Buprenorphin

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Strukturformel
Strukturformel von Buprenorphin
Allgemeines
Freiname Buprenorphin
Andere Namen
  • IUPAC: (5R,6R,7R,9R,13S,14S) -17-Cyclopropylmethyl-7-[(S)-3,3- dimethyl-2-hydroxybutan-2-yl]-6-methoxy -4,5-epoxy-6,14-ethanomorphinan-3-ol
  • Latein: Buprenorphinum
Summenformel C29H41NO4
CAS-Nummer
  • 52485-79-7
  • 53152-21-9 (Hydrochlorid)
PubChem 40400
ATC-Code
DrugBank APRD00670
Kurzbeschreibung

Weißes bis fast weißes, kristallines Pulver [1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse
Verschreibungspflichtig: BtMG
Eigenschaften
Molare Masse 467,64 g·mol−1
Schmelzpunkt

209 °C [2]

pKs-Wert

8,5; 10,0 [3]

Löslichkeit

sehr schwer löslich in Wasser, leicht löslich in Aceton, löslich in Methanol, schwer löslich in Cyclohexan [1]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]
07 – Achtung 08 – Gesundheitsgefährdend

Achtung

H- und P-Sätze H: 302-361
P: 281 [4]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [5][4]

Xn
Gesundheits-
schädlich

Buprenorphin·Hydrochlorid
R- und S-Sätze R: 22
S: keine S-Sätze
LD50
  • 31 mg·kg−1 (Ratte i.v.) [6]
  • 90 mg·kg−1 (Maus i.p.) [6]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Buprenorphin (Abk.: BUP) ist ein stark wirksames Schmerzmittel (Analgetikum) aus der Gruppe der Opioide, das zur Behandlung ausgeprägter Schmerzen eingesetzt wird. Es gilt im höheren Alter aufgrund seines guten Sicherheitsprofils als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung starker chronischer Schmerzen.[7] Darüber hinaus wird Buprenorphin hochdosiert seit circa Mitte der 1990er Jahre als Substitutionsmittel in der Therapie einer Abhängigkeit von Opioiden verwendet, 2006 wurde es für diese Anwendung in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen.[8] Buprenorphin wird halbsynthetisch aus dem Opium-Alkaloid Thebain gewonnen und vermittelt seine Effekte als gemischter Agonist/Antagonist über verschiedene Opioid-Rezeptoren. Sein wichtigstes Abbauprodukt ist das pharmakologisch aktive Nor-Buprenorphin.

Pharmakologische Eigenschaften

Pharmakodynamik (Wirkweise)

Der sogenannte Ceiling-Effekt (Sättigungseffekt) des Buprenorphins bei der Atemdepression wird unter anderem auf einen Partialagonismus zurückgeführt. Buprenorphin führt auch bei maximaler Dosierung nur zu einer teilweisen Atemdepression im Vergleich zu einem vollen Agonisten, wie Morphin.

Buprenorphin bindet mit hoher Affinität an µ-Opioidrezeptoren und wirkt dort als Partialagonist. Am κ-Opioidrezeptor wirkt Buprenorphin als partieller Agonist und sehr wirksamer Antagonist.[9] Wie andere Opioide besitzt Buprenorphin eine schmerz- und hustenreizstillende, aber auch atemdepressive, brechreizfördernde und obstipierende Wirkung. Seine schmerzstillende Potenz ist etwa die 25- bis 50-fache des Morphins.[10]. Bei gesunden Freiwilligen konnte ein sogenannter Ceiling-Effekt (Sättigungseffekt) für die Atemdepression nachgewiesen werden.[11] Eine Dosissteigerung bewirkt kaum eine Erhöhung des Risikos einer Atemdepression. Bei Personen mit Opioidvorerfahrung aber ohne Abhängigkeit wird bei einer Dosierung von 32 mg pro Tag eine messbare Abnahme der Atemtätigkeit von vier Atemzügen pro Minute beobachtet. Analgetisch vergleichbare Dosierungen von Morphin (530 mg intramuskulär) oder Methadon (1060 mg oral) wären auf Grund der durch diese Stoffe bedingten starken Atemdepression tödlich.[12] Damit gilt Buprenorphin bei Überdosierung als sicherer im Vergleich zu anderen Opioiden, vor allem nach abgeschlossenem Opioid-Entzug.[13]

Pharmakokinetik

Buprenorphin wird aufgrund seiner hohen Lipophilie[14] im Körper gespeichert und nur langsam aufgrund seiner trägen Rezeptorkinetik sowie des entero-hepatischen Kreislaufs ausgeschieden.

