Dipol

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Vektor eines Dipols, der aus zwei gegensetzlichen Ladungen beliebiger Art besteht.

Ein Dipol ist die physikalische Anordnung zweier Pole (griechisch Präfix di-: zwei-), also ein Zweifachpol, der typischerweise durch Grenzwertbildung zweier benachbarter und gegensätzlich geladener Vektoren entsteht (z. B. elektrischer Ladungen mit gerichtetem Abstand $ {\vec {p}} $), welche ein sog. Dipolfeld erzeugen; die Grenzwertbildung erfolgt so, dass der Abstandsvektor $ {\vec {p}} $ der Ladungen gegen Null konvergiert, wobei gleichzeitig die Ladungsstärke $ \pm Q $ umgekehrt-proportional zum Abstand gegen $ \pm \infty $ divergiert  (sog. „Dipol-Limes“).

Ein Dipol wird vollständig charakterisiert durch Richtung und Betrag seines vektoriellen Dipolmomentes $ {\vec {p}}_{Q} $

$ {\vec {p}}_{Q}:=\lim _{|{\vec {p}}|\to 0;\,\,|{\vec {p}}|\cdot Q={\text{konst.}}}\,\{{\vec {p}}\cdot (+Q)\}, $

wobei die Konstante eine positive Zahl ist und das Dipolmoment im Folgenden einfach mit $ {\vec {p}} $ bezeichnet wird (Dipolvektor).

Ein Dipol kann beispielsweise aus elektrischen Ladungen erzeugt werden, kann aber auch ohne räumlich trennbare Ladungen existieren wie beim magnetischen Dipol (es gibt nur fiktive, keine realen magnetischen Ladungen!).

Außer im Elektromagnetismus treten Dipole noch in verschiedenen anderen Bereichen auf wie Akustik oder Fluiddynamik. Charakteristisch ist immer die Richtungsabhängigkeit und die Abnahme des erzeugten Feldes mit $ 1/r^{3} $ bei großen Abständen r.

Der Begriff des Dipols ist in seiner Bedeutung nicht identisch mit dem des Zweipols, welcher eine bestimmte Gruppe elektrischer Schaltungen beschreibt.

Vorkommen

Elektrische Dipole

Elektrische Dipole erfordern die Trennung von Ladungen und treten daher auf makroskopischer Skala nur selten auf. Auf mikroskopischer Skala sind dagegen elektrische Dipole sehr häufig. Beispielsweise werden sie von asymmetrischen Molekülen wie z. B. dem Wassermolekül erzeugt.

Auch in biologischen Muskel- und Nervenfasern entstehen elektrische Dipolmomente durch aufgebaute Spannungen, die beispielsweise beim Elektrokardiogramm gemessen werden können.

Magnetische Dipole

Hauptartikel: Magnetischer Dipol
Magnetisches Dipolfeld der Erde

Wegen des Fehlens magnetischer Monopole sind magnetische Dipole und ihre Überlagerungen die einzigen realen[1] Quellen magnetischer Felder. Daher sind im Magnetismus auch im makroskopischen Bereich offensichtliche Dipolfelder sehr häufig. So lässt sich auch ein langer Stabmagnet in guter Näherung als ein einziger magnetischer Dipol beschreiben. Auch das Magnetfeld der Erde ähnelt im Außenbereich einem Dipolfeld mit Dipolachse von Nord nach Süd.

Ein magnetischer Dipol entsteht generell aus einer stromumflossenen Fläche oder dem Spin punktförmiger Teilchen.

Oft werden als Dipolmagnet auch größere felderzeugende Konfigurationen bezeichnet, die kein reines Dipolfeld erzeugen sondern ein in erster Näherung konstantes Magnetfeld im Koordinatenursprung, im Gegensatz zu Quadrupolmagneten und höheren Ordnungen.

Zeitlich variable Dipole

Ein statisches Dipolfeld verringert sich ~ 1/r³ (r: Entfernung). Für große Entfernungen nimmt die umschlossene Oberfläche mit ~r² zu, das Produkt geht aber mit ~1/r gegen Null. In großen Abstand verschwindet ein statisches Dipolfeld. Das folgt auch unmittelbar aus der Anschauung: aus großer Entfernung sind die Pole räumlich nicht mehr zu unterscheiden, ihre Feldbeiträge heben sich auf.

Zeitlich veränderliche Dipole verhalten sich grundsätzlich anders. Erst sie ermöglichen es, dass weit entfernte Sterne am Himmel zu sehen sind und die Sonne die Erde mit Strahlungsenergie versorgt. Ein mathematisches Modell eines einfachen variablen Dipols ist der Hertzsche Dipol. Systeme mit Ausdehnungen in der Größenordnung der Wellenlänge heißen Dipolantennen.

Physikalische Beschreibung

Jeder Dipol ist durch sein Dipolmoment charakterisiert, eine vektorielle Größe, welche Richtung und Betrag besitzt. Dabei steht $ {\vec {p}} $ für ein elektrisches und im folgenden für ein beliebiges Dipolmoment, wohingegen ein magnetisches Dipolmoment in der Regel mit $ {\vec {m}} $ bezeichnet wird.

Physikalischer Dipol

Ein physikalischer Dipol besteht aus zwei gegensätzlichen Ladungen $ \pm q $[2] in hinreichend kurzem Abstand d. Das Dipolmoment ist definiert als

$ {\vec {p}}=q\cdot {\vec {d}}\,. $

Das Feld in großer Entfernung, d.h. für $ |r|\gg d $, hängt dann nur noch von $ {\vec {p}} $ ab und nicht mehr von q und d einzeln. Je größer der Abstand, desto mehr nähert sich das Feld dem eines Punktdipols an. Bei kleinen Abständen weicht das Feld davon ab, was sich auch durch nichtverschwindende höhere Multipolmomente zeigt.

