Nukleophilie

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Die Nukleophilie (griechisch nukleos = Kern, philos = Freund) ist in der Chemie ein Maß für die Fähigkeit eines Atoms mit einem freien Elektronenpaar, ein (partiell) positiv geladenes Atom unter Ausbildung einer kovalenten Bindung anzugreifen. Typische Nukleophile sind oft negativ geladen, haben eine stark negative Partialladung oder besitzen ein freies Elektronenpaar in einem relativ energiereichen Orbital.

Das Konzept ist verwandt mit dem der Lewis-Basen wird jedoch mit Geschwindigkeitskonstanten gemessen anstelle von Gleichgewichtskonstanten. Umgekehrt wird die Fähigkeit eines Reaktionspartners, sich von einem nukleophilen Teilchen angreifen zu lassen, als Elektrophilie bezeichnet.[1]

Abschätzung der Nukleophilie eines Teilchens

Die Nukleophilie eines Moleküls ist in der Regel mit der Nukleophilie des nukleophilsten Atoms gleichzusetzen.

Basizität

Verallgemeinert lässt sich sagen, dass „weiche“ Lewis-Basen bessere Nukleophile als harte sind (vgl. HSAB-Prinzip erklärt unter Komplexchemie). Bei angreifenden Atomen ähnlicher Größe korreliert die Nukleophilie gut mit der Basizität. Sowohl Härte als auch Basizität hängen eng mit der Polarisierbarkeit der Teilchen zusammen. Polarisierbare Teilchen sind generell nukleophiler als vergleichbar geladene, weniger polarisierbare Moleküle.

Sterik

Die Nukleophilie wird außerdem stark von der Sterik beeinflusst. Sehr raumgreifende Substituenten am nukleophilen Atom schirmen dieses gut ab und unterbinden so einen nukleophilen Angriff. Zwar wird durch die Anwesenheit mehrerer Alkyl-Gruppen die Basizität erhöht, aber die Sterik ist von wesentlich größerer Bedeutung. Ebenso können potentielle Elektrophile durch sperrige Reste abgeschirmt werden. Die Reaktivität von sekundären, tertiären oder cyclischen Kohlenwasserstoffen in nukleophilen Reaktionen ist meist kleiner als bei primären Reaktionspartnern.

Wahl des Lösungsmittels

Weiterhin werden Reaktionen von Nukleophilen empfindlich durch die Wahl des Lösungsmittels beeinflusst. Ein hoher Solvatationsgrad des angreifenden Teilchens verringert die Nukleophilie erheblich. Umgekehrt steigt die Nukleophilie also in polar-aprotischen Lösemitteln wie Aceton, da es hier nicht zur Ausbildung von Wasserstoffbrücken kommt. Die Wasserstoffbrücken sorgen beispielsweise im Wasser für die Ausbildung stabiler Hydrathüllen. In unpolaren Lösungsmitteln lösen sich Nukleophil und Gegenion (meist Metallkation) teilweise gar nicht. Falls sie es doch tun, liegen sie als assoziierte Ionenpaare $ M^{+}X^{-} $ vor und sind nur mäßig reaktiv.

Durch eine Abschätzung all dieser Faktoren lassen sich die nukleophilen Eigenschaften vieler Moleküle recht genau abschätzen und somit der Reaktionsverhalten als angreifendes Nukleophil oder als Abgangsgruppe abschätzen.

Mit präparativen Tricks lassen sich aber auch durch mangelnde Nukleophilie nicht begüngstigte Reaktionen erzwingen. Ein Beispiel stellt die Finkelstein-Reaktion dar.

Beispiele für nukleophile Teilchen

Typische anionische Nukleophile sind

Wichtige neutrale Nukleophile sind

Nukleophile Reaktionen

Eine nukleophile Reaktion verbindet zwei Reaktionspartner über eine kovalente Bindung. Dabei wird mitunter eine andere Bindung gebrochen, sodass eine weniger nukleophile Atomgruppe abgespalten wird, also als Abgangsgruppe fungiert. Mit dem Konzept der Nukleophilie lässt sich also der Verlauf von Reaktionen vorhersagen. Charakteristisch für Nukleophile ist , dass sie allein beide für die Bindung benötigten Elektronen zur Verfügung stellen, während das Elektrophil "nur" seine Fähigkeit zur Stabilisierung des Elektronenpaares einbringt. Ähnlich wie bei Redoxreaktionen, wo jede Oxidation gleichzeitig die Reduktion des anderen Reaktionspartners bedeutet, folgt auf nukleophile unmittelbar die zugehörige elektrophile Reaktion.

Wichtige Reaktionen mit Beteiligung von Elektrophilen und Nukleophilen sind:

Einzelnachweise

  1.  Eintrag: nucleophilicity. In: IUPAC Compendium of Chemical Terminology (the “Gold Book”). doi:10.1351/goldbook.N04251 (Version: 2.3.1).

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