Buprenorphin besitzt nach oraler Gabe eine schlechte Bioverfügbarkeit von nur etwa 6,5 %, bedingt durch einen ausgeprägten First-Pass-Effekt (der unmittelbaren Verstoffwechselung in der Leber nach Aufnahme aus dem Dünndarm). Bei einer Einmalgabe als Sublingualtablette ist die Bioverfügbarkeit durch Umgehung des First-Pass-Effekts etwa doppelt so hoch, bei sublingualer Verabreichung als Flüssigkeit etwa 4-8 mal höher. Bei Einnahme beider Arzneizubereitungen über mehrere Tage erhöht sich allerdings die relative Bioverfügbarkeit der Sublingualtablette.[13][15][16]

Das wichtigste Stoffwechselprodukt (Metabolit) ist Nor-Buprenorphin, für dessen Bildung Cytochrom-P450-Enzymsystem verantwortlich ist. Nor-Buprenorphin ist ebenfalls pharmakologisch wirksam, jedoch ist seine analgetische Potenz gegenüber seiner Muttersubstanz um den Faktor 50 reduziert.[17] Die Verstoffwechslung erfolgt zu 75 % über die Isoenzyme CYP3A4 und CYP3A5. Buprenorphin selbst hemmt CYP3A4.[18] Buprenorphin-Wechselwirkungen sind daher mit einer Vielzahl an Medikamenten möglich. Die Ausscheidung von Buprenorphin und Nor-Buprenorphin erfolgt nach einer optionalen Glucuronidierung zum überwiegenden Teil über die Gallenblase und damit über die Faeces und nur zu etwa 10 bis 30 % über die Nieren und damit über den Urin.[17]

Die Eliminierungsgeschwindigkeit von Buprenorphin folgt einem komplexen bi- oder triexponentiellen Schema.[19] Als Ursache werden komplexe Verteilungvorgänge von Buprenorphin im Organismus betrachtet, welche dessen Rückresorption aus dem Magen-Darm-Trakt (enterohepatischer Kreislauf) und eine langsame Diffusion aus dem Fettgewebe einschließen. Zudem hat die Art der Verabreichung Auswirkungen auf das Verteilungsverhalten von Buprenorphin und somit auch auf dessen pharmakokinetische Eigenschaften.[17] Aus diesen Gründen und je nach verwendeter Bestimmungsmethode werden unterschiedliche Plasmahalbwertzeiten für Buprenorphin ermittelt. Diese liegen zwischen 3 und 44 Stunden.[17] Wegen der lang anhaltenden Rezeptorbindung korreliert die Wirkdauer nicht unmittelbar mit Blutkonzentrationen oder der Plasmahalbwertszeit von Buprenorphin. Die Wirkdauer ist mit 24 bis 69 Stunden mindestens ebenso lang wie die von Methadon.[13]

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Buprenorphin ist zur Behandlung starker Schmerzen, ausgenommen Zahnschmerzen, Kopfschmerzen und anderen Schmerzen, die mit Hilfe peripher wirkender Analgetika oder Spasmolytika behandelt werden können, zugelassen. Die Anwendungsgebiete von Buprenorphin umfassen insbesondere Schmerzen nach Operationen und Verletzungen, nach einem Herzinfarkt oder chronischen Schmerzen bei Tumorerkrankungen.[20] Für diese Anwendungsgebiete steht Buprenorphin als Injektionslösung, Sublingualtablette oder transdermales Pflaster zur Verfügung,[19] für ein weiteres Anwendungsgebiet – die Substitutionstherapie bei Opioidabhängigkeit in Kombination mit anderen medizinischen, sozialarbeiterischen und psychotherapeutischen Maßnahmen – nur als Sublingualtablette.