Punktdipol

Feldlinien eines Punktdipols

Der Punktdipol entsteht, wenn ein ausgedehnter Dipol ohne Monopolmoment auf einen Punkt verkleinert wird, ohne dabei das Dipolmoment zu ändern. Das entspricht dem Grenzfall bei großen Abständen und führt zur Ladungsverteilung

$ \rho ({\vec {r}})=-({\vec {p}}\cdot {\vec {\nabla }})\,\delta ({\vec {r}}) $

unter Verwendung

  • des Nabla-Operators $ {\vec {\nabla }} $
  • der Delta-Funktion $ \delta ({\vec {r}}). $

Der Punktdipol erzeugt das Feldpotential

$ \phi ({\vec {r}})={\frac {1}{4\pi \varepsilon _{0}}}{\frac {{\vec {p}}\cdot {\vec {r}}}{r^{3}}}={\frac {1}{4\pi \varepsilon _{0}}}{\frac {p\cdot \cos(\theta )}{r^{2}}} $

unter Verwendung

  • des Polarwinkels $ \theta $
  • der elektrischen Feldkonstanten $ \varepsilon _{0} $

und das Vektorfeld

$ {\vec {E}}({\vec {r}})={\frac {1}{4\pi \varepsilon _{0}}}\left(3\,{\frac {{\vec {p}}\cdot {\vec {r}}}{r^{5}}}\,{\vec {r}}-{\frac {1}{r^{3}}}\,{\vec {p}}\right)={\frac {1}{4\pi \varepsilon _{0}}}{\frac {p}{r^{3}}}\left(2\cos(\theta )\cdot {\hat {r}}+\sin(\theta )\cdot {\hat {\theta }}\right) $

unter Verwendung

  • der Einheitsvektoren $ {\hat {v}}. $

Dipol in der Multipolentwicklung

Felder, die aus einer räumlich begrenzten Ladungsverteilung entstehen, lassen sich durch die Multipolentwicklung nach verschiedenen Anteilen aufspalten, die bei großen Abständen verschieden schnell abfallen. Bei großen Abständen dominiert dann immer der erste nichtverschwindende Term. Der Dipolterm als zweiter Term in der Entwicklung kommt daher besonders zum Tragen, wenn der Monopolterm (Gesamtladung) verschwindet. Eine beliebige Ladungsverteilung besitzt dann das Dipolmoment

$ {\vec {p}}=\sum _{i}q_{i}\cdot {\vec {r}}_{i}. $

Falls der Monopolterm allerdings nicht verschwindet, so lässt sich der Wert des Dipolmoments durch Verschiebung des Koordinatenursprungs verändern und ist somit nicht eindeutig definiert.

Der nächsthöhere Term ist das Quadrupolmoment, dessen Feld mit $ 1/{r^{4}} $ abnimmt.

Dipol im äußeren Feld

Ein Dipol in einem äußeren Feld, das nicht von ihm selbst erzeugt wird, - (elektrisches Feld $ {\vec {E}} $ bzw. magnetisches Feld $ {\vec {B}} $) - besitzt die potentielle Energie:

$ V=-{\vec {p}}\cdot {\vec {E}} $ bzw.
$ V=-{\vec {m}}\cdot {\vec {B}}. $

In einem inhomogenen äußeren Feld wirkt auf einen Dipol die Kraft:

$ {\vec {F}}=({\vec {p}}\cdot {\vec {\nabla }})\,{\vec {E}} $ bzw.
$ {\vec {F}}={\vec {\nabla }}({\vec {m}}\cdot {\vec {B}}). $

Diese beiden Ausdrücke sind über die Graßmann-Identität mathematisch identisch, wenn das Magnetfeld rotationsfrei ist.

Manchmal benutzt man deshalb auch eine leicht unterschiedliche, äquivalente Konvention für die Definition des magnetischen Moments, nämlich

$ {\vec {m}}_{H}:=\mu _{0}\,{\vec {m}} $

mit der magnetischen Feldkonstante $ \mu _{0}. $

Dann schreibt man von vornhererin auch im magnetischen Fall

$ {\vec {F}}=({\vec {m}}_{H}\cdot {\vec {\nabla }})\,{\vec {H}} $[3]

mit der magnetischen Feldstärke $ {\vec {H}}={\frac {1}{\mu }}{\vec {B}}. $

Zeigt ein Dipol nicht in Richtung eines äußeren Feldes, so wirkt auf ihn ein Drehmoment:

$ {\vec {M}}={\vec {p}}\times {\vec {E}} $ bzw.
$ {\vec {M}}={\vec {m}}\times {\vec {B}}\Leftrightarrow {\vec {M}}={\vec {m}}_{H}\times {\vec {H}}. $

Befinden sich zwei Dipole im Feld des jeweils anderen, so entstehen Dipol-Dipol-Kräfte, die entsprechend dem Feldgradienten mit $ 1/{r^{4}} $ abnehmen.

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. D.h. erneut: es gibt nur fiktive magnetische Ladungen
  2. An dieser Stelle wird absichtlich nicht der Großbuchstabe Q, sondern der Kleinbuchstabe q benutzt, um zu betonen, dass hier keine explizite Limesbildung erfolgt.
  3. Dies hat u.a. deshalb Vorteile, weil die im Festköpermagnetismus wichtige Größe der Magnetisierung eines Permanentmagneten dieselbe physikalische Dimension wie $ {\vec {H}} $ hat (und nicht wie $ {\vec {B}}). $

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