf dem sich auch die zugehörige Synapse befindet. Grob lassen sich verschiedene Typen unterscheiden, die Übergänge zwischen den Kategorien sind jedoch fließend[1]:

  • Kurze, stummelförmige Dornen (engl. stubby spines): Kurz, ohne klar erkennbaren Hals und Kopf
  • Dünne Dornen (engl. thin spines): Dornen mit langem Hals und klar erkennbarem Kopf
  • Stiellose Dornen (engl. sessile spines): Lange Dornen ohne klar erkennbaren Kopf
  • Pilzförmige Dornen (engl. mushroom spines): Dornen mit einem schmalen Hals und einem voluminösen, kugeligen Kopf
  • Filopodien: Sehr lange, fadenförmige Ausstülpungen ohne Kopf. Filopodien werden oft als Vorstufe von Dendriten angesehen und können mehrere Synapsen tragen.

Über die Gründe für diesen Formenreichtum ist bislang wenig bekannt. Man nimmt an, dass die Form wesentlich die Signalübertragung der zugehörigen Synapse beeinflusst (→ Funktion). Außerdem ist anzunehmen, dass dendritische Dornen nicht dauerhaft einer bestimmten Klasse angehören sondern ihre Form mit der Zeit ändern können (Morphologische Plastizität). Größenmessungen haben ergeben, dass je größer ein Dorn ist, desto mehr Rezeptor-Moleküle für den Neurotransmitter seiner Synapse besitzt er.[2]

Funktion

Dendritische Dornen sind für die Signalübertragung in Nervensystemen in mehrerer Hinsicht von Bedeutung:

  1. Oberflächenvergrößerung: Dendritische Dornen vergrößern die Oberfläche von Dendriten und sorgen so dafür, dass mehr Synapsen auf ihnen Platz finden. Außerdem können sie die Weglänge verkürzen, die Axone zurücklegen müssen, um verschiedene Dendriten miteinander zu verbinden.[3]
  2. Elektrischer Widerstand: Der enge „Hals“ dendritischer Dornen stellt möglicherweise einen elektrischen Widerstand dar, da Ionen diesen Engpass nicht so leicht passieren können. Dadurch könnte das elektrische Signal an Synapsen verstärkt werden. Diese Hypothese ist jedoch umstritten.
  3. Diffusionshindernis: Als Ausstülpungen von der Dendritenoberfläche bilden sie separate Einheiten, die jeweils nur über mehr oder weniger schmale „Brücke“ mit dem restlichen Dendriten in Verbindung stehen. Sie begrenzen so die Diffusion von Molekülen in oder aus einer Synapse. Sie tragen so dazu bei, dass Synapsen ihre molekulare Zusammensetzung beibehalten können und Veränderungen auf einzelne Synapsen beschränkt bleiben.[4]

Einzelnachweise

  1. K. E. Sorra u.a., in: The international journal of neuroscience. London 1998,18, S.658. ISSN 0020-7454
  2. Z. Nusser u. a., in: Neuron. Cambridge 1998,21, S.545. ISSN 0896-6273
  3. T. Bonhoeffer, R. Yuste, in: Neuron. Cambridge 2002,35, S. 1019. ISSN 0896-6273
  4. B. L. Sabatini u. a., in: Current opinion in neurobiology. Oxford 2001,11, S. 349. ISSN 0959-4388

Literatur

  • Eric R. Kandel, J. H. Schwartz, T. M. Jessell: Neurowissenschaften. Eine Einführung. Spektrum Akad. Verl., Heidelberg 1996. ISBN 3-86025-391-3
  • R. F. Thompson: Das Gehirn. Von der Nervenzelle zur Verhaltenssteuerung. Spektrum Akad. Verl., Heidelberg 2001. ISBN 3-8274-1080-0
  • J. Dudel, R. Menzel, Robert Franz Schmidt: Neurowissenschaft. Vom Molekül zur Kognition. Springer, Berlin 2001. ISBN 3-540-41335-9

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