Schmerztherapie

Buprenorphin hat sich in der Therapie chronischer Schmerzzustände bewährt. Die transdermale Verabreichungsform mittels Schmerzpflaster ist angezeigt bei gleichzeitig bestehenden Schluckstörungen oder nicht gewährleisteter regelmäßiger Einnahme und ermöglicht eine gleichmäßige Freisetzung des Wirkstoffs über einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen. Für die Behandlung akuter starker Schmerzen sowie zur Behandlung von Durchbruchschmerzen stehen zusätzlich schnellwirksame Arzneiformen, wie Injektionslösungen und Sublingualtabletten, zur Verfügung. Die intravenöse Verabreichung ist hauptsächlich bei postoperativen Schmerzen, in der Palliativmedizin bei instabilem Schmerz und hohem Opioidverbrauch in Form der patientengesteuerten Schmerzbehandlung indiziert.[21]

Substitution

Bei der Substitutionstherapie opioidabhängiger (meist heroinabhängiger) Patienten mit Buprenorphin ist zu beachten, dass es bei der Umstellung auf Buprenorphin – vor allem wenn noch signifikante Mengen anderer Opioide im Körper sind und Buprenorphin in zu geringer Dosis gegeben wird – aufgrund seines partiell antagonistischen Charakters eine verstärkte Entzugssymptomatik ausgelöst werden kann. Bei korrekter Dosierung und einer zeitlichen Differenz von mindestens dreimal der Halbwertszeit des zuletzt konsumierten Opiats zur ersten Gabe von Buprenorphin treten jedoch bei der Buprenorphin-Substitution keine Entzugserscheinungen auf. Die Einnahme selbst kann jeden zweiten Tag (doppelte Menge)[22] oder gar nur jeden dritten Tag (dreifache Menge)[23] erfolgen, wenngleich in den meisten Ländern täglich dosiert wird.

Seine nachgewiesene Wirksamkeit als Substitutionsmittel hat dazu geführt, dass Buprenorphin zusammen mit Methadon von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2006 in ihre Liste der unentbehrlichen Arzneimittel aufgenommen wurde.[8] 1995 wurden in Frankreich sowohl Methadon als auch Buprenorphin zur Substitutionstherapie zugelassen und ein Jahr später konnten alle zugelassenen Ärzte Buprenorphin verordnen, ohne eine weitere Ausbildung vorweisen zu müssen. Dies führte dazu, dass 1999 zehnmal mehr Patienten mit Buprenorphin als mit Methadon behandelt wurden, zwölf Prozent der Patienten Buprenorphin von mehr als zwei Verordnern erhielten und 43 Prozent einen Beikonsum von Benzodiazepinen (meist Flunitrazepam) aufwiesen.[24]

Buprenorphin eignet sich gut zur Substitution derjenigen Opiatabhängigen, die auf eine sedierende Wirkung verzichten können oder auch mit der stark sedierenden Wirkung vieler anderer Substitutionsmittel wie zum Beispiel Methadon ihre Pläne für den Tag (Arbeit, etc.) nicht einhalten können: Am Kappa-Rezeptor wirkt Buprenorphin antagonistisch, d.h. es blockiert die Wirkung an jenem Rezeptor. Da dieser spezielle Rezeptor für die sedierenden und dysphorischen Wirkungen von Vollagonisten wie Morphin verantwortlich gemacht wird, fehlt diese Wirkung bei Buprenorphin oder ist deutlich schwächer ausgeprägt. Die Patienten bleiben tendenziell klarer und sind den Tag über aktiver. Die fehlende Sedierung kann für manche Patienten allerdings auch einen Nachteil bedeuten, da so ungelöste psychische Probleme ungedämpft an die Oberfläche kommen. Der Unterschied zum nüchternen Befinden ist im Vergleich zum Befinden bei Methadon oder Morphin nur marginal. Buprenorphin wird daher vor allem bei jüngeren Patienten mit weniger stark ausgeprägter Symptomatik bevorzugt eingesetzt.[25]

Die Entzugssymptomatik bis zum Erreichen einer normalen Befindlichkeit von Körper und Geist liegt (dosisabhängig) zwischen der von Morphin (etwa ein Monat) und der von Methadon (etwa neun Monate) je nach Konstitution zwischen zwei und fünf Monaten, ist aber meist schwächer ausgeprägt, was man unter anderem auch auf die deutlich längere Halbwertszeit sowie die nur partielle Besetzung der Opioidrezeptoren zurückführt.

