Soman

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Soman (Begriffsklärung) aufgeführt.
Strukturformel
Struktur von Soman
Mischung von vier Stereoisomeren (vereinfachte Strukturformel ohne Stereochemie)
Allgemeines
Name Soman
Andere Namen
  • GD
  • VR-55
  • Methylfluorophosphonsäure-1,2,2-trimethylpropylester
  • Pinacolylmethylphosphonofluoridat
  • (1,2,2-Trimethylpropyl)- methanfluorphosphonat
Summenformel C7H16FO2P
CAS-Nummer 96-64-0 (Mischung von vier Stereoisomeren)
PubChem 7305
Kurzbeschreibung

farblose bis gelbbraune Flüssigkeit[1]

Eigenschaften
Molare Masse 182,18 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,01 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

-70°C[2]

Siedepunkt

190°C[2]

Dampfdruck

35 Pa (20°C)[2]

Löslichkeit

wenig in Wasser (21 g·l−1 bei 20°C)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]
keine Einstufung verfügbar
H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [5][6]
Sehr giftig
Sehr giftig
(T+)
R- und S-Sätze R: 26/27/28
S: 13-45
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Soman ist ein Nervengift und eine chemische Waffe, die mit Sarin verwandt ist. Er unterscheidet sich von diesem dadurch, dass eine Methylgruppe im Sarin durch eine tert-Butylgruppe – C(CH3)3 – ersetzt wurde. Soman ist der 1,2,2-Trimethylpropylester der Methylfluorophosphonsäure. Es ist wenig in Wasser löslich[3] und stabil gegenüber Sonnenlicht; an der Luft hydrolysiert es langsam.

Der im militärischen Bereich verwendete Code für Soman ist GD. Von den mit Gx (für Germany) bezeichneten Nervenkampfstoffen Sarin, Soman und Tabun ist Soman der giftigste und persistenteste Stoff.

Unter Standardbedingungen ist Soman flüssig und riecht campherartig.

Geschichte

Soman wurde 1944 vom nobelpreisprämierten österreichisch-deutschen Chemiker Richard Kuhn und seinem Mitarbeiter Konrad Henkel entdeckt und synthetisiert. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurden nur geringe Mengen für Testzwecke produziert, die anschließend in die Sowjetunion gebracht wurden.

Während des Kalten Krieges wurde Soman in der Sowjetunion in großen Mengen hergestellt. Der Kampfstoff hatte bei den sowjetischen Streitkräften die Codebezeichnung „R-55“. Wie viele andere Kampfstoffe wurde auch Soman nach Mischen mit einem organischen Polymer als verdickter Kampfstoff gelagert bzw. munitioniert; auf diese Weise sollte bei einem Einsatz die hohe Toxizität mit einer langen Sesshaftigkeit verbunden werden. Bei Raumtemperatur ist dieses verdickte Soman, das in der Sowjetunion als „VR-55“ bezeichnet wurde, von honigartiger Konsistenz. VR-55 hat eine weitaus größere Persistenz sowie eine erhöhte Giftwirkung über die Haut als unverdicktes Soman. In der Literatur findet sich fälschlicherweise auch die Bezeichnung „GV“ („V“ für engl. viscous, „zäh, viskos“) – der eigentliche Nervenkampfstoff GV beruht jedoch auf einem anderen Wirkstoff.

Schutzmaßnahmen

Die vier Stereoisomeren des Somans

Nervenkampfstoffe sind bereits in kleinsten Mengen tödlich. Angriffsfläche ist der gesamte Körper. Deshalb bieten auch nur ein Ganzkörper-Schutzanzug und eine Schutzmaske mit Atemfilter ausreichenden Schutz. Vor einem Kampfstoffeinsatz können Oxim-Tabletten oder Carbamate wie Pyridostigmin oder Physostigmin eingenommen werden.[7][8] Obidoximchlorid wirkt nur innerhalb weniger Minuten nach dem Auftreten der ersten Vergiftungsymptome, da bei Soman im Vergleich zu anderen Kampfstoffen eine sehr schnelle Alterung des Enzymkomplexes auftritt. Die verspätete Verabreichung von Obidoxim kann sogar zu Verschlechterung der Symptomatik führen. Eine Monotherapie mit Atropin ist dann vorzuziehen.

Für die Dekontamination können unter anderem Oxidationsmittel (z. B. Chlorkalk oder Calciumhypochlorit), alkalische Lösungen und nichtwässrige Medien, zum Beispiel Aminoalkoholate, verwendet werden, da Nervenkampfstoffe zum einen empfindlich gegenüber Oxidationsmitteln sind und zum anderen ihre Hydrolyse im basischen Milieu beschleunigt abläuft.[3] Bei empfindlichen Oberflächen kann zum Beispiel Natriumcarbonatlösung verwendet werden, die jedoch naturgemäß langsamer wirkt.

In einem Versuch mit Ratten führte eine ketogene Diät zu einer verminderten Letalität. Nach kumulativer Verabreichung von 627 µg/kg Soman überlebten 90 % der Ratten unter einer ketogenen Diät in Kontrast zu 55 % der Ratten unter eine Standarddiät. Erstere wiesen außerdem weniger Leistungsdefizite auf und zeigten weniger Beispiele für untaugliches Verhalten im Gegensatz zu Gruppen von Ratten, denen andere Diätformen verabreicht wurden.[9]

Symptome

  • Leichte Vergiftung: Kopfschmerzen, Atemnot, starke Schweißausbrüche, starke Sehstörungen verbunden mit Augenschmerzen, vermehrte Produktion von Nasensekret, Tränenflüssigkeit und Speichel.
  • Mittelschwere Vergiftung: starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Augenschmerzen, Krämpfe mit Bewusstseinsstörungen.
  • Schwere Vergiftung: Krämpfe der Skelettmuskulatur bis Krampfanfall, Erbrechen, starke Atemnot, Angstzustände, Verwirrtheit.

Der Tod tritt durch Atemlähmung ein.

Strukturformel, Stereoisomere

Soman enthält zwei Stereozentren, eines am Phosphoratom und eines am ersten Kohlenstoffatom des Trimethylpropylesters. Folglich gibt es vier Stereoisomere. Soman ist also ein Gemisch aus vier verschiedenen Isomeren mit unterschiedlicher physiologischer Wirkung.

Einzelnachweise

  1.  Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online - Version 3.5. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2009.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Eintrag zu Soman in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. Aug. 2007 (JavaScript erforderlich).
  3. 3,0 3,1 3,2 Charles Edward Stewart: Weapons of mass casualties and terrorism response handbook. Jones & Bartlett Learning, 2006, ISBN 0-7637-2425-4, S. 23.
  4. Diese Substanz wurde in Bezug auf ihre Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  5. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  6. Günter Hommel: Handbuch der gefährlichen Güter. Transport – Gefahrenklassen, Merkblatt 2283, 2002, Springer-Verlag, ISBN 3-540-20348-6.
  7. Saskia Eckert: Entwicklung eines dynamischen Modells zum Studium der Schutzeffekte reversibler Acetylcholinesterase-Hemmstoffe vor der irreversiblen Hemmung durch hochtoxische Organophosphate (PDF), Dissertation an der Universität München, 2006, S. 1.
  8. Szinicz, L. and Baskin, S. I.: Chemische und biologische Kampfstoffe. In: Lehrbuch der Toxikologie. W. V. mbH. Stuttgart: 865-895, 1999.
  9. J.L. Langston, T.M. Myers: Diet composition modifies the toxicity of repeated soman exposure in rats. Neurotoxicology, 27. Mai 2011 (Epub avor der Printversion).

Siehe auch

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