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)

Neben einer bekannten Überempfindlichkeit gelten eine schwere Ateminsuffizienz und eine schwere Leberinsuffizienz als absolute Kontraindikationen. Daher darf Buprenorphin bei diesen Erkrankungen sowie bei gleichzeitiger Verwendung von MAO-Hemmern nicht angewendet werden. Weitere absolute oder relative Kontraindikationen sind Alkoholismus, Delirium tremens, schwere Kopfverletzungen und ein erhöhter Hirndruck. Die Anwendung bei leichten Formen der Atem- und Leberinsuffizienz sowie bei Niereninsuffizienz ist unter Beachtung einer Dosisanpassung und weiterer Vorsichtsmaßnahmen möglich.

Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Anwendung von Buprenorphin mit anderen Opioiden, Alkohol, Anästhetika, Hypnotika, Sedativa, Antidepressiva, Neuroleptika und weiteren Arzneimitteln mit einer dämpfenden Wirkungen auf das Zentralnervensystem, kann es zur Verstärkung von zentralnervösen Effekten kommen. Insbesondere bei einer gleichzeitigen Einnahme von Alkohol werden die sedierenden Nebenwirkungen von Buprenorphin verstärkt. Benzodiazepine verstärken insbesondere die atemdepressiven Nebenwirkungen von Buprenorphin. Bei gemeinsamer Anwendung von Buprenorphin mit CYP3A4-Inhibitoren, wie beispielsweise Ketoconazol, Gestoden, Triacetyloleandomycin, Ritonavir, Indinavir und Saquinavir, kann die Wirkung von Buprenorphin verstärkt werden. Eine ausgeprägte Erhöhung des Buprenorphinspiegels ist auch bei gleichzeitigem Konsum mit dem ebenfalls CYP3A4-hemmenden Grapefruitsaft beschrieben worden.[26] Eine eventuelle Interaktion mit CYP3A4-Induktoren, wie beispielsweise Phenobarbital, Carbamazepin, Phenytoin und Rifampicin ist zwar nicht hinreichend untersucht, gilt aber auf Grund der pharmakokinetischen Eigenschaften von Buprenorphin als möglich und kann zu einer Verringerung der Buprenorphinwirkung führen. Zusätzlich ist vereinzelt von einer Verstärkung der Nebenwirkungen von Phenprocoumon durch Buprenorphin berichtet worden.[20][19]

Nebenwirkungen

In der Indikation der analgetischen Therapie hat Buprenorphin unter den Opioiden ein günstigeres Nebenwirkungsprofil – im Vergleich zu z.B. Morphin treten Symptome wie Obstipation und Juckreiz deutlich seltener auf. Initial auftretende Übelkeit bzw. Erbrechen unterliegen schnell einem Toleranzeffekt und können durch prophylaktische Gabe eines Antiemetikums und langsame Dosissteigerung minimiert werden. Da die Ausscheidung überwiegend über die Gallenblase (biliär) erfolgt, besteht keine Notwendigkeit einer Dosisanpassung bei eingeschränkter Nierenfunktion und somit auch kein Risiko einer Substanzkumulation mit Intoxikation bei Patienten mit Nierenfunktionseinschränkung (auch bei älteren Patienten).

Die Nebenwirkungen von Buprenorphin in der Substitutionstherapie sind im Vergleich zu den Nebenwirkungen, die eine Substitution mit Methadon mit sich bringt (z.B. starkes Schwitzen, Wasseransammlungen im Körper, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, vermindertes sexuelles Empfinden, Depression, Obstipation) weniger stark ausgeprägt.

Am häufigsten treten Störungen des Nervensystems, insbesondere Müdigkeit, Schlafstörungen und Benommenheit mit einer Häufigkeit von über 10 % auf. Ebenso können häufig (1 bis 10 %) Schwindel und Kopfschmerzen sowie gelegentlich (0,1 bis 1 %) Erschöpfung, Mundtrockenheit, verwaschene Sprache, Koma, Tremor, Krämpfe und fehlende Muskelkoordination vorkommen. Ebenso können gelegentlich psychiatrische Störungen, wie Verwirrtheit, Desorientierung, Nervosität, Depression, Psychose, Halluzinationen, Depersonalisation, Euphorie, Dysphorie und Unruhe auftreten. Die charakteristische Opioid-Nebenwirkung der Miosis kann bei etwa 1 bis 10 % der Patienten beobachtet werden, während weitere Störungen des Auges, wie beispielsweise Doppeltsehen, Sehstörungen und Konjunktivitis, oder des Ohrs, wie Tinnitus, nur gelegentlich auftreten. Die häufigste Nebenwirkung auf das Herz-Kreislaufsystem ist ein orthostatischer Blutdruckabfall (1 bis 10 %). Gelegentlich treten auch Tachykardie, Bradykardie, Zyanose, AV-Block und Hypotonie auf. Eine Atemdepression kann häufig beobachtet werden, sie steigert sich jedoch nur gelegentlich in eine Atemnot oder einen Atemstillstand. Ein Bronchospasmus tritt nur sehr selten auf (<0,01 %). Übelkeit und Erbrechen können als charakteristische Opioid-Nebenwirkungen häufig beobachtet werden, während Obstipation, Dyspepsie, Appetitlosigkeit und Durchfall nur gelegentlich auftreten. Gelegentlich können auch Miktionsbeschwerden und Harnretention beobachtet werden. Störungen, welche die Haut betreffen äußern sich häufig in Schwitzen sowie gelegentlich in Parästhesie, Juckreiz, Hautausschlag, Blässe und Urtikaria. Das Quincke-Ödem tritt nur sehr selten auf. Allgemeine Überempfindlichkeitsreaktionen können gelegentlich auftreten, schwere anaphylaktische Reaktionen sind sehr selten.[20]

Da unter der sublingualen hochdosierten Therapie mit Buprenorphin häufig das Auftreten einer Verlängerung des QT-Intervalls beobachtet wurde,[19] sind Vorsichtsmaßnahmen bei Patienten mit bekannter oder vermuteter EKG-Veränderung, einem Elektrolyt-Ungleichgewicht, einer Verlangsamung der Herzfrequenz (Bradykardie) oder bei der gleichzeitigen Behandlung mit Arzneimitteln gegen Herzrhythmusstörungen nötig.[19] Vor und 2 Wochen nach Behandlungsbeginn bzw. Dosiserhöhungen ist daher ein EKG durchzuführen. Verschiedene Studien beschreiben eine sichere Therapie mit Buprenorphin ohne Auswirkungen auf das QT-Intervall.[27][28][29][30][31]

Überdosierung

In jedem Fall treten nach einer Überdosis Buprenorphin ähnliche Symptome auf, wie sie auch bei anderen zentralwirksamen Analgetika zu erwarten sind. Sie umfassen Atemdepression, Sedierung, Somnolenz, Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufkollaps und ausgeprägte Miosis. Zu beachten ist, dass Buprenorphin wegen der oben genannten hohen Rezeptoraffinität nur sehr langsam vom Rezeptor dissoziiert, es wirkt also vergleichsweise lange, was bei der Behandlung einer Überdosierung zu beachten ist. Es sollte eine kontinuierliche Infusion mit Naloxon erfolgen, da Naloxon eine viel geringere Halbwertzeit (circa 70 Minuten) und damit kürzere Wirkdauer hat. Des Weiteren muss Naloxon deutlich höher dosiert werden als bei der Antagonisierung von etwa Morphin. Eine Atemdepression kann mit Naloxon nicht sicher aufgehoben werden, so dass eine künstliche Beatmung notwendig werden kann.[32] Zur Atemstimulierung kann ein Analeptikum wie Doxapram eingesetzt werden.[33]

Chemie

Synthese

Die Ausgangssubstanz für die partialsynthetische Herstellung von Buprenorphin ist das Opium-Nebenalkaloid Thebain. Durch Umsetzung mit Methylvinylketon wird in einem ersten Reaktionsschritt das Cycloadditionsprodukt 7-Acetyl-6,14-endoethenotetrahydrothebain gebildet. Nach Reduktion unter Palladium-Kohle-Katalyse wird das Reaktionsprodukt mit tert-Butylmagnesiumchlorid im Sinne einer Grignard-Reaktion zu 6,14-Endoethano-7-(2-hydroxy-3,3-dimethyl-2-butyl)-tetrahydrothebain umgesetzt. Die tertiäre Aminogruppe dieses Zwischenprodukts wird mit Bromcyan demethylieriert und mit Hilfe von Cyclopropylcarbonsäurechlorid unter reduktiven Bedingungen in Gegenwart von Lithiumaluminiumhydrid alkyliert. Nach hydrolytischer Abspaltung der phenolischen Methoxygruppe kann Buprenorphin isoliert werden.[34]

Analytik

Das Europäische Arzneibuch verwendet die IR-Spektroskopie zur Identitätsprüfung von Buprenorphin. Die Gehaltsbestimmung sowohl der Base als auch des Hydrochlorids erfolgt als acidimetrische Titration mit Perchlorsäure in Eisessig und potentiometischer Enpunktanzeige.[35][36]

Für den Nachweis von Buprenorphin im Urin steht ein auf einem Immunoassay basierender Schnelltest zur Verfügung. Zusätzlich kann eine Bestätigungsanalyse auf Buprenorphin mit Hilfe chromatographischer Methoden, wie Hochleistungsflüssigkeitschromatographie mit Fotodiodenzeilendetektion, Gaschromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung oder Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung aus biologischen Proben durchgeführt werden.[37]

Stereochemie

Buprenorphin weist sieben benachbarte Asymmetriezentren auf, von denen vier durch Syntheseschritte eingeführt werden.

Handelsnamen

Monopräparate
  • Norspan (D, A), Subutex (D, A, CH), Temgesic (D, A, CH), Transtec (D, A, CH), Triquisic (A) und Generika
  • Buprenovet (Veterinärmedizin, D)
Kombinationspräparate
  • Fixe Kombination mit Naloxon: Suboxone (EU)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1  Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): EUROPÄISCHE PHARMAKOPÖE 5. AUSGABE. 5.0–5.8, 2006.
  2. The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, 14. Auflage (Merck & Co., Inc.), Whitehouse Station, NJ, USA, 2006; ISBN 978-0-911910-00-1
  3. Reynolds, James Blair; Martindale, William L.: The extra pharmacopoeia. London: Pharmaceutical Press 1993, ISBN 0-85369-300-5
  4. 4,0 4,1 4,2 Datenblatt Buprenorphin·Hydrochlorid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 14. März 2011.
  5. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  6. 6,0 6,1 Buprenorphin bei ChemIDplus
  7. Pergolizzi J, Böger RH, Budd K, et al.: Opioids and the management of chronic severe pain in the elderly: consensus statement of an International Expert Panel with focus on the six clinically most often used World Health Organization Step III opioids (buprenorphine, fentanyl, hydromorphone, methadone, morphine, oxycodone). In: Pain Pract. 8, Nr. 4, 2008, S. 287–313. doi:10.1111/j.1533-2500.2008.00204.x. PMID 18503626.
  8. 8,0 8,1 Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA): Jahresbericht 2006. Stand der Drogenproblematik in Europa.
  9. Huang P, Kehner GB, Cowan A, Liu-Chen LY: Comparison of pharmacological activities of buprenorphine and norbuprenorphine: norbuprenorphine is a potent opioid agonist. In: Journal of Pharmacology and Experimental Therapeutics. 297, Nr. 2, Mai 2001, S. 688–95. PMID 11303059.
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  17. 17,0 17,1 17,2 17,3 Elkader A, Sproule B: Buprenorphine: clinical pharmacokinetics in the treatment of opioid dependence. In: Clin Pharmacokinet. 44, Nr. 7, 2005, S. 661–80. PMID 15966752.
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  20. 20,0 20,1 20,2 Fachinformation Temgesic Ampullen, Sublingualtabletten, Sublingualtabletten forte. Reckitt Benckiser. Stand: Juli 2010.
  21. Phoebe Washington-Dorando: Kurzanleitung für Schmerztherapeutische Strategien in der ambulanten Palliativmedizin: Die patientenkontrollierte Analgesie PCA, 1, Deutschland: Universitätsklinik Heidelberg 2003
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  33. F. v. Bruchhausen, S. Ebel, A. W. Frahm, E. Hackenthal: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. 5. Auflage (Waren und Dienste), Stoffe A–D, Birkhäuser, 1995, ISBN 978-3-540-52688-9, S. 560
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  35. Buprenorphinhydrochlorid. In: Europäisches Arzneibuch, 6.0, S. 1888-1889, Stuttgart (Deutschland): Deutscher Apotheker Verlag 2008, ISBN 978-3-7692-3962-1.
  36. Buprenorphin. In: Europäisches Arzneibuch, 6.5, Stuttgart (Deutschland): Deutscher Apotheker Verlag 2010, ISBN 978-3-7692-4918-7.
  37. Guder, Walter G.; Nolte, Jürgen: Drogenanalyse („Drogenscreening“). In: Das Laborbuch für Klinik und Praxis, S. 663-667, Elsevier, Urban&FischerVerlag 2005, ISBN 3437233408.
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